Fia die Betoerende
eine bestimmte Schneiderin, die du bevorzugst? Denn bei unserer Rückkehr nach London bestehe ich darauf, dass du sie aufsuchst, damit du dir eine neue Garderobe anfertigen lässt.“ Er tippte sich mit seinem Zeigefinger auf die Unterlippe, an der ein kleiner Fischrest hing, und strahlte sie großzügig an.
Sie blinzelte und warf ihm dann einen beunruhigten Blick zu. In ihren Augen waren die Kleider, die sie besaß, völlig für das Leben, das vor ihr lag, ausreichend. „Danke, Sir, aber ich habe keinen Bedarf an neuen Kleidern. Ich besitze Unmengen davon, wie Sie bald selbst sehen werden, denn Gunna wird in Kürze mit ihnen hier eintreffen. “
„Wer ist Gunna?“ fragte Cora.
Fia wandte sich um und starrte MacFarlanes jüngstes Kind an.
„Deine Kinderfrau kommt, um hier zu leben?“ ertönte Kays Stimme, und Fia richtete ihren Blick verwundert auf den Jungen. Kay war Gregorys neunjähriger Sohn - und sein Erbe.
Kinder. Bei Tisch. Die sprachen, ohne gefragt worden zu sein. In keinem der wenigen Bücher, die sie gelesen hatte, wurden Kinder erwähnt, und ganz bestimmt kam kein Kind darin vor, das sein Essen zusammen mit seinen Eltern einnahm. Himmel, selbst sie als Carrs verwöhnte Tochter hatte nie am selben Tisch mit ihm und seinen Gästen gesessen.
„Warum solltest du eine Kinderfrau brauchen?“ fuhr Kay fort.
„Tue ich nicht.“
„Nun“, sagte Kay, „ich hoffe dann nur, dass sie für Cora kommt, denn ich bin schon viel zu groß, um noch eine Kinderfrau zu brauchen.“
Fia runzelte die Stirn. „Nein. Sie wird für keinen von euch beiden Kindermädchen sein.“
„Warum kommt sie dann?“ verlangte Kay zu wissen.
„Um mir zu helfen“, sagte Fia, völlig verblüfft darüber, dass sie die fordernden Fragen eines Neunjährigen beantwortete. „Gunna kümmert sich um alles Mögliche und schaut, dass . . .“
„Ah!“ unterbrach Gregory sie. „Sie ist hier, um Mrs. Osborne als Haushälterin zu ersetzen! Gut. Du hast deine Antwort, Kay. Bitte sprich jetzt nicht wieder.“
„Spielst du nach dem Frühstück ein Spiel mit mir, Mama?“ erkundigte sich plötzlich Cora mit verdächtiger Unschuldsmiene.
Fia legte ihre Gabel ab und warf Gregory einen verzweifelten Blick zu. „Das Mädchen hat mich wieder ,Mama‘ genannt!“ flüsterte sie drängend. „Warum tut die Kleine das? Ich habe sie mindestens ein Dutzend Mal gebeten, das zu unterlassen, und doch tut sie es immer wieder!“
Gregory zuckte bloß die Schultern. „Sie zieht dich auf.“ Fia erstarrte. Sie öffnete ihren Mund, schloss ihn, öffnete ihn wieder. „Zieht mich auf? 11
Niemand hatte sie jemals aufgezogen. Niemand war ihr je näher gestanden, als ihr eine anzügliche Doppeldeutigkeit hinter vorgehaltener Hand zuzuflüstern. Das hier war anders. Die Gefühle, die sie überfluteten, waren unbeschreiblich. Vorsichtig ließ sie sich gegen die Lehne ihres Stuhles sinken.
Nein, die Dinge hatten sich nicht nach Plan entwickelt, aber vielleicht konnte sie sich trotzdem auf die neue Situation einstellen.
1. KAPITEL
Bramble House Schottisches Tiefland Herbst 1765
„Ihr Vater ist hier“, flüsterte Gunna. Sie stand auf der Türschwelle und blickte über ihre Schulter, als erwarte sie den Teufel selbst hinter sich auftauchen zu sehen. Nichts konnte Gunna schrecken. Wenigstens, so dachte Kay MacFarlane interessiert, bis jetzt nicht.
Und Fia, die sonst immer so ungerührt schien wie eines der mathematischen Theoreme seines Hauslehrers, zuckte zusammen. „Mein Vater?“
„Aye.“ Gunna biss sich auf den Überrest ihrer zerfetzten Unterlippe. „Ich könnte sagen, dass Sie nicht hier sind.“ Fias schwarze Röcke raschelten, als sie sich erhob. „Nein. Ich bin nur erstaunt, dass er so lange gewartet hat. Die Anwälte waren doch schon vor vier Monaten hier. Kay und Cora, ihr bleibt hier bei Gunna.“
Sie verließ den Raum. Gunna zögerte und bedachte beide Kinder mit einem festen Blick. Cora schloss eilig ihren schon geöffneten Mund und wandte sich wieder ihrer Handarbeit zu.
„Ihr beide wartet besser hier, wenn ihr heute Abend ohne schmerzende Pobacken ins Bett gehen wollt“, warnte Gunna sie, dann eilte sie hinter Fia her.
„In die Küche“, sagte Cora und sprang auf die Füße.
„Sei nicht so kindisch, Cora“, schalt Kay sie. „Du kannst doch nicht ernsthaft Vorhaben, zu lauschen. Das ist albern. Außerdem ist es beinahe Dinnerzeit. Da wird so viel Lärm von aneinander stoßenden Töpfen und Pfannen sein, dass wir
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