Fillory - Der König der Zauberer: Roman (German Edition)
in fließendem Französisch kurzerhand den zerkratzten Peugeot per Kreditkarte gekauft hatte.
»Das Haus gehört Pouncy«, erklärte Aschmodai. »Größtenteils jedenfalls. Er hat eine Zeitlang als Tageshändler an der Börse gearbeitet und war relativ gut.«
»Relativ gut?«, entfuhr es Pouncy und hob seine feingeschnittenen Augenbrauen.
Aschmodai nickte. »Wenn du dich nur ein bisschen mehr in die Mathematik vertieft hättest, wäre dir viel mehr gelungen. Ich sage es dir schon die ganze Zeit, wenn du den Markt als chaotisches System betrachtest …«
»Meinetwegen. Aber es war keine interessanter Job, und ich hatte von vornherein nicht vor, ewig dabeizubleiben.«
»Mit meiner Hilfe könntest du …«
»Wir alle haben etwas investiert«, unterbrach sie Falstaff. »Ich habe mein gesamtes Vermögen hier reingesteckt. Wofür sollte ich es sparen? Wozu sollte Geld sonst dienen, als so zu leben wie wir alle zusammen hier in Murs?«
»Nehmt es mir nicht übel, aber das hört sich in meinen Ohren ziemlich nach Sekte an.«
»Du hast vollkommen recht!«, rief Aschmodai und klatschte in die Hände. »Wir sind die Pouncy-Sekte!«
»Ich betrachte es lieber als so etwas wie das CERN «, erwiderte Pouncy. »Ein Forschungszentrum für hochkomplexe Magie.«
Julia hatte ihren Wein nicht angerührt. Sie brauchte jetzt vor allem einen klaren Kopf, und dabei war Wein nun mal nicht förderlich.
»Ich sollte mich also auf einen Large Hadron Collider oder sein magisches Äquivalent gefasst machen.«
»Nun mal schön langsam«, bremste sie Pouncy. »Einen Schritt nach dem anderen. Zunächst mal boosten wir dich hoch auf Level hundertfünfzig. Und dann werden wir weitersehen.«
Es stellte sich heraus, dass das Haus in Murs in gewisser Weise ein Spross der Safehouses war. Die Szene fungierte als Filter: Sie siebte eine Handvoll ziemlich ungewöhnlicher Leute aus, lockte sie aus dem Alltag heraus in die Safehouses und setzte ihnen Magie vor. Murs filterte das Filtrat, destillierte es doppelt. Die meisten Mitglieder der magischen Szene chillten zufrieden in den Safehouses und amüsierten sich mit den Ringordnern. Für sie war es ein sozialer Event, und ihnen gefiel es, ein Doppelleben zu führen. Sie waren hinter den Schleier geschlüpft und erfreuten sich daran, ein Geheimnis zu haben. Das brauchten sie, mehr aber auch nicht.
Manche Leute jedoch, einige wenige, gaben sich damit nicht zufrieden. Ihnen bedeutete die Magie weit mehr, sie war ihnen ein lebenswichtiges Grundbedürfnis. Nicht sie hatten ein Geheimnis, sondern das Geheimnis hatte sie im Griff. Sie wollten mehr. Sie wollten den Schleier hinter dem Schleier durchdringen. Sie amüsierten sich nicht, sie lernten. Und wenn sie alles erreicht hatten, was es in der Safehouse-Szene zu lernen gab, bohrten sie so lange nach, bis ihnen jemand eine neue Tür öffnete.
So gelangten sie nach Murs. Pouncy und seine Gruppe schöpften die Sahne der Safehouses ab und brachten sie hierher.
Das Leben in Murs war angenehm, jedenfalls am Anfang. Es gab einen Wohn- und einen Arbeitstrakt. Julia erhielt ein wunderschönes Zimmer mit hoher Decke, breiten Bodendielen und einem Fenster mit dem champagnerfarbenen Lichteinfall der Provence, vor dem gestreifte Gardinen hingen. Kochen und Putzen übernahmen alle gemeinsam, jedoch unterstützt von zahlreichen Zaubertricks, die ihnen die Arbeit erleichterten. Es war ein erstaunlicher Anblick, wenn die Fußböden den Schmutz abstießen und zu kleinen Häufchen türmten wie Eisenspäne in einem Magnetfeld. Und das Ergebnis war erstklassig.
Die anderen empfingen Julia nicht gerade mit offenen Armen. So waren sie einfach nicht gestrickt. Doch es herrschte gegenseitiger Respekt. Julia war darauf vorbereitet, sich erneut zu beweisen, denn in ihrem bisherigen Leben hatte sie sich etwa alle sechs Monate einer neuen Gruppe von Idioten beweisen müssen. Ja, sie würde zeigen müssen, was in ihr steckte, aber keiner übte Druck auf sie aus. Fürs Erste hatte sie die Prüfungen überstanden. Die Reise hierher war die Prüfung gewesen, und sie war angekommen. Sie war drin.
Murs war nicht Brakebills. Es war besser. Julia hatte das Gefühl, endlich gewonnen zu haben – mit Hängen und Würgen, aber sie hatte es geschafft.
In Murs wusste man von Brakebills. Nicht viel, aber immerhin. Die Einstellung gegenüber dem offiziellen Zaubercollege war jedoch absolut snobistisch. Ach, wie nett: ein hygienischer Laufstall auf Sicherheitsrollen für diejenigen, die
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