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Fieber an Bord

Fieber an Bord

Titel: Fieber an Bord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
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folgen. In dem abgeschirmten Schlafabteil konnte er Hugoe, den Kajütensteward hören, der dort aufräumte, Kleidungsstücke zum Waschen heraussuchte.
    Herrick hatte verschiedene Leute vorgeschlagen, die bereit und geeignet waren, Orlando zu ersetzen. Aber Bolitho mochte sich mit dem Gedanken an einen neuen Anfang nicht abfinden. Noch nicht. Hugoe wurde hauptsächlich in der Offiziersmesse gebraucht und war dankbar, wenn er von der Kajüte und ihrem finster brütenden Kapitän, der ihm unheimlich war, befreit wurde.
    Der Regen floß gurgelnd durch die Speigatten oder plätscherte vergnügt auf dem dichtgemachten Skylight. Wasser. Ohne Wasser war man weniger als nichts. Er dachte an die vor Durst Wahnsinnigen, die über Bord sprangen, um sich den Magen aus dem Meer zu füllen. An Orlandos schrecklichen Tod, als der Hai ihn zu einer blutigen Masse zermalmt hatte.
    Er zwang sich, seine Uhr aus der Tasche zu ziehen, zögerte aber, ehe er den Deckel aufspringen ließ. Sogar die Gravierung schien sich jetzt schärfer abzuheben.
    Hugoe stand unter der Tür zur Schlafkammer. »Ich bin fertig, Sir. Falls nicht hier noch etwas zu tun ist.«
    »Nein. Sie können gehen.« Er bemerkte die Neugier in den Augen des Stewards. »Danke.«
    Der Marinesoldat vor der äußeren Tür rief: »Midshipman der Wache, Sir.«
    »Herein.«
    Es war der junge Romney, der ihm sehr nervös eine Liste mit den Tagesarbeiten von seinem Ersten Leutnant vorlegte. Bald würden die Besucher kommen mit Fragen und Forderungen.
    Er überflog die Liste in Herricks runder Handschrift. »Sehr gut.«
    Romney zögerte, scharrte verlegen mit einem Fuß. »Darf ich etwas sagen, Sir?«
    »Ja.« Bolitho kehrte ihm den Rücken zu, als ob er das an den hohen Fenstern herunterrinnende Regenwasser beobachte.
    »Ich – ich – das heißt, wir wollten Ihnen sagen, wie sehr wir ...«
    Bolitho preßte die Hände an seinen Seiten zu Fäusten zusammen, bis er sich umwenden konnte.
    »Vielen Dank, Mr. Romney.« Er erkannte seine eigene Stimme kaum. »Das ist sehr aufmerksam von Ihnen.«
    Romney sah ihn an, seine Augen waren voller Anteilnahme. Wie die eines Hundes, dachte Bolitho gequält.
    Der Schiffsarzt blickte durch die halbgeöffnete Tür, und Bolitho rief ihm zu: »Kommen Sie nur.«
    Er konnte sich in seine Pflichten vergraben und in das, was vorausgeplant werden mußte. Aber die kleinen Anzeichen des Mitgefühls, die ohne vorherige Warnung auf ihn zukamen, durchschlugen seine Deckung wie ein Entermesser die eines schlecht geführten Degens.
    Bolitho hörte sich Gwythers Krankenbericht an.
    »Dem Marinesoldaten geht es gut, Sir.« Gwythers walisischer Akzent war sehr deutlich, wie immer, wenn er sich zwang, seine übliche Zurückhaltung aufzugeben. »Aber Sie scheinen nicht geschlafen zu haben, Sir. Das ist schlecht, wenn es mir erlaubt ist, das auszusprechen.«
    »Das ist es nicht.« Rasch ging Bolitho die Liste mit den Namen durch. »Wie geht es Penneck?«
    Der Schiffsarzt seufzte. »Ich fürchte, daß sein Verstand gelitten hat, Sir. Und Mr. Pyper leidet noch sehr an den Strapazen und am Sonnenbrand. Aber« -, wieder folgte ein Seufzer -, »aber er ist jung.«
    Herrick war der nächste Besucher. Seine Darlegungen beschränkten sich auf technische Probleme und Fragen, die für die Einsatzbereitschaft eines Kriegsschiffs von Belang waren. Zwar erwähnte er Viola mit keinem Wort, aber seine Augen waren unfähig, seine Anteilnahme zu verbergen. Bolitho stand auf und trat ans Heckfenster. Vögel schwirrten und kreisten hinter dem Schiff, warteten auf Abfallbissen, lauerten auf unvorsichtige Fische. Er dachte an Blissett, seine meisterhafte Schießkunst trotz seiner Leiden.
    »Haben Sie Prideaux gesagt, ich erwarte, daß er Blissett sofort befördert?« fragte er.
    »Aye, Sir.« Herrick wechselte seinen Stand, als Bolitho sich nach ihm umdrehte. »Für den Fall, daß er Einwendungen haben sollte, habe ich ihm erklärt, das sei weder ein Vorschlag noch eine Empfehlung, sondern ein Befehl, Sir. Ich hoffe, das war richtig.«
    »Ja.« Bolitho sah auf, als über ihm wieder polternde Schritte zu hören waren.
    Herrick erklärte: »Ich habe Mr. Lakey gesagt, Sie wünschten, daß er so viel Leinwand setzt, wie er kann. Dabei werden beide Wachen eingesetzt.« Er versuchte zu lächeln, Bolithos Kummer zu durchbrechen. »Als Steuermann gefällt ihm das bei diesem Regen verständlicherweise nicht.«
    Er wartete, überlegte, wie er fortfahren sollte. »Ich werde gut allein fertig, Sir.

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