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Final Cut - Etzold, V: Final Cut

Final Cut - Etzold, V: Final Cut

Titel: Final Cut - Etzold, V: Final Cut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veit Etzold
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Kontonummern. War die Überweisung erfolgreich, existierte das Konto. Dann richtete er vom Konto eines der Toten eine Lastschrift ein und zog von dem unbekannten Konto so viel Geld ein wie möglich. Anschließend ging er mit der EC-Karte des Toten zum Geldautomaten, vermummt, denn er wusste, dass die Automaten Kameras hatten, hob von verschiedenen Automaten in kurzen Abständen jeweils tausend Euro ab, bis er mit zehntausend Euro oder mehr in der Dunkelheit verschwand und schließlich das Laptop des Opfers verbrannte.
    Um seinen Plan zu verwirklichen, fünfzehn Frauen zu opfern, die wie Elisabeth aussahen, brauchte er Zeit. Niemand durfte merken, was er tat. Und niemand durfte die Opfer vermissen.
    Er schaute auf die mumifizierte Leiche seiner Schwester auf dem schwarzen Steinsarkophag, den er ihr errichtet hatte.
    Die alten Ägypter hatten geglaubt, die Toten müssten konserviert werden, damit sie im Jenseits weiterleben konnten. Es ging aber auch andersherum. Man konnte Tote auch mumifizieren, damit sie im Diesseits weiterleben. Zumindest virtuell. Dann würde niemand sie vermissen.
    Denn es gab eine andere, dunkle Seite der Gesellschaft. In diesem Fall nicht die dunkle Seite des Handelns – Mord und Totschlag, Missbrauch und Vergewaltigung –, sondern die dunkle Seite des Nicht-Handelns, der Teilnahmslosigkeit und Anonymität.
    Vladimir hatte sich in rechtsmedizinische und kriminologische Datenbanken eingehackt. Er hatte von Menschen gelesen, die fünf Jahre tot in ihrer Wohnung gelegen hatten, ohne dass es jemandem aufgefallen war. Menschen, die verfault und vertrocknet in ihren mit Müll und Fäkalien angefüllten Wohnungen einsam zu Tode kamen, angeknabbert von ihrem Haustier, das dann ebenfalls verhungerte und tot neben ihnen gefunden wurde.
    Zuerst kam die Leichenfäulnis, dann die Eintrocknung. Sekundäre Mumifizierung stand in den rechtsmedizinischen Gutachten. Vladimir hatte die Bilder gesehen.
    Diese Menschen interessierten niemanden. Sie lebten und starben einsam. Doch die Frauen, die Vladimir töten wollte, waren nicht einsam. Und wieder bot ihm die Technik eine Lösung. Die sozialen Netzwerke, über die Millionen Menschen kommunizierten. Vladimir tauchte ein in die Welt der Networks und Dating-Plattformen. Die »gewöhnlichen« heterosexuellen Plattformen und die ungewöhnlichen. Die Gay-Plattformen für jene Männer, die er als Marionetten benutzen wollte. Und die schlimmsten Seiten von allen, die Special-Interest-Seiten, wo es Menschen gab, die gequält oder gar getötet werden wollten, die selbst andere Menschen foltern, töten oder essen wollten.
    Auf einer dieser Seiten entdeckte Vladimir ein bekanntes Gesicht. Er kannte es noch aus dem Kinderheim. Aus dem Raum mit den Ninja-Videos. Aus dem Keller in der Wäscherei.
    Er nahm Kontakt auf.
    Er würde ihn finden.
    Und er würde ihn töten.

37.
    Der Sadismus beginnt mit dem Quälen von Tieren, wobei die Tiere überleben. Die nächste Stufe ist das Quälen von Tieren bis zum Tod. Dann werden Menschen gequält, die überleben. Als letzte Stufe werden Menschen zu Tode gequält.
    Ingo M. hatte als Kind Frösche gefangen und sie mit einem Strohhalm aufgeblasen, bis sie platzten. Nicht, dass sie auseinanderflogen – sie platzten innerlich und starben qualvoll. Irgendwie fand Ingo das erregend.
    Doch irgendwann reichte ihm das nicht mehr. Er suchte sich größere Tiere. Und später suchte er sich Menschen. Mädchen und Jungen, denn die konnte man leichter überreden. Es war einfach, ein Kind dazu zu bringen, sich auserwählt zu fühlen und es zu bestimmten Dingen zu zwingen, ohne dass es nach Zwang aussah. Anfangs hatte Ingo die Kinder laufen lassen, nachdem er mit ihnen gespielt hatte, doch irgendwann war es ihm zu riskant geworden. Schließlich hätten sie reden können. Das konnten sie nicht, wenn sie tot waren.
    Die Angst in ihren Augen war Ingos Lebenselixier.
    Die Schreie und das Weinen waren das Bluten ihrer Seele.
    Und Ingo M. trank die Tränen der toten Kinder.
    Doch es war nicht einfach, immer an die zu kommen, die ihn am meisten erregten. Manchmal musste er sich mit gewöhnlichen Strichern abgeben. Die konnte er zwar nicht einfach töten, aber sie taten für ein bisschen Geld fast alles, was er wollte.
    Es war zu Beginn des Jahres, und es lag noch Schnee. Ingo hatte im Internet einen jungen Typen kennengelernt, der genau seinem Geschmack entsprach. Sein Name war Chill , und er war groß, blond und durchtrainiert. Und devot. Er würde alles

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