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Filzengraben

Filzengraben

Titel: Filzengraben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Reategui
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bedrohliche Schärfe nicht zu überhören war.
    Giacomo atmete die kalte Nachtluft ein. Das Essen war nicht so schlecht gewesen, wie Tilman es prophezeit hatte. Auch das Bier hatte geschmeckt. Besser als das Gesöff, das Cristina ihm vorgesetzt hatte. Griet hatte ihn freundlich begrüßt, als er nach dem Besuch beim Dottore aufgetaucht war.
    Man kann sich seine Arbeit nicht aussuchen, dachte er. Er saß auf einem Holzklotz vor seinem Verschlag und starrte Löcher in die Dunkelheit. Tilmans Latrinen kamen ihm in den Sinn. Er stand auf und pinkelte gegen den einzigen dürren Baum, der den Hof zierte. Irgendwo sangen Frauen, ein Säugling kreischte. Dann glaubte er, Cristina zu hören, ein Mann schien ihr zu antworten, aber es war nicht die Stimme des Römers. Vielleicht war der andere bei ihr, der mit dem Messer? Der Dottore hatte ihn einen Bastard geschimpft, vom Akzent her musste er von hier aus der Gegend sein.
    Das waren keine Zwiebeln dort im Garten, dachte Giacomo, aber er hatte keine Ahnung, was es gewesen sein könnte. Die Schösslinge waren noch nicht groß genug, als dass er irgendetwas hätte erkennen können. Dann roch er wieder diesen Duft, den er unter der Tür der Hütte wahrgenommen hatte. Er schloss die Augen und drehte langsam den Kopf nach rechts und links. Vorsichtig atmete er ein. Nichts. Um ihn herum nur harte Erde, feuchtes Holz, eine Katze, die miauend um seine Beine strich. Aber der Duft war noch immer da. Er war in seiner Nase. Er kam aus seiner Erinnerung. Er legte sich sogar über das Rußgedächtnis.

SIEBEN
    Als Dalmonte die »Vulle Kanne« im Quatermarkt betrat, wo er sich mit Paul Merckenich verabredet hatte, waren die meisten Tische besetzt. Die Mägde flitzten hin und her, schleppten Krüge mit Bier und Wein, trugen Suppen, Braten und Brot auf, und der Wirt rieb sich die Hände. Es war ein offenes Geheimnis, dass er diese sprudelnde Geldquelle in erster Linie seinem Vetter Henrich, Weinhändler, Ratsherr und Bannerherr der Gaffel Himmelreich, verdankte. Aber er zeigte sich erkenntlich. Nicht nur, dass er alle seine Weine, die zugegebenermaßen vorzüglich und einer Schenke in der Nähe des Rathauses würdig waren, von seinem lieben Verwandten bezog. Er wartete auch an den Sitzungstagen des Rats mit dem Besten auf, was Fisch- und Fleischmarkt zu bieten hatten, und ging mit immer gleichbleibendem Lächeln auf die absonderlichsten Wünsche ein, um die die Stadtväter ihn ersuchten. Selbst wenn er sie möglicherweise erst beim nächsten oder übernächsten Mal würde erfüllen können. Und er ließ es sich nicht nehmen, den Bürgermeistern und Ratsherren am Ende eines feucht-fröhlichen Abends höchstpersönlich die letzte Runde Wein oder Bier zu bringen, auf Kosten des Hauses selbstverständlich, was stets mit freundlichem Applaus belohnt wurde. Dafür fiel für andere Gäste die Suppe dünner aus, war das Stück Schweinebraten kleiner und der Wein allzu wässrig. Aber niemand beschwerte sich, denn wer hierherkam, kam in der Hoffnung, den hohen Herren ein höchst dringliches Anliegen vortragen zu können. Und dafür war man bereit, fast jeden Preis zu zahlen.
    Merckenich winkte dem Spediteur von seinem Platz aus zu und deutete auf den letzten freien Platz neben sich. Mit ihm am Tisch saßen Peter Bürvenich, Gernot Wittmann und noch einige andere Ratsherren, die in einer Lautstärke miteinander stritten, die kaum zu überbieten war.
    Merckenich wirkte müde. Der Tag sei lang gewesen, klagte er, und zum allgemeinen Verdruss sei kurz vor Ende der Ratssitzung noch ein Streit darüber entflammt, ob die Stadt im Leinenkaufhaus am Alter Markt einen Prunksaal einrichten solle oder nicht. Einige Ratsherren hätten den Vorschlag überschwänglich begrüßt, andere wetterten gegen die ihrer Meinung nach unnötige Geldverschwendung.
    Auch der vorzügliche Braten des Kannenwirts hatte die Gemüter nicht beruhigen können.
    Â»Wir sind eine freie Reichsstadt. Wozu brauchen wir ein Schloss?«, polterte Ratsherr Beiwegh und langte mit dem Messer über den Tisch, um ein zweites Stück Fleisch aufzuspießen.
    Â»Ein Schloss? Du übertreibst mal wieder maßlos«, schnauzte Wittmann zurück. »Warum soll sich die Stadt nicht einen einzigen Raum für würdevolle Empfänge leisten?«
    Â»Du willst ja nur den Bauauftrag bekommen«, rief

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