Filzengraben
keine Nacht, sofern er
sie nicht im eigenen Bett verbrachte oder in den Armen einer Kurtisane.
Missmutig schaute er hinter sich und kniff die Augen zusammen, um
sich zu vergewissern, dass niemand ihnen gefolgt war.
Ein Schatten huschte unter den Bäumen hindurch.
Heinrich fuhr der Schreck so sehr in die Glieder, dass er an sich
halten musste, um seinem Pferd nicht die Fersen zu geben. Seine Kehle war
plötzlich unangenehm trocken.
»Mathias â«
»Was?«
»Da ist etwas.«
Mathias war im Nu auf den Beinen und spähte in dieselbe Richtung.
»Ich kann nichts erkennen.«
»Aber es war da.«
»Hm. Vielleicht hat Euch der tiefe Wunsch nach Kampf und Heldentaten
einen Feind sehen lassen. Manchmal sollen hier auch Hexen â«
»Macht jetzt keine Witze. Da, seht!«
Im Dunkeln tauchten zwei schwach glimmende gelbe Punkte auf und
kamen langsam näher. Etwas hob sich kaum wahrnehmbar gegen das dunkle Unterholz
ab, noch schwärzer als schwarz, drehte einen massigen Schädel.
Es beobachtete sie.
»Der Teufel«, entsetzte sich Heinrich. Seine Rechte tastete fahrig
nach dem Schwertgriff und verfehlte ihn.
»Unsinn.« Mathias hielt die Fackel vor sich und trat einen Schritt
auf den Waldrand zu.
»Seid Ihr von Sinnen? Kommt zurück, um Gottes willen.«
Mathias ging in die Hocke, um besser sehen zu können. Die Punkte
verschwanden so schnell, wie sie aufgetaucht waren.
»Ein Wolf«, konstatierte er.
»Ein Wolf?« Heinrich schnappte nach Luft. »Was tun Wölfe so nah bei
der Stadt?«
»Sie kommen, um zu jagen«, sagte jemand.
Beide fuhren herum. Dort, wo Mathias gesessen hatte, stand ein hoch
gewachsener Mann. Ãppiges blondes Haar fiel über seine Schultern und lockte
sich fast bis zur Taille. Sein Umhang war schwarz wie die Nacht. Keiner hatte
ihn herantreten hören.
Mathias kniff die Augen zusammen.
»Urquhart, vermute ich?«
Der Blonde neigte leicht den Kopf.
Heinrich saà wie zur Salzsäule erstarrt auf seinem Pferd und
begaffte den Ankömmling mit offenem Mund. Mathias sah geringschätzig zu ihm
hoch.
»Ihr könnt jetzt absteigen, edler Herr und Ritter, reich an Jahren
und Todesmut«, höhnte er.
Ein Zucken ging durch Heinrichs Gesichtszüge. Er schloss mit einem
Klacken die Kiefer und rutschte mehr aus dem Sattel, als dass er stieg.
»Setzen wir uns«, schlug Mathias vor.
Sie lieÃen sich ein Stück von den Pferden entfernt nieder. Heinrich
fand die Sprache wieder, straffte sich und setzte eine würdige Miene auf.
»Wir hörten Euch nicht kommen«, sagte er nörgelig.
»Natürlich nicht.« Urquhart entblöÃte zwei makellose Reihen
weiÃschimmernder Zähne. »Ihr hattet genug mit Eurem Wolf zu tun. Wölfe sind
schnell zur Stelle, wenn man sie ruft, war Euch das nicht bekannt?«
»Wovon redet Ihr?«, fragte Mathias mit einem Stirnrunzeln. »Niemand
ist so verrückt, Wölfe herbeizurufen.«
Urquhart lächelte unergründlich.
»Ihr habt vermutlich Recht. Am Ende war es nur ein Hund, der Euch
mehr fürchtete als Ihr ihn. Falls Euch das beruhigt«, fügte er höflich an
Heinrich gewandt hinzu.
Heinrich starrte zu Boden und begann, Grashalme auszurupfen.
»Wo ist Euer Pferd?«, forschte Mathias.
»In Reichweite«, sagte Urquhart. »Ich werde es in der Stadt nicht
brauchen.«
»Täuscht Euch nicht. Köln ist gröÃer als die meisten Städte.«
»Und ich bin schneller als die meisten Pferde.«
Mathias betrachtete ihn abschätzend. »Soll mir recht sein. Der Graf
von Jülich hat mit Euch über den Preis gesprochen?«
Urquhart nickte. »Wilhelm erwähnte tausend Silbermark. Ich halte das
für angemessen.«
»Wir erhöhen unser Angebot«, sagte Mathias. »Eure Aufgabe hat sich
erweitert. Doppelte Arbeit.«
»Gut. Dreifacher Lohn.«
»Das halte ich für unangemessen.«
»Und ich halte mangelnde Präzisierung für unangemessen. Wir
feilschen hier nicht um Handelswaren. Dreifacher Lohn.«
»Seid Ihr das überhaupt wert?«, fragte Heinrich scharf.
Urquhart sah ihn eine Weile an. Seine Mundwinkel zuckten in milder
Belustigung. Dann hob er die buschigen Brauen.
»Ja.«
»Also gut«, nickte Mathias. »Dreifacher Lohn.«
»Was?«, begehrte Heinrich auf. »Aber Ihr habt doch eben noch selber
â«
»Es bleibt dabei.
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