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Final Cut - Etzold, V: Final Cut

Final Cut - Etzold, V: Final Cut

Titel: Final Cut - Etzold, V: Final Cut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veit Etzold
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dem Täter zu tun?«
    »Ich habe ihn erschossen.«
    »Oh.« Er hob die Augenbrauen. »Ihr habt ihn in der Wohnung eines der Opfer erwischt, nicht wahr?«
    Clara nickte.
    »Ein klares Indiz ist diese animalische Zerstörungskraft, die hier mit einem sadistischen Hass verbunden war, wie ihn nur Menschen haben können.« Er zog ein Papier aus seiner Schublade und blickte Clara an. »Sie wollten wissen, wie ich auf ihn gekommen bin?«
    Wieder nickte Clara.
    »Es sind die extremen Dinge, bei denen man nach extremen Merkmalen schauen muss. Merkmale, die mit den Dingen an sich erst einmal nichts zu tun haben.« Er blätterte weiter. »Einiges von dem, was er getan hat, ist ausgesprochen ungewöhnlich und zeigt den absoluten Willen zur vollkommenen Erniedrigung seiner Opfer. Aufgrund der extremen Handlungsweise war es dann nicht so schwierig, das Täterprofil einigermaßen sicher einzugrenzen und eine ungefähre Vorstellung zu bekommen, wie dieser Mann im normalen Leben aussieht und agiert.« Sein Blick huschte über das Dokument. »Sein ›nicht normales Leben‹ ließ Rückschlüsse auf sein ›normales Leben‹ zu und darauf, wie er möglicherweise lebt und aussieht. Was das nicht normale Leben angeht«, sagte er, »müssen wir nicht weiter ins Detail gehen. Sie kennen den Fall ja.«
    Clara wusste nur zu gut, was der Werwolf noch alles getan hatte. Einigen Frauen hatte er vor oder nach dem Tod die Bauchdecke und den Enddarm aufgeschnitten und sie mit ihren eigenen Fäkalien eingeschmiert. Absolute Dominanz, absolute Erniedrigung. Nur – wo war da der Zusammenhang mit seinem »normalen Leben«?
    Friedrich kniff die Lippen zusammen, als hätte er Claras Gedanken gelesen.
    »Aufgrund der Bestialität der Morde würde man ihn für einen heruntergekommenen, verwahrlosten Typen halten. Aber das ist er nicht.« Friedrich kaute am Bügel seiner Brille. »Dieser Typ des Vergewaltigers legt Wert auf sein Äußeres. Er möchte als toller Kerl erscheinen, als harter Bursche. Wenn er die Frauen, die er hasst, weil er nicht bei ihnen landen kann, erniedrigt und quält, schändet und tötet, steigert das sein Selbstbild.«
    »Sie haben ihn anhand seines Wagens identifiziert, nicht wahr?«, sagte Clara.
    Friedrich nickte. »Eine Corvette. Es gab im gesamten Viertel, in dem wir den Killer vermuteten, nur eine zugelassene Corvette. Und die gehörte Bernhard Trebcken.«
    »Man kann also von Autos auf Serienkiller schließen?«
    »A Corvette makes a girl wet, wie die Amis sagen«, erwiderte Friedrich. »Entschuldigen Sie den sexistischen Spruch, aber er verdeutlicht, was ich meine. Und um Ihre Frage zu beantworten: Ja, man kann tatsächlich von einem Auto auf einen Killer schließen – zumindest kann es ein Indiz sein. Wie jemand Tango tanzt, so ist er im Bett. Wie die Leute Autos auswählen, so behandeln sie Frauen.«
    »Ist das nicht ein bisschen klischeehaft?«
    Friedrich hob die Brauen. »Hat es funktioniert?«
    Clara lächelte. Sie musste wieder an die Beichte und die Statue der Maria in der Sankt-Hedwigs-Kathedrale denken, als ihr Blick durch Friedrichs Büro schweifte und auf dem Jüngsten Gericht haften blieb.
    »Eine Frage müssen Sie mir noch beantworten«, sagte sie.
    »Jede«, erwiderte er und fügte hinzu, wobei er spitzbübisch lächelte: »Fast jede.«
    »Warum hängt der Michelangelo in Ihrem Büro?«
    »Das erkläre ich Ihnen mal, wenn wir ein bisschen mehr Zeit haben. Bei einem Drink, einverstanden?«
    Netter Versuch , dachte Clara.
    »Ich bin die nächsten zwei Wochen in Urlaub, aber danach könnten wir’s ja mal in Angriff nehmen.«
    »Sollten wir«, sagte Friedrich.
    Schritte näherten sich auf dem Flur. Dann erschien ein Gesicht in der Tür. Silvia, Claras Sekretärin. Ihre Augen waren geweitet, ihre Stimme zitterte. »Clara ...« Mehr brachte sie nicht heraus.
    Clara fragte alarmiert: »Was ist?«
    »Da ist etwas in der Post für Sie.« Silvia schluckte. »Sollten Sie sich ansehen. Sieht nicht gut aus.«

10.
    Von Friedrich begleitet, betrat Clara ihr Büro, wo Kriminaldirektor Winterfeld bereits auf sie wartete. Irgendetwas sagte ihr, dass ihr Urlaub in ernster Gefahr war.
    »Da«, sagte Silvia und wies auf Claras Schreibtisch. Dort lag ein brauner DIN-A5-Umschlag. Darauf nur ein Name, mit schwarzem Edding geschrieben: CLARA VIDALIS. Daneben Spritzer einer rotbraunen Flüssigkeit.
    Clara starrte auf den Umschlag, und für einen Moment verschwamm alles vor ihren Augen. Manchmal haben triviale Dinge etwas

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