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Fiebertraum

Fiebertraum

Titel: Fiebertraum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: George R.R. Martin
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Leuten mundet es überhaupt nicht. Ich bin sicher, daß Sie den Sherry vorziehen werden.«
    »Nun«, meinte Marsh und wog die Flasche in der Hand, »alles, was Sie trinken, Joshua, wird bestimmt auch mir schmecken. Sie haben allerdings einen sehr guten Sherry, das stimmt schon.« Sein Gesicht hellte sich auf. »Hören Sie, wir haben doch Zeit, und ich habe einen ganz schrecklichen Durst. Warum kosten wir nicht von beidem?«
    Joshua York lachte, es war ein Lachen spontanen Vergnügens, volltönend und melodisch. »Abner«, sagte er, »Sie sind wirklich einmalig und ein wunderbarer Kerl. Ich mag Sie. Mein Drink wird Ihnen trotzdem nicht schmecken. Aber wenn Sie darauf bestehen, dann trinken wir beides.«
    Sie machten es sich in den beiden Ledersesseln bequem, und York stellte das Tablett auf den niedrigen Tisch zwischen den Sesseln. Marsh reichte seinem Gastgeber die Flasche mit dem Wein oder was immer darin war. Aus irgendeiner verborgenen Tasche seines weißen Anzugs holte York ein schlankes kleines Messer mit einem Elfenbeingriff und einer langen Silberklinge hervor. Er schnitt das Wachs ab und bohrte mit einer einzigen schnellen Bewegung die Klingenspitze in den Korken und schnippte ihn mit einem leisen Knall heraus. Die Flüssigkeit floß langsam wie rotschwarzer Honig in die Silberkelche. Sie war undurchsichtig und schien winzige schwarze Körnchen zu enthalten. Sicherlich besonders stark; Marsh hob seinen Kelch hoch und roch daran, und der Alkohol darin ließ ihm das Wasser in die Augen schießen.
    »Wir sollten auf etwas trinken«, meinte York und hob seinen Kelch. »Auf all das Geld, das wir verdienen werden«, schlug Marsh scherzhaft vor.
    »Nein«, widersprach York ernst. In seinen dämonenhaft grauen Augen lag ein Ausdruck tiefer Melancholie, so kam es Marsh vor. Er hoffte, daß York nicht schon wieder anfing, Gedichte aufzusagen. »Abner«, fuhr York fort, »ich weiß, was die Fiebertraum Ihnen bedeutet. Ich möchte, daß Sie wissen, daß sie mir mindestens ebenso wichtig ist. Dieser Tag ist der Beginn eines herrlichen neuen Lebens für mich. Sie und ich, wir beide gemeinsam, haben das Schiff zu dem gemacht, was es ist, und wir werden dafür sorgen, daß es zur Legende wird. Ich habe Schönheit schon immer bewundert, Abner, aber dies ist das erstemal in meinem langen Leben, daß ich sie geschaffen oder zumindest bei ihrer Erschaffung geholfen habe. Es ist ein schönes Gefühl, der Welt etwas Neues und Schönes beschert zu haben. Vor allem für mich. Ich muß Ihnen dafür danken.« Er hob seinen Kelch. »Lassen Sie uns auf die Fiebertraum trinken und auf alles, was sie darstellt, mein Freund - Schönheit, Freiheit, Hoffnung. Auf unser Schiff und auf eine bessere Welt.«
    »Auf den schnellsten Raddampfer auf dem ganzen Fluß!« schloß Marsh sich ihm an, und sie tranken. Beinahe hätte er gewürgt. Yorks Spezialgetränk brannte ihm im Mund wie Feuer, es versengte seine Kehle und schickte glühende Pfeile in seine Eingeweide, aber gleichzeitig war eine klebrige erstickende Süße in der Flüssigkeit und die Andeutung eines überaus unangenehmen Geruchs, den der Alkohol und die Süße nicht ganz verbergen konnten. Es schmeckt, als wäre in der Flasche irgend etwas verfault, dachte er.
    Joshua York leerte seinen Kelch in einem einzigen langen Zug, wobei er den Kopf in den Nacken legte. Dann stellte er den Kelch hin, schaute Marsh an und lachte wieder. »Der Ausdruck in Ihrem Gesicht, Abner, ist herrlich grotesk. Zwingen Sie sich nicht, höflich zu sein. Ich habe Sie gewarnt. Warum nehmen Sie nicht einen Sherry?«
    »Ich denke, das tue ich«, erwiderte Marsh. »Das tue ich wirklich.«
    Später, als zwei Gläser Sherry den Nachgeschmack von Yorks Getränk aus Marshs Mund gespült hatten, kamen die beiden Männer zur Sache.
    »Was geschieht als nächstes nach St. Louis, Abner?« erkundigte sich York. »Das New-Orleans-Geschäft. Es gibt für ein Boot von dieser Größe keine andere Möglichkeit.«
    York schüttelte ungehalten den Kopf. »Das weiß ich, Abner. Ich war nur neugierig, wie Sie Ihren Traum verwirklichen wollen, die Eclipse zu schlagen. Wollen Sie sie suchen und sie herausfordern? Ich bin dazu bereit, solange es uns nicht allzu lange aufhält oder uns zwingt, unseren geplanten Kurs zu verlassen.«
    »Ich wünschte, es wäre so einfach, aber das ist es nicht. Zum Teufel, Joshua, auf dem Fluß sind Tausende von Raddampfern unterwegs, und alle würden die Eclipse in einem Rennen gerne besiegen. Sie muß

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