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Filzengraben

Filzengraben

Titel: Filzengraben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Reategui
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es nur wegen der ungewöhnlichen Arbeit zu so später Stunde. Sie stellte die dampfenden Tassen auf den Tisch.
    Als es heftig gegen die Haustür klopfte, glaubten sie zuerst an eine Sinnestäuschung. Bang standen die beiden Frauen am Esstisch und wagten nicht zu atmen. Aber der Lärm weckte auch Bonifaz, der nicht lange fackelte. Er schnellte hoch, packte die Schürstange, die neben der Herdstelle in einem Fass steckte, und stapfte zum Eingang. Anna und die Köchin folgten in gebührendem Abstand.
    Cettini war blutüberströmt gewesen, Giacomo sah unverletzt aus. Nur seine Haare hingen ihm wirr ins Gesicht, und die Kleider waren klitschnass, obwohl es den ganzen Tag nicht geregnet hatte.
    Bonifaz schaute fragend nach Anna und der Köchin. Die hob die Schultern, sie hatte diesen Menschen noch nie gesehen. Und Anna rührte sich nicht. War das die List, vor der sie Angst hatte? Wie sollte sie Gewissheit bekommen?
    Â»Lasst mich rein, bitte!«
    Endlich gab Anna nach. Giacomo schlüpfte durch die Tür und drückte sie sofort wieder hinter sich ins Schloss. Dann blieb er im Türrahmen stehen.
    Â»Es tut mir leid, dass ich euch Unannehmlichkeiten bereite, aber sie sind hinter mir her.«
    Â»Bring ihn in die Küche«, sagte Anna zur Köchin. »Lass ihn nicht aus den Augen«, setzte sie leise hinzu. »Und, Bonifaz, du weckst Matthias und Severin, sie sollen sich nicht blicken lassen, aber auf der Hut sein. Resa kann weiterschlafen.«
    Die Geschichte, die Giacomo erzählte, war so abenteuerlich, dass Anna sich im Stillen fragte, ob er ihnen nicht einen Bären aufband.
    Kurz vor Dunkelheit sei er von seiner Tour über die Märkte in die Spielmannsgasse zurückgekommen. »Die beiden Männer hatten schon auf mich gewartet. Übrigens weiß ich inzwischen, wie sie heißen. Der Wirt nannte den Langen mit dem seltsamen Gang Kastert und den anderen Zündorfer. Sie wollten die Tageseinnahmen aus meinen Verkäufen. Was sollte ich tun? Sie haben uns in der Hand. Ich bin froh, dass Ihr mein Geld habt. Ihr habt es doch noch?«, fragte er Anna. Sie beruhigte ihn. Johanna und Bonifaz verstanden überhaupt nichts. Sie würde ihnen die Zusammenhänge später erklären müssen.
    Dann wollten sie ihn zu dem Versteck bringen, wo sie die englische Seife lagerten, nach der er gefragt hatte. Er konnte schlecht Nein dazu sagen, aber der gemeinsame Gang hinunter zum Rhein entpuppte sich als Falle. Kurz vor dem Bayenturm lockten sie ihn auf einen im Wasser liegenden Nachen, rissen ihn zu Boden, fesselten ihn an Händen und Füßen und warfen ihn in den Fluss. Er hatte Glück im Unglück gehabt. In einem der Boote daneben hatte jemand geschlafen, jemand, der wie er keinen festen Wohnsitz hatte und durch das unruhige Geschaukele aufgewacht war.
    Â»Der hat mich zu packen gekriegt und irgendwie in sein Boot hineingehievt. Dass ich noch lebe, ist ein Wunder.« Giacomos Zähne schlugen aufeinander. Jetzt erst kam die Köchin mit Decken und befahl ihm, seine nassen Kleider auszuziehen. Anna drehte sich um und passte auf, dass die Milch überm Feuer nicht überlief. Die Köchin rührte noch einen dicken Löffel Honig hinein und stellte Giacomo den Becher hin.
    Â»Trink, du wirst dir sonst den Tod holen.«
    Â»Ich weiß nicht, ob Kastert und der Zündorfer sich sofort aus dem Staub gemacht haben oder ob sie gesehen haben, dass mich jemand aus dem Wasser gefischt hat.«
    Er trank in kleinen Schlucken, sein Gesicht begann zu glühen.
    Â»Ich habe zuerst im Boot eine Weile gewartet, in die Spielmannsgasse habe ich mich nicht mehr zurückgetraut. Also bin ich hierhergekommen.«
    Anna sagte nichts. Giacomo hatte Fieber. Seine Augen glänzten. Konnte man Fieber vortäuschen?
    Â»Diese Männer schrecken vor nichts zurück, und sie arbeiten für einen Menschen, der keine Skrupel kennt«, murmelte Giacomo noch. Dann sackte er zusammen, kippte fast vom Stuhl, die Köchin bekam ihn gerade noch zu fassen. Mit vereinten Kräften trugen sie ihn in eine Kammer im Hinterhaus, ein Stockwerk über der Knechtstube. Würde er aufstehen und den Raum verlassen, müssten Matthias und Severin ihn hören. Am Anfang schauten die Köchin und Anna fast jede halbe Stunde nach ihm und machten kalte Wadenwickel. Sein Körper glühte, im Schlaf redete er unverständliches Zeug. Erst allmählich wurde er ruhiger und schien in

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