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Fida (German Edition)

Fida (German Edition)

Titel: Fida (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefanie Maucher
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vermischten sich in diesem Augenblick miteinander. Mit tränenverschleiertem Blick verfolgte Laura ihren Gang. Sie wollte schreien, nach ihrer Mutter rufen, doch sie blieb stumm. Nicht nur, weil der Knebel ihre hilfesuchenden Laute unterdrückt hätte, sondern weil sie Tom zutraute, was er ihr noch drohend zugeraunt hatte, bevor er sie hier allein gelassen hatte. „Wenn Du schreist, dann schnappe ich sie mir, genauso wie dich und bringe sie um! Das verspreche ich dir!“ Aus dem Dachfenster sah sie ihrer Mutter hinterher, wie sie mit hängenden Schultern am Haus vorbei ging, einen Stapel Plakate im Arm, und nicht zurück blickte. In diesem Moment zerbrach etwas in ihr.
    Als Tom zurückkam, um sie wieder in den Keller zu bringen, brachte er ihr eines dieser Plakate mit. Er überreichte es ihr, mit einer feierlichen Geste, nachdem er ihr die Fußfessel wieder anlegte und das Klebeband an ihren Handgelenken zerschnitt.
    „Hier, das kannst du behalten. Als Andenken.“
    Laura versuchte danach zu greifen, doch ihre tauben Arme weigerten sich, ihr zu gehorchen. Das Blatt Papier fiel vor ihr zu Boden. Urplötzlich kehrte das Gefühl in ihre Arme und Hände zurück und mit ihm der Schmerz. Es war, als würden 1000 Nadeln auf einmal in ihre nun überempfindlichen Fingerspitzen getrieben. Gepeinigt schrie sie auf. Dann wurde sie von einem grellen Blitz geblendet.

Kapitel 18
    20. Juni 2012
     
    Wolfgangs Augen weiteten sich entsetzt, als er sah, wer sein Zimmer betrat. Sein Zeitgefühl verriet ihm, dass das Abendessen kurz bevor stand, weshalb er zunächst mit einer der Pflegerinnen gerechnet hatte.
    „Hallo Vater!“, eröffnete der Teufel das unerwünschte Gespräch. „Wie war dein Tag? Meiner war absolut großartig!“
    Ja, davon war Wolfgang inzwischen überzeugt, wenn der Teufel auf Gottes Erdboden wandelte, dann hatte er diese Gestalt angenommen. Und das hier, dieser Körper, gefangen in diesem Raum, war seine Hölle.
    Der Teufel besuchte ihn regelmäßig, flüsterte ihm grauenvolle Dinge ins Ohr und fütterte seinen Geist mit schrecklichen Bildern, die ihn Nacht für Nacht heimsuchten. Wolfgang wusste, was Thomas in seinem Keller trieb. Was er diesem armen Mädchen antat, nach dem die halbe Stadt verzweifelt suchte. Auch die Pfleger und Pflegerinnen unterhielten sich darüber, tratschten über die Suchaktion und stellten wilde Vermutungen an, was mit der kleinen Laura passiert sein könnte. Doch viel schlimmer waren die Details, die ihm der Teufel verriet. Am grauenvollsten war die Hilflosigkeit. Der Umstand, dass er es niemandem sagen und nichts dagegen unternehmen konnte, kostete Wolfgang Tag für Tag ein wenig mehr von seinem noch intakten Verstand. Es trieb ihn zur Verzweiflung. Simple Verständigung, ein Ja oder Nein mit den Augen signalisieren, dazu gehörte nicht viel. Doch um sich auf diese Art mitzuteilen, musste das Gegenüber die richtigen Fragen stellen. Auf die Idee, ihm Karten mit Buchstaben vor sein Gesicht zu halten, damit er seine Gedanken buchstabieren konnte, kamen diese Idioten nicht. Oder sie brachten nicht die Geduld oder das Interesse dafür auf. Woran es lag, dass niemand auf solche Art versuchte mit ihm zu kommunizieren, wusste er nicht und darum bitten konnte er nicht. Lieber rieten die Pflegekräfte ins Blaue, mit grandiosem Talent ihn falsch zu interpretieren.
    Wolfgang sah zu, wie der Teufel sich einen Stuhl heranzog und sich an sein Bett setzte. „Heute ist mir der große Durchbruch gelungen, Vater“, verkündete er mit hörbarem Stolz in der Stimme. „Fida hat aufgegeben. Ihren Widerstand, ihre Jungfräulichkeit… Alles Unschuldige und Reine, was DU an ihr geliebt hättest, ist verschwunden. Jetzt ist sie meine kleine Nutte, die um meinen Schwanz bettelt. Na, wie findest du das, alter Mann?“ Ein fieses Lachen konnte er sich an dieser Stelle nicht verkneifen. Thomas kannte Wolfgang gut genug, um zu wissen, wie furchtbar und abartig er seine Art des Vergnügens finden musste und wie quälend das Wissen darum war. Nun setzte er nach, ihn diesmal ganz direkt attackierend: „Wann gibst du endlich deinen Widerstand auf, hm? Wann hast du vor zu sterben, alter Mann?“
    Wolfgang stiegen Tränen in die Augen. Er war doch längst gebrochen. Wie sehr wünschte er sich, jeden Abend vor dem Einschlafen, er würde am nächsten Morgen nicht mehr aufwachen! Doch jeden Tag klappte er auf ein Neues seine schweren Lider auf und blinzelte unwillig einem weiteren Sonnenaufgang entgegen. Gut schlafen

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