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Fillory - Der König der Zauberer: Roman (German Edition)

Fillory - Der König der Zauberer: Roman (German Edition)

Titel: Fillory - Der König der Zauberer: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lev Grossman
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gewöhnt war, vorsichtig ausgedrückt. In ihren Augen sah das alles wie ein Haufen Gerümpel aus. Aber wer konnte sich dessen sicher sein, ohne es nachgeprüft zu haben? Vielleicht war das die robuste Industrieware, der harte Stahl, das magische Äquivalent zum Large Hadron Collider. Man konnte es nicht ausschließen, solange man die Möglichkeit nicht ausgeschlossen hatte. Oder?
    Also engagierte sich auch Julia beim Projekt Ganymed und stürzte sich nach alter Nerd-Manier auf ihre Aufgaben: Sie schnitt und würfelte, organisierte und erstellte Spreadsheets, stellte Checklisten auf und checkte, was das Zeug hielt. Die Zauberer von Murs psalmodierten, tranken, opferten, fasteten, badeten, bemalten sich die Gesichter, zogen die Sterne zu Rate und schnüffelten seltsame Dämpfe brodelnder Tränke.
    Manchmal war es schwer auszuhalten, wenn die ernsthafte, schlaksige Gummidgy nach dem Genuss von Peyote heulte und über ihre eigenen Füße stolperte, oben ohne und in voller Kriegsbemalung, aber so sah, wie Pouncy betonte, im Rahmen ihrer derzeitigen Studien wahrer Einsatz eben aus. (Aschmodai schwor im Flüsterton, griemelnd vor unterdrückter Albernheit, dass Pouncy und Gummidgy heimlich bacchantische Rituale vollführten, doch falls sie einen Beweis dafür hatte, lieferte sie ihn Julia nicht.) Sie mussten herausfinden, ob sich hinter diesem ganzen konfusen Quatsch magische Techniken verbargen, denn falls sie recht hatten, würden diese womöglich das Zeug in den Ringordnern wie Bar-Mizwa-Hokuspokus aussehen lassen.
    Zu dem Zeitpunkt, als sich Julia dem Projekt Ganymed anschloss, hatte Pouncy an Resultaten noch nicht viel vorzuweisen, doch er hatte genug gesehen, um zu hoffen, dass es keine völlige Zeitverschwendung war. Offenbar hatte Iris neulich Abend eine neue Transkription eines alten sumerischen Psalms ausprobiert, und daraufhin war eine Art Insektenschwarm – kein anderes Wort schien treffender – aus ihrem Mund gekommen. Er schwebte für einen Augenblick mitten im Raum, zornig summend, dann zerbrach eine Fensterscheibe, und der Schwarm verschwand. Danach konnte Iris zwei Tage lang nicht sprechen. Der Schwarm hatte beim Rausfliegen ihren Hals verbrannt.
    Und es gab noch andere Hinweise, vereinzelte Manifestationen, die sie bisher nicht einordnen konnten. Objekte, die sich von allein bewegten, zerbrechende Gläser und klappernde Töpfe. Dann die unsichtbaren Riesenschritte, die Julia aufgeweckt hatten. Fiberpunk – der kleine dicke Metamagier – hatte drei Tage lang gefastet und meditiert und schwor, er habe am Morgen des vierten Tages eine Hand in einem Sonnenstrahl gesehen, die hinuntergereicht und sein rundliches Gesicht mit ihren heißen Fingern berührt habe.
    Doch niemand konnte diese Phänomene je wiederholen. Das war frustrierend. Auch die Magie folgte keinen strikten Koordinaten, aber im Vergleich zu ihr war die Religion ein einziges Chaos, ein riesiger Schutthaufen. Natürlich war sie streng ritualisiert, formalisiert und codifiziert, aber die Rituale lieferten keine festen, reproduzierbaren Resultate. Für die Magie galt: Wenn man einen Zauber erlernt hatte und ihn richtig anwendete, ohne allzu müde zu sein, dann funktionierte er unter den annähernd gleichen äußeren Umständen ziemlich zuverlässig. Doch dieser religiöse Humbug lieferte keine vernünftigen Informationen. Pouncy war überzeugt, dass sie nur tief genug bohren und die zugrundeliegenden Strukturen zergliedern mussten, um die Grundlage für eine vollkommen neue und radikal mächtigere Magie zu finden. Doch je tiefer sie bohrten, desto chaotischer und unstrukturierter wurde das Ganze. Manchmal hatten sie das Gefühl, auf der anderen Seite befände sich eine kapriziöse, boshafte Präsenz, die willkürlich Knöpfe drückte und Hebel betätigte, nur um sie zu ärgern.
    Pouncy besaß die Geduld, um abzuwarten, bis sich das Chaos lichtete und die Muster zutage tragen, aber Pouncy war auch etwas Besonderes. Während er und seine Anhänger also über heiligen Texten brüteten und Festplatte nach Festplatte mit chaotischen Pseudodaten fütterten, führte Aschmodai eine kleinere Gruppe hinaus ins Feld, auf der Suche nach einer Abkürzung. Genauer gesagt: Sie suchte nach einem lebenden Wesen.
    Pouncy war nicht begeistert, als er von Aschmodais Splittergruppe erfuhr, aber sie behauptete sich ihm gegenüber mit der eisigen Standhaftigkeit einer siebzehnjährigen Vizefirmenchefin. Wie jeder wisse, so erklärte sie, lebe auf der Erde eine

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