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Fieber an Bord

Fieber an Bord

Titel: Fieber an Bord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
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Rücken und zog seine Uhr. Fast verachtete er sich wegen der Erleichterung, die er empfand. Aber er hatte gefürchtet, es könne Viola sein, die dort unten lag.
    Erst in einigen Stunden würde es dunkel sein. Er sagte: »Stellen Sie zuverlässige Wachen auf, Sergeant. Danach kommen Sie zu mir.«
    Eilig kroch er den Abhang hinunter und in das Gewirr dürrer Büsche hinein. Die ganze Umgebung schien von der Sonne ausgedörrt zu sein und war vom Kot zahlloser Seevögel bedeckt.
    Keen und andere drängten sich um ihn.
    Er sagte: »Ich glaube, daß sich eine ganze Bootsladung Männer an Land befindet, wahrscheinlich drüben im Zentrum der Insel. Es ist zu gefährlich, im Boot zwischen diesen Klippen hindurchzufahren. Deshalb sind sie auch von den Kanus überrascht worden. Ich vermute, daß sie dort Wachen postiert haben, die auf fremde Schiffe und Eingeborenen-kanus achten.«
    Keen nickte. »Und ihr Boot ist unbewacht.«
    Ross fuhr sich mit dicken Fingern durch sein rotes Haar.
    »Einstweilen noch, Mr. Keen. Bei Dunkelheit kann sich das aber schnell ändern.«
    »Wir bleiben in Deckung«, ordnete Bolitho an. »Sobald es dunkel wird, gehen wir zum Strand hinunter.« Er sah Keen an. »Als Sie auf der Eurota s waren, haben Sie da viele Leute der Besatzung gesehen?«
    Keen blickte überrascht auf. »Eigentlich nicht, Sir. Ich nahm an, daß sie unter Deck bei der Arbeit waren.«
    Während ein Kriegsschiff in die Bucht einlief und schreiende Wilde in Kanus angriffen, würde bestimmt kein Matrose unter Deck bei seiner Arbeit bleiben. Merkwürdig, daß ihm das nicht früher aufgefallen war. Es mußte also ein zweites Schiff, vielleicht sogar ein drittes geben.
    Er drehte sich um, kroch ein Stück zurück und drängte sich zwischen die beobachtenden Seesoldaten. Mehrere Minuten lang musterte er aufmerksam das Schiff. Ohne Zweifel hatte die Eurota s ein höheres Freibord als normal. Kein Wunder, daß so wenige Leute an Deck zu bemerken waren. Gerade genug, um das Schiff und die unten eingekerkerten Sträflinge zu bewachen. Bolitho versuchte, nicht an die ermordete Frau zu denken.
    »Es wird ein riskantes Unternehmen«, sagte Bolitho und bemerkte, daß Alldays Hand nach dem Entermesser griff.
    »Trotzdem will ich das Schiff angreifen, sobald es dunkel ist. Wenn wir es genommen haben, können wir es besetzt halten, bis die Tempes t eintrifft.«
    Ross sagte nüchtern: »Der Wind hilft Mr. Herrick nicht gerade, Sir. Er ist ganz schön umgesprungen, seit wir an Land sind.« Er blickte zu dem klaren Himmel auf. »Ja, wir werden wohl lange auf die Tempes t warten müssen, fürchte ich.«
    Keen fragte: »Warum gönnen Sie sich nicht eine Ruhepause, Sir? Ich übernehme die erste Wache.«
    Aber Bolitho schüttelte den Kopf. »Ich muß noch einmal hinauf, um mir das Schiff anzusehen.«
    Keen sah ihm nach, während er wieder zu den Felsen hinaufkroch. »Er sollte sich ausruhen, Mr. Ross. Heute nacht werden wir seine ganze Kraft brauchen.«
    Allday hörte ihn und starrte zu den Felsen hinauf. Bolitho würde weder ruhen noch ein Auge schließen, ehe er es geschafft hatte. Nicht, ehe er es zuverlässig wußte. Allday zog sein Entermesser und scharrte mit der schweren Klinge im Sand. Er empfand für Viola Raymond eine tiefe Zuneigung. Sie war seinem Kapitän eine Hilfe gewesen, als er sie am dringendsten gebraucht hatte. Aber im stillen hatte er es erleichtert begrüßt, als sie nach England abreiste. Sie brachte Gefahr mit sich, war eine Bedrohung für die Zukunft seines Kommandanten.
    Das Schicksal oder die Dame Fortuna, wie Leutnant Herrick es genannt hatte, wollte es anders. Gleichgültig, wie alles begonnen hatte, jetzt sah es so aus, als ob es ein blutiges Ende nehmen würde, noch ehe der nächste Tag anbrach.
    Bolitho leckte sich über die Lippen und spürte den Sand zwischen seinen Zähnen knirschen. Das Warten auf die Dunkelheit hatte sie alle auf eine harte Probe gestellt. Von der Sonne verbrannt, von fliegenden und kriechenden Insekten gepeinigt, war es für alle eine Qual gewesen.
    Er hörte das Klatschen von Riemen im fast undurchdringlichen Dämmerlicht und erkannte, daß sich ein Boot dem Strand näherte. Den ganzen Nachmittag und sinkenden Abend über, während seine Leute ihre mageren Rationen an Wasser und Schiffszwieback so langsam wie möglich verzehrten, hatte Bolitho das gelegentliche Hin und Her zwischen Schiff und Ufer beobachtet. Das Boot war mehrmals zum Schiff und wieder zurückgefahren, aber nicht ein einziges Mal war

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