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Final Cut - Etzold, V: Final Cut

Final Cut - Etzold, V: Final Cut

Titel: Final Cut - Etzold, V: Final Cut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veit Etzold
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um in deren Blut zu baden und dadurch ewige Jugend zu erlangen. Forscher sprachen von mehr als sechshundert Opfern, bis diese Mordfabrik schließlich aufgeflogen war.
    Niemand darf mich erwischen , schwor sich Vladimir. Ich werde Elisabeth das Blut und die Innereien opfern und hier auf diesem Altar für sie verbrennen.
    Er blickte auf die präparierte Leiche, die vor seinem inneren Auge noch einmal erschien, eingemauert in der Wandnische, der Körper ausgetrocknet und mumifiziert, die toten Augen starr zur Decke gerichtet. Er würde sie wieder hervorholen, wenn die Zeit gekommen war.
    Sie war fünfzehn, als sie starb.
    Fünfzehn Frauen werde ich ihr opfern.
    Ihr Blut, ihren Leib, ihr Leben.
    Und niemand wird mich fangen.
    Denn ich bin nicht Vladimir.
    Nicht mehr.
    Ich bin der Unsichtbare.
    Ich bin die Nacht.
    Das Andere.
    Das Fremde.
    Das Böse.
    Ich bin der Namenlose.
    In der Nacht schritt er über die Schwelle des Hauses und verschwand. Aus der Stadt, aus dem Land.
    Und wurde ein Teil der Nacht.
    Bis er wiederkehren würde, um sein Werk zu vollenden.

35.
    »Wir haben was!«
    Zehn Minuten waren vergangen.
    Das Erstaunen stand von Weinstein deutlich ins Gesicht geschrieben.
    Clara und MacDeath eilten in den Sektionssaal. Die Schädeldecke von Julia Schmidt war aufgesägt, das Gehirn lag in einer Metallschale. Von Weinstein hielt mit einer chirurgischen Zange irgendetwas in die Höhe, das voller Blut und Schleim war, etwas, was man dort niemals vermutet hätte, was in eine völlig andere Welt gehörte, nicht in einen geöffneten Schädel zwischen Hirngewebe und Schädelbasis.
    »Die Schädeldecke war unversehrt, das sieht man auch auf der Röntgenaufnahme«, sagte von Weinstein. »Nachdem der Mörder den Kopf abgetrennt hatte, hat er ihr diesen Gegenstand in die Nase gesteckt, dann wahrscheinlich einen Metallstab angesetzt und das Ding mit mehreren Hammerschlägen bis ins Hirn getrieben.« Er schüttelte den Kopf und schluckte. »Von außen nicht zu sehen. Und da er ihr vorher sämtliches Blut abgezapft hatte, kam kein Blut mehr aus der Nase.«
    Clara blinzelte, bemühte sich, ihre Gedanken zu ordnen, schaute dann auf den Gegenstand und versuchte, sich die blutigen, schleimigen Verkrustungen wegzudenken, von denen er umhüllt war. Dann schaute sie von Weinstein, MacDeath und dann noch einmal den Gegenstand an.
    »Das ist doch nicht etwa ein ...?«
    Von Weinstein nickte ein wenig resigniert.
    »Doch, ist es«, sagte er. »Ein USB-Stick.«

36.
    Nach über zwanzig Jahren war Vladimir zurückgekehrt, zurückgekehrt in das Haus der inzwischen verstorbenen ehemaligen Heimleiterin. Das Haus, in dem er Elisabeth eingemauert hatte. Das Haus, das heute nur noch als Materiallager für das Kinderheim diente. Es wurde kaum noch aufgesucht, bot aber die unschätzbaren Vorteile, über Strom- und Telefonanschluss zu verfügen.
    In der Folgezeit baute Vladimir den Keller für seine Zwecke aus, verwandelte ihn in ein digitales Purgatorium des Grauens. Nun hatte er das nötige Geld. Nun hatte er das Wissen. Das Wissen über eine neue Welt. Die Welt der Computer.
    Es war eine reine Welt, die von den grünlich schimmernden Monitoren in das dunkle Kellergewölbe schien, eine Welt aus Einsen und Nullen, klar und trennscharf wie mit einem Skalpell zurechtgeschnitten. Ohne Schmutz, ohne Leben, ohne Fleisch.
    Mit dem Entstehen des Internets hatten sich Vladimir die Möglichkeiten eröffnet, auf die er so lange gewartet hatte. Als dann die ersten Dating-Plattformen erschienen, konnte er endlich die Frauen finden, die Elisabeth am ähnlichsten sahen. Hier gab es Fotos und Beschreibungen; hier fanden sich Angaben, in welcher Stadt die Frauen wohnten. Hier konnte er sie auswählen, kontaktieren und mehr über sie herausfinden. Viel mehr – bis er irgendwann fast alles über sie wusste.
    Vladimir fand heraus, welche Männer auf den Dating-Plattformen am erfolgreichsten waren. Zu diesem Zweck hackte er sich in die Dating-Netzwerke ein und legte ein perfektes männliches Profil an. Am besten konnte er die Identität eines Anderen annehmen, wenn ihm von dem Betreffenden alles gehörte, auch dessen Leben. Und das war nur möglich, indem er die Männer tötete.
    Er hatte viel gelernt in seinem früheren Leben. Anfangs bemächtigte er sich der Bankkonten der Toten, bis sie leergeräumt waren. Später schrieb er ein Programm, das ihn stets mit genügend Barmitteln versorgte: Er überwies von den Konten der Toten Centbeträge auf unbekannte

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