Filmwissen
(Metro-Goldwyn-Mayer) eintrat, dem Goldwyn selbst nicht mehr angehörte. Diese wechselvollen Verhandlungen wirkten sich natürlich auch auf die Dreharbeiten aus, die dann drei Jahre währen sollten. Die Regisseure Rex Ingram und George Brabin wurden nacheinander ebenso entlassen wie der Star George Walsh; alles bisher gedrehte Material wurde vernichtet. MGM übertrug die Hauptregie nun Fred Niblo (Federico Nobile, 1874–1948). Und mit dem Mexikaner Ramon Novarro (Ramon Samaniegos, 1899–1968) wollte man dem Paramount-Star Rudolph Valentino ein anderes romantisches Idol entgegensetzen.
Gedreht wurde zunächst in Italien, wo man auf dem Gebiet des historischen Monumentalfilms große Erfahrung hatte. Nun betrieben die Amerikaner hier mit viel Geld ein Unternehmen, das die italienische Filmproduktion inmitten politischer Wirren total ruinierte. Man okkupierte fast alle Produktionsstätten und verdarb mit Höchstgagen die Preise.
Die große Seeschlacht wurde bei Livorno gedreht. Dazu hatte man anderthalb Jahre lang eine römische Flotte und Golthars Piratengaleeren – 100 Triremen mit Segeln und dreifachen Ruderbänken – nachbauen lassen, um sie dann mit Hilfe von hochbezahlten Matrosenstatisten wirkungsvoll brennend zu vernichten. Die teils farbigen Massenszenen in Jerusalem, Antiochia und in der Wüste entstanden in der Nähe von Rom. Tragische Unglücksfälle und ein sich zu schnell erschöpfender Etat bewogen MGM zum Abbruch der Dreharbeiten in Italien. Man war überzeugt, in Los Angeles billiger arbeiten zu können, und ließ den gigantischen Circus Maximus von Antiochia noch einmal unter der Leitung des Architekten und Archäologen Horace Jackson nachbauen, und zwar so, dass die Arena durch eine exzellente Tricktechnik sogar noch größer wirken konnte.
Ohne Tricks inszenierte dagegen B. Reeves Eason (1886–1956) in prunkvoller Ausstattung (Cedric Gibbons) mit 12.000 Statisten und zwölf Quadrigen das im wahrsten Sinn des Wortes mörderische Wagenrennen über sieben Runden und ließ es von 42 Kameras – aus eingebauten Unterständen, auf Automobilen und von einem Flugzeug aus – verfolgen, bis hin zum unvorhergesehenen Sturz des korinthischen Wagens, durch den vier Pferde starben und andere Quadrigen ebenfalls verunglückten. Ein Wettkampf von gigantischen Ausmaßen auf 16.000 Meter Film. Selbst das mit modernsten Techniken gedrehte Wagenrennen in der Neuverfilmung von 1959 reicht in vielen Details kaum an dieses Stummfilmereignis heran.»
Ben Hur enthielt 15 Minuten Film in Farbe, und das übrige Material hatte man monochromatisch viragiert (in dieser, der ursprünglichen Intention entsprechenden Form musste der Film von der ZDF-Filmredaktion erst in mühsamer Arbeit und nach Recherchen in allen Filmarchiven der Welt rekonstruiert werden). Der Monumentalfilm trägt diese Bezeichnung zu Recht also nicht nur wegen der Monumentalität dessen, was er abbildet: eine antike Welt, deren Glanz, deren gigantische Technik und Organisation sich entfaltet, ohne in jedem Fall sich ganz auf rationale Beweggründe zurückführen zu lassen. Die Abenteuerlichkeit des Monumentalfilms entsteht auch aus dem «Überfluss», den die antike Kultur nach Meinung der Autoren und Regisseure zur Schau stellt; schon weil alles größer und beladener ist, als es eigentlich sein müsste, wird sich hier das Abenteuer ereignen.
Die Handlung des Films hält sich ziemlich genau an die literarische Vorlage: Es ist die Zeit, da sich die Kunde vom Wirken Christi in den von den Römern besetzten Gebieten um Palästina verbreitet. In Jerusalem wird dem Prokurator Gratus ein triumphaler Empfang bereitet. Juda Ben Hur (Ramon Novarro) begrüßt aus seinem Gefolge als alten Freund den römischen Hauptmann Messala (Francis X. Bushman) in seinem Haus; es stellt sieh jedoch heraus, dass diesem die Zugehörigkeit zur römischen Macht mehr bedeutet als die Freundschaft. Bei dem großen Triumphzug löst sich vom Haus der Familie Hur ein Ziegel und trifft Gratus. Messala deutet dies als Attentat und lässt die Witwe Hur sowie die Tochter Tirzah in den Kerker sperren. Ben Hur wird auf eine römische Galeere gebracht, wo er mit vielen anderen als Rudersklave dient. Was ihn trotz aller Qualen und Entbehrungen am Leben erhält, ist der Hass auf Messala und sein Wunsch nach Rache. Nachdem die Galeere bei einem Kampf mit Piraten versenkt worden ist, rettet Ben Hur dem römischen Admiral Arrius (Frank Currier) das Leben, da dieser als einziger ihn menschlich
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