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Fieber an Bord

Fieber an Bord

Titel: Fieber an Bord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
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Mahlzeit, wie frugal und kärglich sie auch sein mochte, denn nichts war besser, um die Männer bei guter Gesundheit und Laune zu erhalten. Sobald sie auf einer der Inseln an Land gingen, wollte er es Keen sagen. Es jetzt über den gesenkten Köpfen seiner Leute laut auszusprechen, konnte wie das vorzeitige Eingeständnis eines Fehlschlags klingen.
    Miller sah von seinen Bemühungen mit Nadel und Palmfasern auf. »Ich habe noch ein Stück Leinwand übrig, Sir.« Er hielt ein ausgefranstes Stück in der Größe einer Hängematte hoch. »Es wird für Sie ein brauchbarer Sonnenschutz sein, Ma'am.«
    Sie lächelte. »So viel Freundlichkeit kann ich nicht ablehnen.« Sie fuhr sich mit dem Finger über den Halsausschnitt ihres Kleides. »Merkwürdig, daß es auf dem Wasser so viel heißer ist als an Land.«
    Miller lachte verhalten. »Gott beschütze Sie, Ma'am, aber wir werden aus Ihnen noch einen Matrosen machen.«
    Ein paar Männer im anderen Boot nickten grinsend wie unrasierte Galeerensklaven. Bolitho beobachtete sie und legte ihr die Hand auf die Schulter. Leise sagte er: »Du bist mehr wert als jede Menge Muskelkraft. Du bringst sie zum Lächeln, wenn sie eigentlich an nichts anderes als Rettung und Schlaf denken sollten.«
    Er blickte zur Sonne auf. »Übernehmen Sie das Ruder, Mr. Pyper. Jetzt bin ich an den Riemen dran.« Zu dem Marinesoldaten sagte er: »Gehen Sie nach achtern und sehen Sie nach den Verwundeten.« Er wartete, bis der Mann zu ihm aufblickte. »Dann überprüfen Sie die Waffen und vergewissern Sie sich, daß das Pulver sicher untergebracht ist.«
    Die beiden Boote lösten sich wieder voneinander, plötzlich sehr klein und gebrechlich auf der großen Weite.
    Über Alldays breiten Rücken hinweg bemerkte er, daß Viola ihn beobachtete. Ihre Augen im Schatten ihres Strohhuts sprachen zu ihm so deutlich wie mit Worten.
    Pyper räusperte sich nervös, denn ihm stand nichts Geringeres bevor, als seinem Kapitän Befehle zu geben.
    »Riemen bei!« Er blickte auf den kleinen Kompaß. »Rudert an!«
    Mit dem Rücken gegen die Bordwand gelehnt, saß der verwundete Marinesoldat auf dem Boden des Bootes und blinzelte zu Viola Raymond auf. Wie alle anderen nannte er sie in Gedanken nur »Die Lady des Kapitäns«, und das hatte einen guten und respektvollen Klang. Sie war gut zu ihm, hatte über sein verletztes Bein gewacht, besser als jeder Schiffsarzt, und war sanft wie ein Engel. Die Sonne strahlte so hell um die Krempe ihres Hutes, daß er ihr Gesicht nicht erkennen konnte, aber er sah die Schmutzflecken auf ihrem Kleid und an ihren Schuhen, die sie sich beim Einsteigen zugezogen hatte. Wieder schoß der Schmerz durch sein Bein, und er suchte mühevoll eine andere Stellung.
    »Wie geht's, Billyboy?« fragte sie.
    Er schnitt eine Grimasse. »Läßt sich aushallen, Ma'am. Nur ein Krampf.«
    Der andere Verwundete, Evans, sagte nichts. Er betrachtete die Knöchel der Frau unter dem Saum ihres Kleides und stellte sich das glatte Bein darüber vor. Dann dachte er an seine Frau in Cardiff und fragte sich, wie sie ohne ihn wohl zurechtkam. Sie war eine gute Frau und hatte ihm vier hübsche Töchter geboren. Er schloß die Augen und ließ sich in Schlaf sinken.
    Zu Pypers Füßen vergewisserte Blissett sich, daß Pulver und Geschosse trocken untergebracht waren, und sah dann den schlafenden Evans an. Plötzlich erkannte er so klar, als ob eine Stimme es ihm ins Ohr geschrieen hätte: Evans lag im Sterben. Die Erkenntnis erschreckte ihn, und er wußte nicht, warum. Blissett hatte viele sterben sehen. In Schlachten, in Schlägereien oder einfach, weil sie von der einen oder anderen Krankheit befallen worden waren. Doch das Gesicht von Evans sehen und wissen, was mit ihm geschah, war wie das Geheimnis eines anderen aufzudecken, und das beunruhigte ihn zutiefst.
    Hinter Bolitho saß der Amerikaner Jenner und hob und senkte mühelos seinen Riemen. In Gedanken befand er sich auf einer seiner vielen eingebildeten Reisen. Wenn er abgemustert hatte, wollte er sich eine Farm in Neuengland kaufen, meilenweit von allen anderen entfernt. Und sich dort mit einem Mädchen niederlassen. Er versuchte, sich ein Bild von ihm zu machen, und begann, sich in seiner Vorstellung eine vollkommene Gefährtin zu schaffen.
    Der nächste war Orlando, der seinen Riemen unbeholfen, aber genau bediente, indem er den Takt von den anderen übernahm. Er duckte sich, als Miller über ihn hinwegstieg, um seinen Platz im Bug einzunehmen. Seine Arbeit am

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