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Fiasko

Fiasko

Titel: Fiasko Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stanislaw Lem
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computibilitatis. GOD steht an dieser Grenze. An Berechnungen, von denen er weiß, daß sie transkomputibel sind, geht er nicht heran, also löst er sie auch nicht. Er hat es nicht einmal versucht, und ich hatte Glück. Was sagt die Physik über das Glück?“
       „Dasselbe wie über das Klatschen mit einer Hand“, erwiderte der Japaner. „Das ist Zen?“
       „Ja, aber nun folgen Sie mir bitte. Ihnen steht Finderlohn zu.“ Im Glanz der Lampen, auf dem Podium aus Duraluminium mitten in der Halle, lag wie ein verkohlter, aufgeschlitzter Fisch das schwarze Wrack. Die Obduktion hatte den bereits bekannten Aufbau aus kleinen Kammern ergeben, dazu Lichtstromtriebwerke von beträchtlicher Leistung und im Bug ein geschmolzenes Gerät, das Polasser für einen Laserstrahler hielt, während Nakamura meinte, es sei ein spezieller Apparat zur Löschung des Lichtschubs, denn GABRIEL sollte nicht zerstört, sondern gefangen werden. Polassar schlug vor, den vierzig Meter langen Leichnam von Bord zu entfernen, da er mit den zuvor aufgegriffenen fast die halbe Halle füllte. Wozu sollte man aus ihr einen Lagerraum für Gerumpel machen, das nur Ballast bildete? El Salam widersprach und wollte wenigstens ein Exemplar, am liebsten das letzte, an Bord behalten, obwohl er, vom Kommandanten gefragt, keinen rationalen Grund dafür anzugeben wußte.
       Steergard interessierte sich für diese Frage überhaupt nicht. Er hielt die Lage für radikal verändert und wollte von seinen Leuten hören, welchen Schritt sie jetzt für den angemessenen oder richtigsten ansahen.
       Nachdem der Satellitenschrott über Bord geworfen war, sollte eine Beratung stattfinden. Die beiden Physiker suchten zuvor Rotmont auf, um — wie Polassar boshaft bemerkte — „das einleitende Referat auszuarbeiten und durch eine Bibliographie abzusichern“.
       In Wirklichkeit wollten die drei ihre Standpunkte aufeinander abstimmen, weil sich seit der Zerstörung GABRIELS m den Gesprächen innerhalb der Crew Anzeichen einer Spaltung bemerkbar machten.
       Niemand wußte, wer das Wort von einer „Demonstration der Stärke“ aufgebracht hatte. Harrach sprach sich kategorisch, El Salam mit Vorbehalten für eine solche Taktik aus. Die Physiker und Rotmont waren dagegen, und Steergard hörte zwar nur zu, schien aber auf der Seite der letzteren zu stehen. Die anderen enthielten sich jeder Wortmeldung. Auf der Beratung gerieten die beiden Gruppen heftig aneinander. Kirsting verstärkte — eher unerwartet — die Reihen der Fürsprecher einer Demonstration.
       „Gewalt ist ein unabweisbares Argument“, gab Steergard schließlich sein Urteil ab. „Ich habe gegen eine solche Strategie drei Vorbehalte, und jeder von ihnen ist eine Frage: Verfügen wir ganz gewiß über die Überlegenheit? Kann eine derartige Erpressung die Aufnahme des Kontakts herbeiführen? Werden wir bereit sein, unsere Drohungen wahrzumachen, wenn die anderen nicht nachgeben? Das sind rhetorische Fragen. Keiner von uns kann sie entscheiden. Die Konsequenzen einer auf die Demonstration der Stärke gebauten Strategie sind unvorhersehbar. Wenn jemand anderer Meinung ist, soll er sich bitte äußern.“ Die zehn Männer in der Kajüte des Kommandanten sahen einander abwartend an.
       „Was mich und El Salam angeht“, sagte Harrach, „so wünschen wir, daß der Kommandant seine Alternative darlegt. Wir von uns aus sehen eine solche nicht.
       Wir sind in eine Zwangslage geraten, das dürfte klar sein. Drohung, Demonstration der Stärke, Erpressung — das sind Wörter, die abscheulich klingen.
       In die Tat umgesetzt, können sie zu katastrophalen Folgen führen. Die Frage nach unserer Überlegenheit bedeutet am wenigsten. Es geht nicht darum, ob wir sie haben, sondern darum, daß die anderen das glauben und nachgeben, ohne den Kampf aufzunehmen.“
       „Den Kampf…?“ wiederholte wie ein Echo der Mönch. „Das Geplänkel, das Scharmützel. Gefällt Ihnen das besser? Euphemismen sind hier nicht angebracht. Die Androhung von Gewalt, welcher Art sie auch sein mag, muß real sein, denn Drohungen, hinter denen nicht die Aussicht steht, daß sie wahrgemacht werden, verfehlen taktisch und strategisch ihren Zweck.“
       „Es darf nichts unausgesprochen bleiben“, stimmte Steergard zu. „Möglich wäre allerdings auch ein Bluff…“
       „Nein“, widersprach Kirsting. „Der Bluff setzt ein Minimum an Kenntnis der Spielregeln voraus. Wir besitzen diese

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