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Fida (German Edition)

Fida (German Edition)

Titel: Fida (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefanie Maucher
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nun schon genau verschwunden?“
    „Sie hätte um 19h zu Hause sein sollen und nun ist es schon fast halb elf.“
    „Frau Wenz, das sind doch erst drei Stunden. Vielleicht hat ihre Tochter einen Freund, den Sie nicht kennen, ist bei ihm und hat in ihrer ersten Verliebtheit einfach ein wenig die Zeit vergessen.“
    „Wenn Laura einen Freund hätte, wüsste ich davon. Ihr MUSS etwas passiert sein!“, ließ die Mutter nicht locker.
    „Was ist denn mit dem Vater des Mädchens? Könnte ihre Tochter vielleicht bei ihm sein?“, stellte er die nächste Vermutung in den Raum.
    „Wohl kaum. Mein Mann und ich sind seit 17 Jahren glücklich verheiratet!“, klang es etwas pikiert aus der Leitung.
    “Also schön.“ Likar kapitulierte. Eigentlich war er sich relativ sicher, dass die Aufregung völlig umsonst war, doch da die vermisste Person noch so jung war und ihre Mutter ohnehin keine Ruhe geben würde, bat er sie dennoch, auf dem Revier vorbei zu kommen. Er stieß einen Seufzer aus, als er den Telefonhörer endlich auflegte. So etwas hatte ihm gerade noch gefehlt. Die Dienststelle war personell chronisch unterbesetzt, er selbst hatte schon die dritte Woche Nachtschicht und der zusätzliche Bereitschaftsdienst am vergangenen Wochenende hatte seine wenige Freizeit noch weiter minimiert. Die Aussicht, sich nun die halbe Nacht mit einer Mutter am Rande des Nervenzusammenbruchs herumzuquälen, nur weil die Frucht ihrer Lenden sich etwas verspätete, stimmte ihn nicht unbedingt froh.
    Weniger als zwanzig Minuten später stand die aufgeregte Frau vor der Tür der Wache. Die Sorge stand ihr ins Gesicht geschrieben, untermalt von Wimperntusche-Rinnsalen, die von jüngst vergossenen Tränen der Beunruhigung zeugten. Likar ließ sie ein und nahm die Vermisstenmeldung auf. Äußerlich bewahrte er Ruhe, doch innerlich fluchte er über den unnötigen Papierkram, der nun anfiel. Als der endlich erledigt war gab er den Kollegen auf Streife via Funk eine Personenbeschreibung, mit der Bitte, nach dem Mädchen Ausschau zu halten.
    „Mehr können wir im Augenblick nicht tun. Ich schlage vor, sie gehen nun wieder nach Hause. Vielleicht ist ihr Mädel ja schon daheim, wenn Sie ankommen. Vergessen Sie dann bitte in ihrer Freude nicht, uns zu informieren. Nicht dass wir noch umsonst eine Hundertschaft auf die Suche nach ihr schicken, während sie schon wieder friedlich in ihrem Bett schläft.“
    Auch sich selbst wünschte Likar in diesem Moment in ein gemütliches Bett und unterdrückte ein Gähnen. Mit mühsam aufrecht erhaltenem Lächeln komplimentierte er die Frau zur Tür hinaus.
    Am nächsten Morgen, als Laura noch immer nicht wieder aufgetaucht war, stellten seine diensthabenden Kollegen einen Suchtrupp zusammen. Polizei und unzählige freiwillige Helfer suchten großräumig die Gegend ab. Mehrere Waldstücke wurden akribisch durchkämmt und man schickte Taucher in den Einsatz, um das trübe Gewässer eines in der Nähe gelegenen Sees abzusuchen. Man ortete das Handy des Mädchens und fand es in einer Mülltonne am Bahnhof. Vielleicht warf sie es dort einfach weg, bevor sie in einen Zug stieg.
    Auch wenn es den Beamten unangenehm war, sie kamen nicht umhin, die Eltern einem genauen Verhör zu unterziehen. Hatte Laura weiter entfernt lebende Freunde oder Verwandte, zu denen sie gehen würde? Oder eine Internetbekanntschaft? Jemanden, an den sie sich vielleicht wenden würde, wenn sie Probleme hatte, eine Anlaufstelle, an die man bisher noch nicht dachte?
    Likar dachte fieberhaft nach, drehte und wendete die wenigen bisher zusammengetragenen Fakten. Dann wurde er plötzlich aus seinen Gedanken gerissen. Das Telefon klingelte. Likar hob ab. Am anderen Ende der Leitung war Adelheid Stemmler und brachte den entscheidenden Hinweis. Als Likar den Hörer wieder auflegte, war er sich sehr sicher, dass sie Laura bald finden und zurück nach Hause bringen würden.
     
    ***

    11. April 2013
     
    Tatjana liegt mit weit geöffneten Augen neben ihrem Mann und starrt in die Dunkelheit. Es ist völlig ruhig, nur sein Schnarchen unterbricht die Stille – und das nervtötende Ticken der Uhr, das fast unhörbar aus dem Flur hereindringt. Tick – tick – tick… Im Sekundentakt untermalt es ihre rastlosen Gedanken, mit diesem leisen Geräusch, das sie allmählich zum Wahnsinn treibt. Immer wieder spielt ihr Gehirn das Vergangene ab, seziert es, analysiert es, versucht Schlüsse auf das Gegenwärtige zu ziehen, während die Sekunden hörbar verrinnen.

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