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Final Cut - Etzold, V: Final Cut

Final Cut - Etzold, V: Final Cut

Titel: Final Cut - Etzold, V: Final Cut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veit Etzold
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Unheimliches; man kann spüren, dass etwas Grauenhaftes aus ihnen hervorkommt oder dass etwas Schreckliches in ihnen steckt, auch wenn es ganz alltägliche Dinge sind: Ein normales Wohnzimmer, in dem ein Mord verübt worden ist, besitzt diese Aura. Oder ein Vorschlaghammer, mit dem jemand der Schädel zertrümmert wurde.
    Oder dieser Umschlag.
    Clara zog Gummihandschuhe aus einer Schublade.
    »Wir haben den Umschlag im Postkasten gefunden«, sagte Silvia, und ihre Stimme zitterte leicht. »Keine Briefmarke, kein Stempel. Er muss vorhin von Hand eingeworfen worden sein.«
    »Diese rotbraunen Flecken sind mir suspekt«, sagte Winterfeld. »Lassen Sie uns nachschauen, was in dem Umschlag steckt, aber dann geht er gleich ins Labor.«
    »Soll ich ihn aufmachen?«, fragte Clara.
    »Ja«, sagte Winterfeld und fuhr sich durchs Haar. »Wir haben das Ding gescannt, kein Sprengstoff, kein Mandelgeruch wie bei Briefbomben. Scheint etwas Flaches drin zu sein.«
    »Also dann ...« Clara öffnete den Umschlag. Irgendetwas fiel auf den Tisch. Sie schnappte so heftig nach Luft, dass sie husten musste.
    Eine CD-ROM. Darauf waren mit Lippenstift zwei Wörter geschrieben.
    VIEL SPASS
    »Verdammt, was ist das?«, fragte sie. Winterfeld stand mit verschränkten Armen neben ihr.
    »Silvia«, sagte Clara, »bringen Sie uns bitte eins von den Übungslaptops aus der IT. Mit offenem CD-Laufwerk, damit der Lippenstift nicht verwischt. Und eins von den billigen Geräten, das offline ist und bei dem es keine Rolle spielt, wenn die CD virenverseucht ist.«
    »Bin gleich wieder da.« Silvia verschwand.
    Alle blickten auf die CD wie auf ein Kind, das unerwartet auf der Türschwelle gefunden wurde und bei dem niemand wusste, was man damit anfangen sollte.
    »Was kann das sein?«, fragte Clara.
    Friedrich ging näher an den Schreibtisch heran und betrachtete die CD eingehend.
    Winterfeld war bereits am Telefon und sprach mit der Spurensuche. »Könnt ihr mal in den Dritten kommen?«, sagte er. »Ihr müsst was abholen und gleich ins Labor bringen. Ja, Blutuntersuchung.« Er legte auf.
    »Entweder ist es wirklich ein Virus«, sagte Friedrich, »oder irgendein dummer Scherz. Oder ...«
    »Oder?« Clara sah ihn an.
    »Oder etwas wirklich Schlimmes.«
    Nach zwei Minuten kam Silvia mit dem Laptop zurück. »Hier«, sagte sie. »Ist offline, und W-LAN funktioniert nicht bei dem Ding. Offenes CD-ROM-Laufwerk ist dabei.«
    Clara wandte sich ihrer Sekretärin zu. »Ich weiß nicht, was da drauf ist, und ich weiß vor allem nicht, ob Sie das sehen wollen, Silvia«, sagte sie.
    »Das hier ist auch mein Job.«
    »Wie Sie wollen.« Clara blickte Winterfeld an. »Soll ich?«
    Winterfeld nickte, zog die Luft ein und fuhr sich noch einmal mit den Fingern durchs Haar.
    Clara legte die CD in das Laufwerk und klickte auf »My Computer«. Der Rechner zeigte nach einigen Sekunden die CD-ROM an. Clara klickte auf »Öffnen«. Auf der CD war eine Videodatei:
    JASMIN.MPG
    Was ist das? , fragte sich Clara. Ein Porno? Ein Chat? Irgendein Amateurvideo, mit dem jemand sich wichtig machen will?
    Die Tür ging auf. Ein Mitarbeiter der Spurensuche erschien, in der Hand eine durchsichtige Asservaten-Tüte. »Der Umschlag?«
    Clara reichte ihm den Umschlag mit der rechten Hand, an dem sie den Handschuh trug, und steckte ihn in die Tüte.
    »Wir schneiden ein Stückchen raus und legen es gleich unters Mikroskop. Einen Vorabcheck können wir hier machen, aber wenn ihr die Blutgruppe und dergleichen wissen wollt, müssen die Jungs in Moabit ran.«
    Die »Jungs in Moabit« waren die Rechtsmediziner. Clara nickte. »Schon okay. Ja oder nein reicht erst einmal.«
    »In Ordnung, bin gleich wieder da.« Der Mann verschwand mit dem Umschlag.
    Winterfeld atmete tief ein und zupfte an seiner Krawatte. »Also, Film ab?«
    Clara kniff die Lippen zusammen. »Film ab.«
    Sie klickte zweimal auf die Datei, und der Medienplayer öffnete sich. Dann stellte sie den Ton am Laptop an und drückte auf PLAY.

11.
    Es war bereits 19.00 Uhr, als Albert Torino sein Büro bei Integrated Entertainments in der Friedrichstraße verließ, um nach Potsdam zu den Aufnahmestudios zu fahren, wo das erste Casting stattfinden sollte. Er hatte noch diverse Gespräche mit Anwälten und mit dem Managing Director von Pegasus Capital gehabt. Der hatte bereits mehrere Millionen in Integrated Entertainments investiert und wollte jetzt ständig von Torino wissen, wie es weiterging. Investoren konnten ganz schön nerven.

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