FIDER (German Edition)
damit hätte ich nicht gerechnet. Die ganzen Nächte hindurch nur Angst und Schrecken, und jetzt passiert gar nichts.«
Petursson streicht Weichkäse auf einen Hartkeks. »Wenn heute Nacht der schwarze Mann über uns gekommen wäre, dann hättest du es nicht mitbekommen. Du hast tief und fest gepennt. Ich musste dich zweimal anschubsen, weil du laut genug gesägt hast, um unsere Stellungen zu verraten. Das war gar nicht damenhaft von dir.«
Vinnie winkt ab. »Gestern kein Auge zugetan, dann den ganzen Tag marschiert. War doch ganz klar, dass mein Körper irgendwann herunterfährt. Das wird dein Körper auch tun, wenn du weiter dieses Zeug in dich hinein st opfst. Oh Gooott, wie kannst du das nur fressen? Das ist ja ekelhaft. Wenn ich das sehe, dann muss ich immer an meinen Ex denken. Der hat auch immer ganz grässliches Zeug gekocht. Der kam mir mit Meeresfrüchten. Das waren so kleine Tiere, die haben mich noch angeschaut, mit so kleinen Knopfaugen. Das war ganz, ganz schrecklich auf dem Teller, also wirklich.«
»Wieso denn?« Petursson beäugt den Keks und beißt dann ein Stück ab. »Ist doch gut. Das Zeug hält sich ewig und macht satt. Die Panzerplatte hier ist b estimmt schon gut 20 Jahre alt. Und wenn man sie nicht fressen will, dann schmiert man Schuhcreme drauf und benutzt sie, um ein Feuer anzuzünden. Geht einwandfrei.«
»Hach, warum hast du das nicht gleich gesagt. Dann hätten wir sie ja nehmen können, um unse ren Kaffee zu kochen. Das wäre bestimmt schneller gegangen.«
»Hm, stimmt. Ein richtiges Feuer wäre nicht schlecht gewesen. Am besten ein Grubenfeuer, an der Seite der Stellung, mit einem Rauchabzug. Das hätten wir auch über Nacht brennen lassen können. Na ja, lohnt sich jetzt nicht mehr. Ich gehe davon aus, wir marschieren bald ab.«
»Meinst du wirklich?«
Petursson nickt. »Klar. Ist doch sinnlos, noch länger hier herumzuhängen, auch wenn heute Nacht überhaupt nichts passiert ist. Ich bin zwar dafür, diese Sache hier durchzustehen, aber die werden uns mit Sicherheit abziehen.«
»Ach, das wäre schööön! Endlich wieder eine heiße Dusche und vernünftig rasieren. Und was machst du, du grober Klotz? Du drückst dir noch eine Panzerplatte mit Scheiße rein.«
Petursson beißt demonstrativ noch ein Stück von seinem Hartkeks ab. »Hmm, das Zeug ist wirklich nicht schlecht. Da kann man viel Schlimmeres fressen, glaub mir. Ich war mal auf einem Survival-Lehrgang. Da mussten wir eine ganze Woche lang im Wald herumschleichen, nur mit dem Nötigsten an Ausrüstung. Keine Verpflegung, keine Klamotten zum Wechseln – nichts. Du glaubst gar nicht, was wir da alles gefressen haben. Und unser Ausbilder war ein totales Arschloch. Der hat immer so getan, als würde er irgendwelche Käfer fressen. Stattdessen hatte er aber schon längst etwas anderes entdeckt. Wir haben es ihm also nachgemacht. Und ich kann dir flüstern: Das hat scheiße geschmeckt. Und dann dreht sich dieses Klappergerüst mit seinem Zottelbart zu uns um, grinst fies und meint: ›So, meine Herren, dann wünsche ich guten Appetit. Und während Sie diese widerlichen Käfer herunterschlingen, werde ich die Walderdbeeren hier drüben genießen. Mahlzeit.‹ Mann, war das ein Arschloch.«
Beide Männer lachen.
Datso trampelt heran. Er hockt sich im Zugang zum Kampfstand ab.
»Na, ihr Turteltauben, gut geschlafen?«
»Aber Schnurrbärtchen, wo denkst du hin? Die ganze Nacht über habe ich hier gestanden und darauf gewartet, dass mich irgendein Waldgeist zu einem Spaziergang einlädt.«
Datso rollt mit den Augen. »Mann, wenn du nicht bald aufhörst mit deiner Tuckentour, dann lauf ich zu Betzendorff und seinen Idioten über, auch wenn die mir ganz schön auf den Keks gehen.«
Datso atmet kurz durch, um sich zu beruhigen. Dann setzt er noch einmal an: »Also, passt mal auf: Antreten fällt heute flach. Die drei Römer rotieren oben im Führerbunker wie die Gestörten. Deswegen darf ich euch jetzt informieren, wie es weitergeht. Also: Kaspa und seine Jungs sind immer noch nicht wieder aufgetaucht. Kein Kontakt mehr. Nix zu sehen, nix zu hören. Nur Rauschen in den Kopfhörern. Cody hat überlegt, einen Suchtrupp loszuschicken, aber Broczek hat gleich ›Nee‹ gesagt. Der ist überzeugt, die ganze Gruppe sei abgefischt worden, genau wie die anderen. Vom Führungsstab der SKAV kam eine Nachricht. Die haben irgendein Ding mit dem MSD am Laufen. Die überlegen momentan, ob eine größere Einheit hierher geschickt werden
Weitere Kostenlose Bücher