Fillory - Der König der Zauberer: Roman (German Edition)
gewöhnte.
Und ihnen verzieh.
»Wann hattet ihr vor, mich einzuweihen?«, fragte sie, als sie sich mit großen Gläsern eines einheimischen Rotweins um den stylischen Tisch aus antikem Holz auf der Steinterrasse hinter dem Haus versammelt hatten. Ein Swimmingpool glitzerte in der Spätnachmittagssonne. Es war wie in einer Zigarettenreklame.
»Das möchte ich wirklich gerne wissen! Ihr wart die ganze Zeit hier, habt gezaubert, artgerecht produzierte Entenleber gefuttert und Gott weiß was sonst noch und habt mir kein Sterbenswörtchen davon verraten? Stattdessen habt ihr mich einer Prüfung unterzogen! Der aberhundertsten verdammten Prüfung! Als hätte ich in meinem Leben nicht schon genug Prüfungen abgelegt!«
Ärgerlicherweise lief ihr eine Träne die Wange hinunter. Sie schlug mit der flachen Hand danach wie nach einer Mücke.
»Julia.« Man spürte fast die Vibrationen, wenn Falstaff sprach, so tief war seine Stimme. Er brachte praktisch das Besteck zum Klappern.
»Es tut uns leid«, sagte Aschmodai schwesterlich. »Aber wir haben das alle durchgemacht.«
»Glaub mir: Dich in diesem Safehouse in Bed-Stuy zu wissen war uns alles andere als angenehm.« Pouncy stellte sein Weinglas beiseite. »Aber überleg doch mal. Als du dich bei FTB nicht mehr gemeldet hast, war uns ziemlich klar, dass du dich der magischen Szene angeschlossen hattest. Deswegen haben wir abgewartet. Wir haben dir Zeit gelassen, erst mal Fuß zu fassen, das nötige Basiswissen und den ganzen anderen Anfängerkram zu erlernen, die Fingerpositionen zu üben und die wichtigsten Sprachgruppen zu erforschen. Wir mussten herausfinden, ob du geeignet bist oder nicht.«
»Vielen herzlichen Dank. Wie rücksichtsvoll von euch.«
So lange Zeit war sie in der Wildnis umhergeirrt und hatte sich gefragt, ob da draußen irgendetwas war, und sie hatten die ganze Zeit hier gesessen und sie beobachtet! Zittrig atmete Julia ein. »Ihr könnt euch nicht vorstellen, was ich durchgemacht habe!«
»Doch, wir wissen es«, entgegnete Falstaff.
Julia sah sie an, wie sie an ihrem Wein nippten, einem eleganten Côte du Rhône, so dunkel, dass er fast schwarz aussah, und sich in dem goldenen Licht eines Merchant-Ivory-Films räkelten. Das Haus war von vernachlässigten Heuwiesen umgeben, die Schall zu schlucken schienen und sie in einem Meer der Stille treiben ließen.
»Du hast deinen Preis bezahlt«, sagte Pouncy. »Nenn es einen Initiationsritus, wenn du willst.«
»Nein, seien wir doch ehrlich«, entgegnete Julia. »Ihr habt mich auf die Probe gestellt. Für wen haltet ihr euch? Dass ihr euch herausnehmt, mich zu prüfen?«
»Ja, verdammt nochmal, wir haben dich geprüft!«, erwiderte Pouncy entnervt, aber aufgesetzt und wohlwollend. »Du hättest dasselbe mit uns getan! Ja, wir haben dich auf Herz und Nieren geprüft, aber nicht, weil wir deine Intelligenz testen wollten. Dass du intelligent bist, wissen wir. Du bist absolut genial, obwohl Iris behauptet, dein Altkirchenslawisch sei unter aller Kanone. Aber wir mussten wissen, ob du wirklich hierhergehörst. Es wäre falsch gewesen, wenn du nur gekommen wärst, um mit uns Spielchen zu spielen. Es hätte nicht gereicht, dass du eine enge Beziehung zu uns hast. Du musstest auch die Magie lieben.«
»Wir haben das alle durchgemacht, Julia«, wiederholte Aschmodai. »Jeder Einzelne hier, und wir alle waren stinksauer, als wir die Wahrheit erfahren haben. Aber wir sind alle darüber hinweggekommen.«
Julia schnaubte. »Wie alt bist du? Siebzehn? Und du willst mir erzählen, dass du einen hohen Preis gezahlt hast?«
»Ich habe bezahlt, Julia«, erwiderte Aschmodai ruhig, herausfordernd.
»Um deine Frage zu beantworten«, fiel Pouncy ein, »für wen wir uns halten. Wir sind wir. Und du bist jetzt eine von uns, und wir freuen uns wirklich, dich bei uns zu haben. Aber wir dürfen eben kein Risiko eingehen.« Er legte eine dramatische Pause ein. »Es steht zu viel auf dem Spiel.«
Julia verschränkte wütend die Arme, so wütend sie konnte jedenfalls, um den anderen nicht den Eindruck zu vermitteln, sie vergebe ihnen vollkommen. Dabei platzte sie fast vor Neugier! Sie wollte unbedingt wissen, was für ein Ort das hier war und was die anderen vorhatten. Sie wollte in ihr Spiel eingeweiht werden und mitmachen.
»Wem gehört das Haus eigentlich?«, fragte sie. »Wer finanziert das alles?«
In das Projekt floss offensichtlich sehr viel Geld. Sie hatte danebengestanden, als Pouncy die Leihwagenfirma angerufen und
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