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Fiasko

Fiasko

Titel: Fiasko Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stanislaw Lem
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genossen überdies die Radiogramme, die über den Erfolg der Expedition entschieden. Schließlich bekam das Raumschiff von der Erde doch noch die Namen von fünf der gefrorenen Unfallopfer sowie deren Fotografien und Lebensläufe, aber das genügte nicht zur Feststellung der Identität. Bei der explosionsartigen Vitrifizierung waren die Gesichtspartien zerschmettert worden. Zusätzliche Implosionen innerhalb der Kryotainer hatten den Leuten die Kleidung vom Leib gerissen, der Sauerstoff aus den berstenden Raumanzügen hatte die Reste in die Stickstoffsärge gepreßt und in Moder verwandelt. Dann verlangte man von der Erde die Fingerabdrücke und Angaben über den Zustand des Gebisses, aber als man sie erhielt, vergrößerten sie nur die Verwirrung. Infolge uralter Rivalität zwischen Gral und Roembden waren die Computeraufzeichnungen der vorgenommenen Arbeiten unsorgfältig geführt, und außerdem wußte niemand, ob nicht ein Teil der Speicherplatten verlorengegangen oder in ein Archiv außerhalb der Schweiz gelangt war. Der Mann, der auf der EURYDIKE ins Leben zurückkehren konnte, trug unweigerlich einen von sechs Namen: Ansei, Navada, Pirx, Kochler, Parvis oder Illuma. Den Ärzten blieb nur übrig, abzuwarten, ob der aus der postreanimatorischen Amnesie erwachte Patient auf dieser Liste den eigenen Namen erkannte — falls er sich seiner nicht mehr von selbst entsann. Diese Hoffnung hegten Hrus und Terna, während Gerbert, der Psychoniker, seine Zweifel hatte. Nach Festlegung des Operationstermins begab er sich daher zum Kommandanten, um ihm sein Problem darzulegen. Der nüchterne Praktiker Ter Horab hielt es für angeraten und lohnend, den Inhalt der von den Leichen geräumten Vitrifikatoren nochmals eingehend zu untersuchen. „Am besten waren Kriminologen, Gerichtssachverständige“, meinte er. „Da wir solche nicht an Bord haben, helfen Ihnen“ — er zögerte einen Moment — „Lakatos und Biela.“ Er lächelte und setzte hinzu: „Auch Physiker sind so etwas wie Detektive.“
       Der geschwärzte, wie von Feuer berußte Kryotainer, der einem verbeulten Sarkophag glich, wurde also ins Hauptlabor gehievt. Von massiven Zangen gepackt, öffnete er sich, nachdem die äußeren Halteklauen gelöst waren, mit durchdringendem Kreischen langsam der Länge nach. Unter dem aufgeklappten Sargdeckel gähnte schwarz das Innere. Der Raumanzug lag zusammengesackt, sein Besitzer ruhte seit Wochen in flüssigem Helium, zusammen mit dem Stickstoffblock, in den er eingefroren war. Lakatos und Biela zogen den leeren Raumanzug heraus und legten ihn auf einen niedrigen Metalltisch. Er war bereits bei der Entfernung der Leiche untersucht worden, aber außer gefrorenen Geweberesten und zu Kabeln verflochtenen Klimaleitungen hatte man nichts gefunden. Jetzt wurde der bereifte Anzug aufgeschnitten — von dem Ring, an dem der Helm befestigt wurde, über die Brust und die pneumatischen Hosenbeine bis an die Stiefel. Aus dem Balg wurden Spiralröhrchen und Teile zerrissener Sauerstoffschläuche ausgebaut und gewissenhaft geprüft: Jeder noch so kleine Fetzen kam unter die Lupe. Zuletzt stieg Biela sogar mit der Taschenlampe in den walzenförmigen Kryotainer. Um ihm die Aufgabe zu erleichtern, schnitt der Manipulator das Panzerblech auf und zog es weit auseinander. Der Raumanzug war nämlich an den Nahtstellen zwischen den Ärmeln und der Körperhülle geborsten — entweder, als der Diglator dem zunehmenden Druck des sich über ihn wälzenden Gletschers von Birnam nachgab, oder infolge des inneren Drucks bei der explosiven Vitrifizierung. Wenn der darin eingeschlossene Mensch persönliche Gegenstände bei sich gehabt haben sollte, konnten sie zusammen mit Strahlen gerinnenden Stickstoffs und menschlichen Bluts durch die Risse des Raumanzugs in den Container gedrückt worden sein, als über dessen Öffnung von oben wie ein Visier eine Haube aus Spezialstahl schoß und den im Raumanzug Umgekommenen von der Außenwelt abschloß.
       Um diese Haube von dem Behälter herunterzubekommen, bedurfte es hydraulischer Spannstöcke, denn der Zangenmanipulator war zu schwach dafür. Die beiden Physiker und der Arzt zogen sich einige Schritte von der Plattform zurück, der Vorgang war ziemlich brutal, und ehe die Haube, die dem Kopf eines gewaltigen Geschosses glich, auch nur ruckte und sich endlich langsam löste, rieselten unter den Vanadiumklauen dicke Späne von dem Panzer. Die Wissenschaftler warteten ab, bis die schlackeschwarzen

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