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Filzengraben

Filzengraben

Titel: Filzengraben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Reategui
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Krämern, Maurern, Steinmetzen oder Kaminkehrern von jenseits der Alpen, wie hinter vorgehaltener Hand getuschelt wurde! In Köln, Mainz und Frankfurt wetterten die einheimischen Geschäftsleute gegen die Konkurrenz, die städtischen Räte stritten und erließen neue Edikte, nur die Bürgermeister freuten sich im Stillen über die fleißigen Südländer, stockten sie doch mit ihren guten Abgaben die Rentkammern auf. Der Kurfürst stand ohnehin auf ihrer Seite. Im Übrigen gab es kaum noch jemanden, der auf die Waren und Dienste der Forestiers verzichten wollte. Ob es etwas nützen würde, dass Mainz und Köln die Vorschrift erlassen hatten, jeder Fremde, der in den beiden Kurstädten Handel treiben möchte, müsse sich ordnungsgemäß niederlassen und binnen Jahresfrist Frau und Kinder nachholen? Jawohl! Damit das Geld im Land bleibe!
    Â»Ach, Papier ist geduldig«, schnaubte Thelen. »Die geben doch vor, nicht verheiratet zu sein, und wenn sie dann alle zwei, drei Jahre nach Hause gehen, lachen sie sich schlapp über unsere Gesetze und machen ihren Weibern gleich wieder dicke Bäuche.«
    Es schmerzte Dalmonte, aber er konnte nicht umhin, dem Meckerer ein kleines bisschen recht zu geben. Leider waren nicht alle Leute, die vom Ausland hierherkamen, Unschuldsengel. Und wenn die Sache mit Farina erst einmal publik werden würde, hätten die Großschwätzer Oberwasser.
    Auch von Merzen mischte sich wieder ein. »Habt ihr sie schon mal unten am Hafen beobachtet, wie sie die Köpfe zusammenstecken? Ob Bürgerrecht oder nicht, sie bleiben immer Welsche. Auch Bianco.«
    Da hielt es Merckenich nicht mehr aus. Scharf fuhr er von Merzen über den Mund: »Laurenz Bianco lebt schon fast ein ganzes Leben in Köln, der ist mehr Kölner als du. Seit über dreißig Jahren hat er das große Bürgerrecht und ist Zunftmitglied. Hörst du, seit über dreißig Jahren. Und jetzt sag mir, seit wann darfst du dich Kölner Bürger nennen? Na?«
    Er hätte von Merzen beinah an der Halsbinde gepackt. Er beherrschte sich gerade noch einmal und schlug stattdessen erregt mit der Hand auf den Tisch.
    Â»Du sagst nichts? An deiner Stelle würde ich auch nichts sagen. Aber ich sage es dir. Seit genau fünf Jahren bist du Bürger, und im Rat bist du, weil dein Onkel dir den Ratssitz unter den Arsch geschoben hat. Verzeiht den derben Ausdruck, aber bei so viel Ignoranz finde ich keine vornehmeren Worte.«
    Merckenich griff nach seinem Becher, leerte ihn in einem Zug und knallte ihn auf den Tisch zurück.
    Â»Wir sind hier immer gut gefahren mit den Welschen, wie du sie nennst. Wenn ich allein an die Maurer denke! Guck dir doch die Schlamperei unserer eingesessenen Handwerker an! Ja, Wittmann, guck nicht so! Es ist doch so: Komm ich heut’ nicht, komm ich morgen. Hätten wir nicht ein paar Muratori aus den Alpen an der Hand gehabt, würde es noch heute in Sankt Maria Lyskirchen reinregnen. Unsere Leute sind doch selbst schuld, wenn sie morgens nicht aus den Betten kommen und dafür auch noch hohe Preise verlangen. Von den vielen hervorragenden Stuckateuren, die an unseren Fürstenhöfen arbeiten, oder gar von Baumeistern wie Frisoni oder Retti will ich gar nicht erst reden.«
    Merckenich war wütend wie selten. Selbst Dalmonte war über den Ausbruch seines Mitbruders überrascht. Victor Brückmann hatte die ganze Zeit eifrig genickt.
    Â»Ich weiß nicht, was du dafür bekommst, dass du die Welschen verteidigst«, erregte sich Thelen wieder. »Ich weiß nur, dass sie auf den Märkten und an den Haustüren alle möglichen Waren verkaufen, die sie nicht verkaufen dürfen. Dass sie sich über Verordnungen hinwegsetzen und uns ehrliche Kaufleute in den Ruin treiben.«
    Merckenich hohnlachte. »Euch ehrliche Kaufleute in den Ruin treiben! Ich glaub, ich hör nicht richtig. Soviel ich weiß, hast du doch gerade erst das Grundstück neben deinem Haus gekauft und bist dabei, neu zu bauen. Ein paar der Arbeiter sahen mir übrigens sehr südländisch aus, oder sollte ich mich getäuscht haben?«
    Thelen rutschte unruhig hin und her und wollte aufstehen, aber Merckenich hielt ihn fest.
    Â»Nein, bleib nur sitzen, ich will dich nicht ärgern. Mir ist es egal, wer für dich baut und wie viel du bezahlst. Und natürlich stimmt es, wenn du sagst, dass sie unsere Gesetze nicht immer

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