Fieber an Bord
hätte nicht alles geschehen können? Sie hätten von diesen Schurken getötet oder gefangen werden können.«
Selbst als Bolitho ihm erklärte, daß der Amerikaner Jenner einen der Meuterer mit brennender Lunte im Pulvermagazin aufgestöbert hatte, dem befohlen worden war, das Schiff mit allem in die Luft zu sprengen, hatte Herrick eigensinnig auf seiner Kritik beharrt.
Bolitho erinnerte sich mit einem verhaltenen Lächeln der Versuche Herricks, seine Mißbilligung zu bewahren. Er hatte es nie lange geschafft.
In den drei Tagen, die sie brauchten, um die Inseln hinter sich zu lassen und wieder Kurs auf Sydney zu nehmen, hatte Bolitho viel nachgedacht. Er hatte ihre Lage analysiert und einen Bericht für den Gouve rneur und Kommodore Sayer aufgesetzt.
Die Rebellion auf der Eurota s war ausgebrochen, als Feuer aus einer der vorderen Luken gemeldet wurde. In dem anschließenden wilden Durcheinander, das bei einem mit Zivilisten und Deportierten überfüllten Schiff nicht überraschen konnte, war das Achterdeck der Eurota s von einigen »Passagieren« gestürmt und besetzt worden, die in Santa Cruz an Bord gekommen waren, wo man Obst und Wein für die lange Fahrt um Kap Horn übernommen hatte. Offenbar war der Kurs der Eurota s monatelang beobachtet worden.
Bis die Besatzung festgestellt hatte, daß das Feuer nur auf ein paar ölige Lumpen in einem großen Eisentopf zurückzuführen war, befand sich das Schiff schon in anderen Händen. Einige Gefangene waren sofort zu den Meuterern überge gangen. Manche hatten versucht, ihre Frauen zu schützen, und waren auf der Stelle umgebracht worden. Kapitän Lloyd war mit vorgehaltener Pistole zur Kursänderung auf die Inselgruppe gezwungen worden. Anscheinend hatten die Piraten eine kritische Situation vorausgesehen, als sie von einem kleinen Postschiff, das auf dem Weg nach Sydney war, gesichtet wurden und ihr Erkennungssignal setzen mußten.
Sobald sie erst in Sichtweite der Inseln war, wurde jede Hoffnung der Besatzung, das Schiff wieder in ihre Gewalt zu bekommen oder auch nur den geringsten Widerstand zu leisten, zunichte. Denn ein großer, schwer bewaffneter Schoner eskortierte die Eurota s in die Bucht, und zwei Bootsladungen Männer kamen an Bord.
Einer der loyal gebliebenen Seeleute hatte ausgerufen: »Die übelsten Schurken, die Sie sich vorstellen können, Sir!« Dann hatten die Schrecken wirklich begonnen. Plünderungen und trunkene Exzesse waren an der Tagesordnung. Ein Teil der Piraten hatte das Umladen der Ladung und Waffen, des Geldes und der Vorräte überwacht und die verstörten und eingeschüchterten Sträflinge dabei wie Sklaven eingesetzt, während die übrigen wie die Wilden auf dem Schiff hausten. Menschen waren totgeprügelt oder buchstäblich zerhackt, Frauen und Mädchen wieder und wieder in einem Taumel von Grausamkeit geschändet worden.
Kapitän Lloyd, ohne jeden Zweifel tief betroffen, daß es durch seinen Mangel an Wachsamkeit zur Katastrophe gekommen war, unternahm einen letzten Versuch, seine Wächter zu überwinden und die zuverlässigen um sich zu scharen. Vergeblich. Am nächsten Tag war keine Spur mehr von Kapitän Lloyd und seinen Offizieren oder auch nur dienstälteren Besatzungsangehörigen zu entdecken.
Bolitho schritt rastlos in der Kajüte auf und ab. Er erinnerte sich an Violas Augen, als sie ihm diesen Alptraum geschildert hatte. Jede Stunde brachte Entsetzen und Verzweiflung. Die Piraten kamen und gingen, mißhandelten Männer und Frauen, prügelten sich mitunter sogar untereinander, von Brandy und Rum berauscht.
Obwohl Viola Raymond ständig unten im Orlopdeck festgehalten wurde, hatte sie wahrgenommen, daß Geschütze von der Eurota s auf ein anderes, längsseit liegendes Schiff verladen wurden. Sie hatte den Eindruck gehabt, daß dieses Schiff niedriger als die Eurota s und vielleicht ebenso groß wie der Schoner gewesen war.
Die kleine Orlopkajüte teilte sie mit einem Mädchen, das wegen Diebstahls zur Deportation verurteilt war. Jeden Tag wurde das Mädchen schreiend aus ihrem Verlies geschleppt; die Piraten ließen Viola über das schlimme Los, das ihm bestimmt war, nicht im Zweifel.
Nur einmal hatte Viola bei ihrer Schilderung die Fassung verloren. Das war, als sie ihre Gefühle beim Erscheinen der Tempes t beschrieb.
Die Eurota s war von feindseligen Eingeborenen angegriffen worden, weil der Schoner, wie sie gehört hatte, eine andere Insel überfallen und verwüstet und viele Bewohner getötet
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