Fiasko
unangemessener Maßnahmen, die ihre Ursache im Abgehen vom Expeditionsprogramm gehabt hatten.
GOD zufolge hatten sich falsche Schritte zu einer ganzen Serie ausgewachsen, denn als man sie machte, erachtete man sie nicht für falsch. Ihre reichlich fatale Bilanz offenbarte sich erst aus der Rückschau.
Genau gesagt, der HERMES war ins Arrow-Paradoxon geführt worden. Dieses beruht darauf, daß der Entscheidende stets konkrete Werte zu verwirklichen sucht, deren jeder für sich wertvoll ist, die alle zusammen aber nicht ausführbar sind. In der Spannweite zwischen maximalem Risiko und maximaler Vorsicht entstand eine Resultante, aus der nicht leicht herauszukommen war. GOD war nicht der Ansicht, daß für die entstandene Sackgasse der Kommandant die Verantwortung trug, denn dieser habe einen Kömpromiß erreichen, Risiko und Vorsicht in Einklang bringen wollen. Nach dem Abfangen der quintanischen Orbiter jenseits der Juno und der Entdeckung ihrer „Viroiden“ war er vom Programm in übermäßige Vorsicht abgewichen, indem er das Raumschiff tarnte und der Quinta keine Signale sandte, die den Besuch aus dem All ankündigten. Die Kosten dieser Zurückhaltung würden gegenwärtig offenbar. Ein zweiter Fehler war die Ausstattung GABRIELS mit einem Übermaß an Autonomie in Form einer zu großen Erfindungsgabe. Paradoxerweise entsprang auch das der Übervorsicht und der irrigen Annahme, GABRIEL werde, da er den Orbitern und Raketen der Quinta durch seine Schnelligkeit überlegen war, landen können und sich nicht abfangen lassen. Um diese Geschwindigkeit entwickeln zu können, erhielt er den Teratronantrieb. Um nach der Landung angemessen auf ein unvorhersehbares Verhalten der Bewohner reagieren zu können, erhielt er den superintelligenten Computer. Das SETI-Programm hatte vorgesehen, daß zuerst leichte Sonden entsandt werden, aber darauf hatte man verzichtet, nachdem die diplomatischen Funksprüche des Botschafters zu nichts geführt hatten. Obwohl sich niemand auch nur vorgestellt hatte, daß GABRIEL sein Antriebsaggregat in ein implosives Sideralgeschoß verwandeln könnte, war genau das passiert. Durch den übertriebenen Einfallsreichtum von GABRIELs Computer waren sie aus dem Programm in eine Falle gesprungen. Man konnte jetzt nicht weitere Sonden losschicken, als sei nichts geschehen. Der neue Sachverhalt machte eine neue Taktik erforderlich. GOD verlangte für ihre Entwicklung zwanzig Stunden. So verblieb man vorerst.
Nach dem Spätdienst konnte der Pilot nicht einschlafen. Er überdachte noch einmal die Beratung, auf der für ihn nichts herausgesprungen war als eine verstärkte Abneigung gegen GOD. Dieser allerhöchste elektronische Verstand mochte die Logik zwar perfekt beherrschen, aber deren Effekte waren erstaunlich pharisäerhaft. Es waren Fehler gemacht worden, man war vom Programm abgewichen, aber weder lag das Verschulden beim Kommandanten, noch trug GOD die kleinste Verantwortung. Das verstand er auch präzise nachzuweisen. Die Arrow-Paradoxa, die folgenschwere Tarnung als übertriebener Argwohn gegen die Quintaner, verursacht durch die Hypothese, die Viroiden seien zu Sabotagezwecken entwickelt worden — wie elegant GOD das jetzt alles definierte! Und wer hatte dem Kommandanten die ganze Zeit mit Ratschlägen gedient?
Wegen der Schwerelosigkeit ans Bett gegurtet, steigerte sich Tempe so in Wut, daß von Schlaf keine Rede mehr sein konnte. Er schaltete den Punktstrahler am Kopfende ein, zog unter der Koje ein Buch hervor und machte sich an die Lektüre.
Es war das PROGRAMM DES HERMES. Zuerst blätterte er die allgemeinen Vorstellungen durch, die man sich von der Quinta machte. Es war ein Computerdruck, kurz vor dem Start der EURYDIKE zusammengestellt auf der Grundlage der Ergebnisse astrophysikalischer Beobachtungen und ihrer Interpretation. Danach verfügten die Quintaner über Energie in einer Größenordnung von schätzungsweise 1030 Erg. Ihre Zivilisation befand sich damit unterhalb der Sideralschwelle. Hauptenergiequellen waren mit Gewißheit thermonukleare Reaktionen stellaren Typs, aber die Kraftwerke waren nicht m den Weltraum ausgelagert worden. Wahrscheinlich hatte die Energieerzeugung nach Erschöpfung der fossilen Brennstoffe ähnlich wie auf der Erde eine Phase der Nutzung von Aktiniden durchgemacht, deren weitere Ausbeutung unrentabel wurde, sobald man den Bethe-Zyklus im Griff hatte. Es sah nicht so aus, als hätte der Planet im Laufe des letzten
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