FIDER (German Edition)
ich dir schon immer gesagt.«
»Witzig.«
»Viel zu fett. Und du kannst ni cht schwimmen.«
»Bin ich bei der Marine, oder was? Außerdem hast du dich nicht über meine Figur beschwert, als du meine Zivilklamotten angezogen hast.«
Petursson blickt an sich hinab und zupft an dem Pullover herum, der ihm mindestens drei Nummern zu groß, aber dennoch zu kurz ist. Dann zuckt er mit den Schultern.
Wiegel schüttelt seinen Kopf. »Meine Fresse. Das war wieder mal so eine typische Petursson-Geschichte. Du bist der einzige Mensch auf der ganzen Welt, der keine Zivilklamotten besitzt. Zumindest b ist du der einzige, den ich kenne.«
Petursson zuckt noch einmal mit den Schultern. »Als ich offiziell eingerückt bin, habe ich das Zeug weggeworfen. Ich dachte, ich würde die Klamotten nie wieder brauchen.«
»Das ist echt ein Ding. Und weißt du, was das Schlimmste ist? Man erwartet so eine Nummer auch noch von dir. Kein Mensch wird sich darüber wundern, wenn ich es herumerzähle. Die meisten werden sich so etwas ohnehin schon gedacht haben.«
Beide Männer grinsen vor sich hin. Dann, schließlich, drückt sich Wiegel mit beiden Händen von der Motorhaube ab und richtet sich auf.
»Na gut, du musst deinen Zug kriegen. Also los, hau ab. Und lass dich hier bloß nicht mehr blicken.«
Petursson tritt rückwärts einen Schritt auf die Straße. Dann noch einen. Um Autos muss er sich keine Sorgen machen. Eher würde er von einem Pferdefuhrwerk überrollt werden. »Mann, irgendwie kann ich das noch gar nicht richtig fassen. Ich hatte mich schon damit abgefunden, bis zu meinem Dienstzeitende in diesem Drecksloch zu bleiben.«
»War schon die richtige Entscheidung, dich aus dem Staub zu machen. So eine Chance kriegst du garantiert nie wieder. Und jetzt vorwärts, Marsch, Herr Unterführer!«
Wiegel salutiert spöttisch. Petursson hebt seine Hand ebenfalls zur Schläfe.
»In Zivilkleidung grüßen?«, ruft Wiegel in gespielter Empörung aus. »Sind Sie noch zu retten, Herr Unterführer?«
Petursson streckt seinen Arm abrupt nach unten, als habe er gerade in ein Wespennest gefasst. Wiegel betrachtet eine Sekunde lang den Schrecken, der sich auf Petur ssons Gesicht breit gemacht hat. Dann prustet Wiegel vor Lachen los.
Petursson bedenkt seinen Kameraden mit einem Kopfschütteln. »Blödmann.« Dann wendet er sich um und marschiert über die Straße zum Bahnhofsgebäude.
Der Kameramann folgt Petursson mit eini gem Abstand und betritt ebenfalls die Wartehalle des Bahnhofs.
Im Bahnhof von Steinsberg herrscht mehr Betrieb als auf manch anderen Provinzbahnhof. Ausgelöst wird dieser Betrieb jedoch nicht durch Wohlstand; dieser fehlt hier ebenso wie in anderen Provinzdörfern. Ursache für den Betrieb ist vielmehr Steinsbergs Status als Garnisonsstadt. Deswegen tummeln sich neben einigen Dorfbewohnern, die zu den nächstgelegenen größeren Städten pendeln wollen, noch etliche Soldaten. Die meisten davon tragen Seesäcke bei sich, ähnlich wie Petursson. Im Gegensatz zu Petursson tragen sie jedoch durchweg Uniform.
Alle - bis auf einen.
Der Mann lehnt lässig an der Wand, ein Stück abseits vom allgemeinen Gewusel, und raucht eine Zigarette. Alleine damit erregt er keine Aufmerksamkeit. Auch seine Körpergröße lässt ihn nicht weiter bemerkenswert erscheinen – im Gegenteil: Viele der Anwesenden überragen den Mann um ein gutes Stück. Auch der Walrossbart verleiht dem Mann kein besonderes Kennzeichen; dafür ist diese Form der Gesichtsbehaarung gerade in den ländlichen Gebieten zu weit verbreitet.
Was den Mann von der Menge abhebt, ist einzig und alleine sein Körperbau. Er wirkt so massiv wie eine Abrissbirne, zwar mit deutlichem Übergewicht, jedoch alles andere als fett. Er vermittel t den Eindruck, mit bloßen Händen einen Schützenpanzer zerlegen zu können – und dabei steht er nur an der Wand und raucht eine Zigarette.
Petursson hätte den Burschen vermutlich nicht weiter beachtet. Doch Petursson bemerkt den Mann – möglicherweise, weil dieser ihn angrinst und sich beim ersten Blickkontakt von der Wand abstößt, um auf Petursson zuzuschlendern. Seinen Seesack lässt der Bursche dabei einfach an der Wand stehen.
Schnitt auf eine zweite Kamera. Ein weiterer Kameramann hat sich an die beiden Männer herangearbeitet und filmt das Geschehen mit einer Handkamera, die er unter einem Kleidungsstück verborgen hält. Zeitweise verdeckt ein Stück Stoff das Objektiv.
»Na«, brummt der Mann, als er
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