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Fillory - Der König der Zauberer: Roman (German Edition)

Fillory - Der König der Zauberer: Roman (German Edition)

Titel: Fillory - Der König der Zauberer: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lev Grossman
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Ohnmachtszauber.
    Der Mann ließ sein Schwert fallen und kippte vornüber ins spärliche Gras. Quentin presste keuchend eine Hand auf die Wunde an der Seite. Blut durchtränkte sein Hemd. Das war knapp gewesen. Lebensgefährlich knapp. Die Schmerzen waren überwältigend, ein pulsierendes Lodern im weicher werdenden Abendlicht, ein Abendstern. Wenn er nicht hinsah konnte er nicht einmal mit Sicherheit sagen, ob die Schmerzen sich innerhalb seines Körpers befanden. Als sie ihren Höhepunkt erreicht hatten, übergab er sich – sauren Fisch vom letzten Abendessen. Danach wurde es noch schlimmer.
    Behutsam streifte er sein Hemd ab, zog es in einer Bewegung von der Wunde und riss anschließend einen Ärmel heraus. Er faltete den Stoff zu einer Kompresse, drückte diese gegen die Verletzung und versuchte, so gut es ging, den Rest des Hemdes darumzuwickeln. Als er fertig war, hielt er mit zusammengebissenen Zähnen inne und kämpfte gegen die Ohnmacht an. Sein Herz flatterte in der Brust wie ein gefangener Spatz. Im Kopf wiederholte Quentin ständig das Wort
Schadensbegrenzung
, was er aus unerfindlichen Gründen hilfreich fand.
    Als er wieder imstande war, die Wunde zu inspizieren, stellte er fest, dass sie zwar blutete, aber nicht pulsierte. Es schien außerdem ein strenges Limit für die Menge der Luft zu geben, die er einatmen konnte; wenn er es überschritt, wurde ihm vor Schmerzen schwarz vor Augen. Er versuchte, sich daran zu erinnern, welche Organe an der betroffenen Stelle lagen. Da es weh tat, wenn er sich bewegte, musste das Schwert Muskeln durchtrennt haben, aber es konnte nicht die Lunge verletzt haben. Oder doch? Was lag da an der Stelle denn sonst noch, verdammt nochmal? Ach was, vermutlich war es nur eine Fleischwunde.
    Adrenalin flutete sein Gefäßsystem, dämpfte das pochende Brennen und zog Sauerstoff von der Stelle ab. Die Schmerzen wurden erträglicher. Da erkannte Quentin glasklar und mit plötzlicher, heftiger Gewissheit seine Situation: Er durchlebte ein Abenteuer. Ein richtiges diesmal. Die Schmerzen waren ein Indiz.
    Er betrachtete seine Hände. Inzwischen spürte er die linke wieder. Er ballte die Fäuste. In seinem Schlüsselbein klaffte eine grobe Kerbe, aber der Schaden hielt sich in Grenzen. Ein Fall für Holzspachtel. Quentin schüttelte den Kopf. Er schien klar zu sein. Jedenfalls halbwegs.
    Er blickte hinunter auf den Mann, der mit dem Gesicht nach unten auf dem struppigen Inselgras schnarchte. Dann hob er dessen Schwert auf und wandte sich in die Richtung, aus der der Mann gekommen war.
    Die Burg war klein und bestand aus einem langweiligen, kastenförmigen Wohngebäude mit zwei flankierenden Wachtürmen. Sie war aus grauen Steinen erbaut und von riesigen Bäumen umgeben. Von seinem Standpunkt am felsigen Hügelhang aus konnte Quentin die gesamte Anlage überblicken. Sie war auf einem grasbewachsenen Stück Land am Fuße der Hügel errichtet worden, die, wie Quentin jetzt erkannte, diese Küste der Insel dominierte und die Burg von anderen Standpunkten aus unsichtbar machte. Kein Wunder, dass er und seine Freunde sie übersehen hatten.
    Quentin kroch von Fels zu Fels, versteckt vor den Blicken eventueller Beobachter, und arbeitete sich im Zickzack hinunter auf die Burg zu. Er begegnete keinen weiteren Soldaten. Vielleicht hatte er nur Pech gehabt. Doch er wollte es nicht darauf ankommen lassen und suchte sich einen Weg an einer Felsklause entlang hinunter zum Ufer. Er wollte sich der Burg nähern, indem er am Strand entlangkroch.
    Dieser bestand aus einem so schmalen Kiesstreifen, dass Quentin nur mit Mühe trockene Füße behielt. Dunkle Wellen klatschten in schneller Folge gegen das Gestein. Quentin dachte kaum nach. Hätte er sein Vorhaben jemandem erklären müssen, nämlich eine Art
One-man-die-hard-
Angriff auf die Burg, er hätte es kaum begründen können. Vielleicht hätte er behauptet, er übe grundlegende Aufklärungstechniken und erkunde die Verteidigungsstärke der Burg, aber in Wirklichkeit würde er einfach weglaufen, wenn die Angst ihn überkam. Tief im Inneren war er davon überzeugt, dass Ember genau diese Situation gemeint und ihn hineinmanövriert hatte. Das war seine Chance. Irgendetwas befand sich in der Burg, etwas, was mit den Schlüsseln, Jollyby, Julia oder ihnen allen zu tun hatte, und er war entschlossen, es sich zu holen.
    Doch dann hielt er inne. Ein Boot lag auf dem schmalen, steinigen Strand, ein graues, wettergebleichtes Ruderboot. Die Ruder lagen im

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