Fieber an Bord
durchnäßten Taschentuch abwischte, klagte: »Es ist heißer, als ich für möglich gehalten habe.«
Hardacre grinste und entblößte zwei Reihen fleckiger Zahnstummel.
»Ihr werdet zu weich in England. Das hier ist ein Land für Männer. Reif zum Pflücken wie eine gute Frau, was?« Er lachte über Raymonds Pikiertheit. »Sie werden es erleben.« Zwei Eingeborenenmädchen kamen leise über die Binsenmatten und stellten Gläser und Krüge auf einen schweren Tisch.
Bolitho sah zu, wie Hardacre eine farblose Flüssigkeit in die Gläser schenkte. Wahrscheinlich etwas wie Feuerwasser, dachte er, obwohl Hardacre durchaus bereit schien, auch selbst davon zu trinken.
»Nun, also, Gentlemen, willkommen auf den Levu-Inseln.« Bolitho packte die Armlehne seines Sessels und blinzelte, damit seine Augen nicht tränten.
Hardacre stand mit dem Krug neben ihm und füllte sein Glas nach. »Verdammt gut, was?«
Bolitho mußte erst schlucken, ehe er antworten konnte.
»Stark.«
Raymond stellte sein Glas ab. »Meine Anweisungen lauten, diese und andere naheliegende Inseln in Besitz zu nehmen, soweit sie von anderen Nationen noch nicht beansprucht worden sind.« Er sprach so schnell, als ob er fürchtete, daß Hardacre in einen Wutanfall ausbrechen könnte. »Ich habe detaillierte Anweisungen auch für Sie. Aus London.«
»Aus London.« Hardacre beobachtete ihn, schwenkte den Schnaps in seinem Glas. »Und was, glaubt man in London, könnten Sie tun und ich nicht, bitte?«
Raymond zögerte. »Verschiedene Aspekte sind etwas unbefriedigend, und außerdem haben Sie nicht die Streitkräfte zur Verfügung, um für Frieden zu sorgen.«
»Quatsch!« Hardacre wandte sich dem Fenster zu. »Ich könnte eine Armee aufstellen, wenn ich wollte. Jeder Mann ist ein Krieger und bereit, mir zu gehorchen. Mir!«
Bolitho beobachtete ihn, durchschaute seine Befürchtungen, die er zu verbergen suchte, und seinen offensichtlichen Stolz auf das, was er aus eigener Kraft geschaffen hatte.
Hardacre wandte sich plötzlich ihm zu. »Bolitho! Selbstverständlich, jetzt erinnere ich mich. Ihr Bruder – während des Krieges.« Er seufzte. »Der Krieg hat für viele vieles verändert.«
Bolitho sagte nichts, bemerkte in Hardacres Augen die erwachenden Erinnerungen, wußte, daß Raymond zuhörte und hoffte, daß ihm nicht wohl in seiner Haut war.
Die große, bärtige Gestalt wandte sich wieder dem Fenster zu. »Ja, damals war ich Farmer. Habe alles verloren, weil ich ein Anhänger des Königs war, als es darum ging, sich zu einer Seite zu bekennen. Darum habe ich meine Zelte abgebrochen und mich hier draußen an die Arbeit gemacht.« Bitter fügte er hinzu: »Diesmal scheint es also der König zu sein, der mich berauben will.«
»Unsinn!« Raymond schluckte seinen Drink und keuchte.
»So ist es nicht gedacht. Vielleicht werden Sie noch gebraucht. Ich muß erst ...«
Hardacre unterbrach. »Erst müssen Sie mir zuhören.« Heftig schob er die geflochtene Sonnenblende beiseite und deutete auf die dunkelgrünen Bäume. »Ich brauche geschulte Männer als Hilfe oder solche, die ich noch schulen kann, ehe ich zu alt werde. Ich will keine Beamten wie die in Sydney oder London, noch, mit allem Respekt, Captain, brauche ich Uniformen und die Disziplin der Marine.«
Bolitho sagte ruhig: »Ihre Disziplin scheint mir um einiges härter zu sein als unsere.«
»Oh, das.« Hardacre zuckte mit den Schultern.
»Gerechtigkeit muß der Umgebung angepaßt werden. So sind nun einmal die Bräuche hier.«
»Ihre Bräuche.« Bolitho behielt seinen gemäßigten Ton bei. Hardacre blickte ihn fest an. Dann lächelte er. »Wenn Sie so wollen, ja.« Barsch fuhr er fort: »Sie haben gesehen, was auf den Inseln passieren kann, Captain. Die Menschen sind primitiv, unberührt, den Pocken und jeder Krankheit ausgeliefert, die ein Schiff nur einschleppen mag. Wenn sie gedeihen und überleben wollen, müssen sie sich schützen und dürfen sich nicht auf andere verlassen.«
»Unmöglich!« Raymond wurde wütend. »Die Eurota s ist gekapert worden und wurde erst durch die Tempest zurückgewonnen. Jeden Tag hören wir schlimmere Nachrichten von Marodeuren, Piraten und Mördern. Selbst die Franzosen sind schon so beunruhigt, daß sie eine Fregatte geschickt haben.«
»Die Narval .« Hardacre hob wieder die Schultern. »O ja, Mr. Raymond, auch ich habe mein Nachrichtensystem.«
»Wirklich? Nun, jedenfalls werden Sie diese Piraten nicht mit einem Handelsschoner und einer Handvoll
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