Fieber an Bord
hören, und Augenblicke später stürmte Herrick mit Leutnant Finney auf den Fersen in den Raum.
»Das Wachtboot hat ein kleines Auslegerkanu aufgebracht, Sir«, begann er, ohne auf Hardacre und dessen Offiziere zu achten. »An Bord befand sich ein junger Eingeborener, er blutete stark. Der Arzt sagt, er hat Glück, daß er noch lebt.« Zum erstenmal sah er Hardacre an. »Es hat den Anschein, Sir, daß die Nordinsel der Gruppe von Tuke mit zwei Schonern angegriffen wurde und sich jetzt in seiner Hand befindet. Diesem jungen Mann ist die Flucht nur gelungen, weil er wußte, wo das Kanu versteckt lag. Tuke verbrannte alle anderen Boote, als er angriff.«
Hardacre schlug wie zum Gebet die Hände zusammen.
»Mein Gott, die Boote sind ihr Lebensunterhalt.« Er wandte sich an Herrick. »Und wer sind Sie?«
Herrick sah ihn kühl an. »Erster Offizier auf Seiner Britannischen Majestät Fregatte Tempest .«
»Nun scheint es so, als ob Sie uns doch brauchen«, sagte Bolitho gelassen.
»Die Nordinsel ist am schwersten zu verteidigen, ihr Häuptling am wenigsten bereit, aus früheren Fehlern zu lernen.« Hardacre dachte laut. »Aber ich weiß, wie ich an ihn herankomme.« Er sah Finney an. »Al armieren Sie die Leute und bemannen Sie den Schoner. Wir segeln auf der Stelle.«
Bolitho widersprach behutsam: »Nein, Sie bleiben hier. Ich nehme den Schoner, zusammen mit meinem Schiff und einigen Ihrer Leute – mit Ihrer Erlaubnis – und ein paar zuverlässige Führer.« Er fügte hinzu: »Sie nützen Ihren Insulanern mehr, wenn Sie hierbleiben.« Er sah, daß seine Worte ankamen.
Hardacre nickte mit dem gewaltigen Kopf. »Sie meinen Raymond.« Er runzelte die Stirn. »Macht nichts. Ich verstehe schon, auch wenn Sie es nicht aussprechen können.«
Zu Herrick sagte Bolitho: »Rufen Sie alle an Land gegangenen Leute zurück, Thomas. Neuigkeiten verbreiten sich auf diesen Inseln offenbar schnell. Wir müssen noch schneller sein. Der Wind steht günstig für uns, so daß wir die Riffe noch vor Einbruch der Dämmerung hinter uns haben können.«
Herrick eilte davon, und Bolitho hörte ihn nach seiner Bootsmannschaft rufen.
»Ein tüchtiger Offizier, Captain.« Hardacre sah ihn grimmig an. »Der wäre hier gut zu gebrauchen.«
»Thomas Herrick gebrauchen?« Bolitho griff nach seinem Degen. »Ich habe noch niemanden gesehen, einschließlich seines Kapitäns, der das gekonnt hätte.«
Er ging und überließ den bärtigen Riesen und die beiden schweigsamen Mädchen ihren Gedanken.
Doch dann erstarrte er plötzlich, weil er ihre Stimme gehört hatte. »Richard!«
Er drehte sich um und sah sie die schmale Holztreppe herunterlaufen. Sie fühlte sich heiß an und zitterte unter ihrem Kleid. Verzweifelt fragte sie: »Gehst du schon wieder? Wann kommst du zurück?«
Er hielt sie sanft umfangen, schob ihre drängenden Bitten und Fragen beiseite.
»Eine Insel ist überfallen worden, von Tuke.« Er spürte, wie ihre Schultern erstarrten. »Vielleicht kann ich ihn stellen.« Im Hof hörte er Finnley Befehle bellen, das Klappern von Stiefeln und Musketen. »Je schneller es mir gelingt, um so eher wirst du von diesem Ort befreit.«
Sie studierte ihn, strich ihm mit der Hand über das Gesicht, als ob sie es für ihr Gedächtnis modellieren wollte.
»Sei vorsichtig, Richard. Für mich. Für uns.«
Er führte sie in den Schatten zurück und trat wieder in den Sonnenglast hinaus. Im Hof begegnete er Raymond. Er mußte aus seinem Zimmer gelaufen sein, um selbst herauszufinden, was geschehen war.
Er bellte: »Sie wollten mich hoffentlich informieren, Captain?«
Bolitho blickte ihn ernst an. »Ja.«
Er berührte seinen Hut. Die Bewegung erforderte seine ganze Selbstbeherrschung. »Und jetzt erlauben Sie mir, an Bord meines Schiffes zu gehen.« Er drehte sich und sah flüchtig das Aufschimmern ihres Kleides auf der Treppe, von wo sie ihm nachsah.
Allday hatte die Gig schon bereit, die Matrosen saßen an den Riemen.
Während der Überfahrt versuchte Bolitho zu überlegen. Tuke, de Barras, Raymond, sie schienen umeinander zu kreisen, zu einem einzigen Feind zu verschmelzen. Das letzte Hindernis zwischen ihm und Viola.
Borlase empfing ihn an der Einstiegspforte.
»Ich melde mich an Bord zurück, Sir.«
»Danke.«
Bolitho blickte an ihm vorbei auf das Gewühl der braunen Gestalten, auf die vertrauten Gesichter seiner Matrosen und Seesoldaten.
»Räumen Sie das Schiff, Mr. Borlase. Und lassen Sie mich dann wissen, wann der Schoner
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