Final Cut - Etzold, V: Final Cut
ich bin dir zu alt?
SPORTY: Habe dir gerade ein Foto geschickt. Und?
SPORTY: Sag mal was zu dem Schnappschuss! Hast du ein Oben-ohne-Foto?
PRINCESS: Magst du auch Frauen?
SPORTY: OK, mit BH geht auch. Sorry. Melde dich mal.
MR. BOND: Schönes Top. Wann sehen wir uns mal?
TRIPLE X: Was ist? Gefalle ich dir nicht? Ich will dein Sklave sein, Herrin.
MR. BOND: Ich koche für dich.
PRINCESS: OK, dann eben nicht.
SPORTY: Habe dir gerade Einladung für Chat geschickt. Würde mich freuen.
GÜNTHER: Wir müssen auch nicht gleich Sex haben.
SPORTY: Bin noch bis elf Uhr online. Melde dich mal.
GÜNTHER: Ich bin ein sensibler Bursche.
SPORTY: Wieso bist du online und meldest dich nicht?
TRIPLE X: Muss jetzt zur Arbeit. Melde dich.
STALLION: Du erinnerst mich an Cameron Diaz.
SPORTY: Blöde Schlampe!
»Meine Güte«, sagte Clara. »Das nimmt ja kein Ende.«
»Fühlen Frauen sich von solchen Mails angesprochen?«, fragte Hermann. »Kommt mir alles ziemlich plump vor.«
»Plump ist Trumpf«, sagte Clara und lächelte ein wenig gequält. »Aber in einem Zeitalter, in dem auf jedem Internetkanal für jeden Zuschauer jeden Alters Pornographie zu sehen ist, so weit das Auge reicht, ändern sich halt auch die Umgangsformen.« Clara zuckte die Schultern. »Die wollen schnell zur Sache kommen.«
Sie dachte kurz an ihren letzten Freund, den sie vor einem Jahr vor die Tür gesetzt hatte. Er hatte sie betrogen. Auch mit einer Frau, die er im Internet kennengelernt hatte. Sie schob den Gedanken beiseite.
»Jasmin Peters schien von den Mails aber nicht so begeistert gewesen zu sein«, sagte Hermann.
»Wer ist von so was schon begeistert? Ganz so schnell geht der Verfall dann doch nicht.« Clara griff unbewusst noch einmal in die Gummibärchentüte. »Abgesehen davon ist das die Berühmtheit, von der ich vorhin gesprochen habe. Du erinnerst dich?«
Hermann nickte. »Voll im Rampenlicht stehen und jeden abweisen dürfen?«
»Es ist wie ein Rausch. Eine Mail nach der anderen kommt rein, und jede sagt dir, dass du begehrt wirst, dass alle dich wollen.« Sie blätterte durch die Liste. »Aber du bist weit weg. Du musst nicht großartig reden, damit man dich in der Disco in Ruhe lässt, du musst nicht nach höflichen Floskeln suchen, um auf einem Empfang zu einem anderen Grüppchen zu wechseln, wo es weniger Nervensägen gibt, du musst gar nichts machen. Du schiebst die Mail in den Papierkorb, und das war’s.«
»Bis auf ein paar Ausnahmen«, sagte Hermann und öffnete ein neues Profil. »Zum Beispiel den hier. Jaques. Mit dem hat sie sich ziemlich lange unterhalten. Der Einzige.«
Ein dunkelhaariger Mann um die dreißig. Leicht gebräuntes Gesicht, wache Augen, etwas Verschmitztes im Blick.
»Hübscher Kerl«, sagte Clara.
»Findest du?« Hermann klang beinahe ein bisschen neidisch. »Ich finde, der sieht schwul aus.«
»Metrosexuell«, verbesserte Clara. »Jede Frau will einen Mann, der sich männlich verhält und sie trotzdem versteht. Weil Letzteres bei Ersterem meist nicht vorherrscht, umgeben Frauen sich gerne mit Schwulen, weil die meist einfühlsamer sind. Ideal ist daher ein Mann, der sich wie ein Schwuler benimmt, aber nicht schwul ist.«
»Und das ist ein Metrosexueller?« Hermann kaute wieder auf einem Gummibärchen.
»Genau. Just gay enough to get the girl.« Clara faltete die Blätter zusammen. »Aber was schreibt er?«
»Er macht das geschickter.« Hermann reichte ihr einen weiteren Ausdruck.
Liebe Lady J., verzeihe mir, dass ich dich einfach so anschreibe, aber der Strand, an dem du stehst, ist das nicht auf Fuerteventura, Puerto del Rosario? Ich schreibe deswegen, da ich selbst auch oft dort war und ein Freund von mir dort jetzt eine Werbeagentur aufgebaut hat. Vielleicht interessiert dich das ja.
Liebe Grüße, Jaques.
Clara hob anerkennend die Augenbrauen. »Der ist ein Verkäufer. Der nimmt den indirekten Weg. Nicht gleich à la boah, du hast ja tolle Titten, willste mit mir ins Bett ? Stattdessen schafft er eine Gemeinsamkeit, die sie beide verbindet.« Sie sah Hermann an. »Und? Sie antwortet?« Er nickte. »Sogar ziemlich schnell. Hier, lies.«
He, Jaques, das ist ja ein Ding. Du bist der Erste, der den Strand bei Fuerteventura erkannt hat. Das ist wirklich Puerto del Rosario, ganz toller Sand.
Sag mal, das mit der Agentur klingt ja interessant.
Grüße, Lady J.
Hermann klickte weiter, und der Drucker summte. Claras Blick schweifte ein wenig abwesend über die Zeilen und richtete sich
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