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Fiasko

Fiasko

Titel: Fiasko Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stanislaw Lem
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davon. Vor allem er nicht. Verstanden?“
       „Verstanden.“
       „Überleg's dir gut. Nach der Operation gehen alle Reste über Bord. Ich lösche in der Holothek sämtliche Daten. Du und ich aber werden es wissen, denn wir können unser Gedächtnis nicht auslöschen. Kannst du vergessen?“
       „Nein.“
       „Aber schweigen?“
       „Ja.“
       „Gegenüber jedem?“
       „Ja,
       „Bis zuletzt?“
       Terna zögerte. „Hör mal… alle wissen doch… du hast doch auf der Beratung selber gesagt, daß wir die Wahl haben…“
       „Ich mußte. Hrus wußte doch, wie und was. Aber wenn die Daten gelöscht sind, schwindeln wir, daß dieser Mann eine objektive Präferenz besaß, die wir erst hier und jetzt entdeckt haben.“ Terna nickte. „Einverstanden.“
       „Wir schreiben ein Protokoll. Gemeinsam. Wir fälschen zwei Positionen. Wirst du unterschreiben?“
       „Ja. Mit dir.“
       Gerbert öffnete einen Wandschrank. Darin hingen weißbeschuhte silbrige Overalls mit gläsernen Gesichtsmasken. Gerbert nahm den seinen und begann ihn anzuziehen.
     
       Terna folgte seinem Beispiel. Im Rundbau des Saales öffnete sich eine Tür, das Innere eines Lifts erglänzte. Die Tür schloß sich, der Lift fuhr nach unten. In dem verlassenen Raum wurde es ein wenig dunkler, nur über den Lichtpunkten der Tafel leuchtete die Schlange des Äskulap.

III
Der Verunglückte
       Er war wieder bei Bewußtsein, aber blind und ohne Körper. Die ersten Gedanken bestanden nicht aus Worten. Seine Empfindungen waren unsäglich verworren. Er trieb irgendwohin, verlor sich und kehrte zurück. Erst als er die innere Sprache wiedergefunden hatte, konnte er sich Fragen stellen: Wovor bin ich erschrocken?
       Was ist das für ein Dunkel? Was bedeutet das? Und nachdem er diesen Schritt getan hatte, gewann er das Vermögen zu denken: Wer bin ich? Was ist los mit mir?
       Er wollte sich bewegen, um Arme, Beine und Körper zu spüren, er wußte nun schon, daß er einen Körper hatte oder zumindest haben sollte. Nichts aber gehorchte ihm, nichts rührte sich. Er wußte nicht, ob er die Augen offen hatte, er spürte weder die Lider noch ihre Bewegungen. Er strengte alle Kraft an, um diese Lider aufzumachen, und vielleicht gelang es ihm auch, aber er sah nichts als das Dunkel wie bisher. Diese Versuche, die so viel Mühe kosteten, führten ihn wieder zu der Frage: Wer bin ich? Ein Mensch.
       Diese Selbstverständlichkeit kam ihm vor wie eine Sensation. Wahrscheinlich hatte er das Bewußtsein erlangt, sonst hätte er nicht gleich darauf im Innern gelächelt, denn was war das schon für eine Leistung, solch eine Antwort. Langsam kehrten die Worte wieder, von irgendwoher, erst verstreut und regellos, als fange er sie wie Fische aus unbekannten Tiefen: Ich bin. Ich bin. Ich weiß nicht, wo. Ich weiß nicht, warum ich meinen Körper nicht spüre. Jetzt begann er sein Gesicht zu spüren, die Lippen, vielleicht die Nase, er konnte sogar die Nasenlöcher bewegen, obwohl das ungeheure Willensanstrengung kostete. Er riß die Augen auf und drehte die Augäpfel nach allen Seiten, und dank dem zurückgekehrten Urteilsvermögen vermochte er zu entscheiden: Entweder bin ich erblindet, oder es ist völlig dunkel. Die Dunkelheit verband sich in seinen Gedanken mit der Nacht, die Nacht aber mit einem großen Raum voller reiner, kühler Luft und dadurch mit dem Atmen. Atme ich? fragte er sich und lauschte in das eigene Dunkel, das dem Nichts so glich und von ihm doch so verschieden war.
       Er glaubte zu atmen, allerdings nicht wie sonst. Er arbeitete nicht mit den Rippen und dem Bauch, er befand sich in einer unbegreiflichen Schwebe, die Luft trat von selbst in ihn ein und verließ ihn wieder sacht. Anders konnte er nicht atmen.
       Er hatte nun schon ein Gesicht, eine Lunge, eine Nase, einen Mund. Und Augen, aber die sahen nichts. Er beschloß, die Hand zur Faust zu ballen. Er erinnerte sich sehr gut, was Hände sind und wie man sie zu Fäusten ballt, aber er spürte nichts, und plötzlich war die Angst wieder da, nun ganz rational, weil einer Überlegung entsprungen: Entweder bin ich gelähmt, oder ich habe die Arme und wohl auch die Beine verloren. Diese Schlußfolgerung konnte falsch sein — er hatte eine Lunge, das stand fest, und dennoch hatte er keinen Körper. In das Dunkel und die Angst drangen gleichmäßige, ferne, dumpfe Töne — vom Blut? Oder vom Herzen? Ja, das Herz schlug. Als

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