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Fieber an Bord

Fieber an Bord

Titel: Fieber an Bord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
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Situation vorgestellt. Doch ohne das Schiff, die Mannschaft oder die Umstände zu kennen, war es das gleiche, wie den Mond anzubellen, er solle heller scheinen. Mit plötzlichem Mitgefühl beobachtete er Sayer. Seine wenig beneidenswerte Aufgabe hatte ihn erschöpft, ein überstandenes Fieber hatte ihn ausgelaugt, aber er war nichtsdestoweniger der ihm vorgesetzte Offizier. Genauso war Bolitho der einzige Repräsentant der größten Seemacht der Welt gewesen, als er auf der Suche nach Piraten und Eingeborenenhäuptlingen, die ihnen Schutz boten, viele hundert Meilen zurückgelegt hatte. Eines Tages würde vielleicht auch sein Schiff den breiten Stander des Kommodore führ en, aber er bezweifelte, daß ihn die gleiche Selbstsicherheit wie Sayers auszeichnen würde.
    Der Kommodore sagte: »Ich werde unverzüglich den Gouverneur aufsuchen. Und Ihnen empfehle ich, auf Ihr Schiff zurückzukehren und Wasser und sonstige Vorräte zu übernehmen.« Er musterte ihn gelassen. »Ich fürchte, ich werde Sie bald wieder auf See schicken müssen. Das hätte ich ohnehin getan, aber Ihre Nachrichten beschleunigen es noch.« Als Bolitho sich erhob, fügte er hinzu: »Falls Sie zusätzliche Leute brauchen, läßt sich das wahrscheinlich regeln. Nach zwei Jahren in der Botany Bay ist nur schwer festzustellen, wo ein abgeschobener Sträfling aufhört und der ehrliche Mann anfängt.« Er zwinkerte. »Ich werde an Land mit dem Einbürgerungsoffizier sprechen.«
    An der Schanzkleidpforte blieb Sayers neben Bolitho stehen und blickte zur Tempes t hinüber. In dem grellen Licht wirkte ihr laufendes Gut wie aus schwarzem Glas.
    »Ein schönes Schiff.« Es klang sehnsüchtig.
    »Ich nehme an, daß Sie bald nach England zurückkehren werden, Sir«, tröstete Bolitho.
    Der Kommodore hob die Schultern. »Ich würde Cornwall gern wiedersehen.« Er streckte die Hand aus und berührte die abgegriffene Reling. »Aber wahrscheinlich werde ich hier draußen sterben wie meine gute alte Hebrus . « Das sagte er ohne Groll oder Bitterkeit.
    Bolitho trat zurück und grüßte die Flagge.
    Während die Marinesoldaten wieder vor ihm präsentierten und er zu seiner Gig hinunterkletterte, ertappte er sich dabei, daß er an die schönen Häuser in St. James dachte. Würde es dort jemanden treffen, wenn man las, daß Sayer tot war?
    Er glaubte, die Antwort zu kennen; sein Gesicht war finster, als Allday den Befehl zum Ablegen gab.
    Als er schweigend im Boot saß, das aus dem Schatten des Flaggschiffs in die sengende Hitze hinausglitt, betrachtete er die Gesichter der rudernden Matrosen. Was wußte er schon von diesen Männern? Da war es im Krieg ganz anders. Der Feind war klar definiert, und die Sache, um die es ging, immer gerecht, denn es war ja die eigene. Zusammenhalten, Hurra rufen und zurückschlagen, das kennzeichnete jene desperate Welt. Doch hier, meilenweit von jeder Zivilisation entfernt, was würden Männer wie sie empfinden, wenn man sie zu weit trieb?
    Allday blickte auf Bolithos hochgezogene Schultern hinab, auf das schwarze Haar, das über dem goldbestickten Kragen ordentlich zusammengebunden war. Der Kommandant grübelte wieder einmal, wie üblich, machte sich Sorgen um andere. Er wußte genau, was Bolitho in erster Linie beschäftigte, denn er war während der Meuterei auf Bolithos Schiff gewesen, ein zum Dienst gepreßter Mann. Auch er konnte es nicht vergessen. Wie der Rest der Crew hatten auch die von ihm ausgesuchten und ausgebildeten Rudergasten von der Meuterei auf der Bount y erfahren; bis Sonnenuntergang würde auch jeder Bewohner und Sträfling der Kolonie Bescheid wissen.
    Allday hatte seine Eltern nie gekannt und konnte sich nicht erinnern, in welchem Alter er zum erstenmal auf ein Schiff gekommen war. Er hatte sein ganzes Leben auf See verbracht, von einer kurzen Unterbrechung in Falmouth abgesehen, wo er von einem Preßkommando auf Bolithos Schiff entführt worden war. Vor jener Zeit hatte er mehrere Kapitäne kennengelernt, unter denen eine Meuterei gerechtfertigt gewesen wäre: grausame, brutale Männer, die offenbar Freude daran hatten, ihre Leute leiden zu sehen. Selbst die geringste freundliche Geste von Männern dieser Art konnte in der überfüllten Welt zwischen den Decks wie ein Wunder wirken. Das war wie Hohn, solange es andere wie Bolitho gab, die ihre Verantwortung ernst nahmen.
    »Wenn Sie nicht auf Ihre Arbeit achten, Allday«, schnauzte Bolitho, »kommen wir noch durch eine Stückpforte an Bord.«
    Allday legte Ruder

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