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Filzengraben

Filzengraben

Titel: Filzengraben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Reategui
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würde spät werden. Auf dem Fenstersims standen Leuchter, die Magd hatte Kerzen bereitgelegt. Der rotbraune Fleck in Annas linkem Auge verwirrte ihn. Er versuchte, dem Bürgerhauptmann zuzuhören, der von der Festnahme Diedrich von Merzens durch den Gewaltdiener berichtete. Noch mitten in der Nacht hätten sie ihn aus dem Bett gezerrt und im Frankenturm eingelocht. Zwar habe der Mensch Zeter und Mordio geschrien und alles geleugnet. Aber als sie Kastert zu ihm in die Zelle warfen, sei er stumm geworden wie ein toter Fisch.
    Â»Vielleicht bringen sie sich ja gegenseitig um«, ließ sich Resa vorwitzig vom Tischende her vernehmen.
    Â»Das würde dem Henker viel Arbeit ersparen.« Simon Kall nickte ihr zu. »Am nächsten Morgen hat er alles gestanden«, verkündete er stolz und suchte Resas Augen.
    Merckenich legte die Hand auf Annas Arm und flüsterte ihr etwas ins Ohr, worauf sie den Kopf schüttelte.
    Â»Schlimm wäre es gewesen, wenn ich ihn wirklich geheiratet hätte«, hörte Giacomo sie antworten.
    Â»Wir waren alle blind«, stellte Dalmonte nüchtern fest.
    Â»Von Merzen selbst am allermeisten. Blind vor Hass und Neid auf Menschen, die erfolgreicher sind als er.« Der Ratsherr langte genießerisch nach seinem Wein. Gottfried Thelen habe ihn am Nachmittag aufgesucht, erzählte er. Nachdem er von den Ereignissen gehört hatte.
    Â»In dieser Stadt bleibt nichts lange geheim«, stichelte er.
    Von Merzen habe, laut Thelen, eine unbeschreibliche Wut auf die italienischen Spediteure entlang des Rheins gehabt.
    Â»Tatsächlich soll er kaum noch Geld gehabt haben, aber nicht weil die anderen Spediteure ihm das Geschäft verdarben, wie er ständig behauptete, sondern weil er faul war. Er ist selten vor Mittag aufgestanden und verbrachte seine Tage am liebsten in Spielhöllen, Kaffeehäusern und in Lokalitäten, die ich mit Rücksicht auf die anwesenden Damen nicht beim Namen nennen möchte.«
    Merckenich stand kurz auf und verbeugte sich vor Frau Gertrude und Anna, dann setzte er sich wieder, füllte seinen Weinbecher nach und redete weiter.
    Â»Der Streit zwischen dir, mein lieber Dalmonte, und Farina wegen Feminis war ihm gerade recht gekommen. Er nützte ihn rücksichtslos aus für seine Zwecke. Bis zum vollständigen Ruin blieb ihm auch nicht mehr viel Zeit. Zuerst befahl er seinen Männern, dich zu beklauen, einfach nur um deine Kunden zu verunsichern. Zungenfertig, wie er ist, war es ihm dann ein Leichtes gewesen, sie abzuwerben. Dass zur selben Zeit andere Diebe die Stadt unsicher machten, wundervoll! Etwas Besseres konnte ihm gar nicht passieren. Als er Anna kennenlernte, kam ihm die Idee, sich deinen ganzen Handel einzuverleiben. Wir wissen, wie er sich das vorgestellt hatte.«
    Â»Entweder war er in einem unerträglichen Maß von sich überzeugt, oder er fühlte sich in seinem tiefsten Innern klein und minderwertig.«
    Â»Vielleicht von beidem etwas. Eine ungesunde Mischung …«, bestätigte Merckenich. Der Bürgerhauptmann fiel dem Ratsherrn fast ins Wort, was dieser aber angesichts der vorgerückten Stunde und des vielen Weins, den sie alle schon getrunken hatten, nicht übel nahm.
    Â»Sie hätten Cettini nicht töten wollen, behauptet Kastert. Es sollte nur wie eine Rache Farinas aussehen. Und dann sei er unglücklich gestürzt. Sagt Kastert.«
    Â»Und Moritz war wahrscheinlich auch nur ein Unglücksfall«, bemerkte Anna bitter.
    Â»Er war ihnen im Weg«, bestätigte Kall.
    Â»Und wo ist der zweite Mann, dieser Zündorfer?«
    Â»Keine Ahnung. Weg. Wahrscheinlich längst über alle Berge, dorthin, wo die Kölner Gerichtsbarkeit keine Befugnisse mehr hat.«
    Sie schwiegen, jeder hing seinen Gedanken nach. Hin und wieder schmatzte jemand. Ein Löffel kratzte über den Teller.
    Â»Und den Dottore wollte von Merzen sich kaufen, um mit dem billigen Aqua mirabilis viel Geld zu machen und gleichzeitig Farina eins auszuwischen. Damit hätte er einen weiteren lombardischen Kaufmann vernichtet.« Giacomo sprach so leise, dass die, die am Ende des Tisches saßen, ihn kaum verstanden hatten.
    Â»Wer ist der Dottore?«, fragte Matthias, aber niemand klärte ihn auf.
    Â»Und wo ist er jetzt, dieser Dottore?«, erkundigte sich Anna.
    Simon Kall kratzte sich verlegen am Kopf.
    Â»Da sind wir leider zu spät gekommen. Wir haben viel Zeit verloren, das

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