finde-mich-sofort.de (German Edition)
fünfunddreißigjährige Frau, dunkelhaarig mit zwei Kindern und ohne Bild im Netz, die »verbindliche Unverbindlichkeit« sucht.
Ich klicke XY an, der sich seit seinem Untertauchen natürlich anders nannte. Ich nenne ihn der Einfachheit halber trotzdem XY . Ein Klick auf sein Profil zeigt ihm, das »findemichsofort« im Netz ist. Keine zwei Minuten später »spricht« er mich an!
Natürlich, ich hatte ihn schon einige Zeit »angefüttert«. Ungefähr ein viertel Jahr nach seinem Verschwinden, kurz nach dem Auswerfen meines Köders »findemichsofort«, biss er an. *staun*
XY : Was hast du heute bei diesem Wetter so vor, um nicht in der Hitze dahinzuschmelzen?
In meinem Kopf schwirrten auf einmal alle Gedanken durcheinander. Ich war aufgeregt und ermahnte mich, immer daran zu denken, dass ich eine andere war. Ich beschloss, Event-Managerin zu sein, und nannte mich, wie einfallsreich: Alexandra!
Ich : Im kühlen Büro arbeiten, und selbst?
XY : Ich muss in zehn Minuten zu einem Termin nach Berlin, wahrscheinlich bleibe ich gleich im Auto sitzen und lass den Motor weiterlaufen.
Besonders interessierte mich, welche Legende um seine Person er sich ausgedacht hatte, ich konnte mir nicht vorstellen, dass er bei den »alten« Eckdaten blieb.
Ich : Was arbeitest du?
XY : Ich muss ans Landgericht Berlin, reicht das?
Ich : Ich arbeite in einer Event-Agentur.
XY : Dann kann ich ja meine Band durch dich promoten lassen.
Natürlich: Weg vom Thema Arbeit, hin zu für Frauen wohl interessanteren, weil romantischeren Dingen: der Musik!
Ich : Soso, ein Musiker, der in Gerichtssälen aufspielt?
Ach, wie bin ich wieder schlagfertig, freute ich mich! *grins*
XY : Was ich dort spiele, löst im Allgemeinen bei den Richtern keine großen Beifallsbekundungen aus.
Und jetzt ans Eingemachte, mein Lieber!
Ich : Wie lange bist du schon auf Suche, und mit welchem Ziel treibst du dich hier rum?
XY : Noch nicht solange, etwa eineinhalb Monate, und am Anfang stand die Neugier auf das, was bei dieser Art der Kommunikation so auf einen zukommt.
Ach guck, und was war vor einem halben Jahr? Mit mir?
Ich : Was ist auf dich zugekommen? Spannendes?
XY : Nicht wirklich, hier gibt es wahrlich viele bizarre Exemplare Frau. Ich war sehr überrascht, die Kluft zwischen Chat und Wirklichkeit ist manchmal größer als der Grand Canyon.
Wie recht du hast, mein Freund, aber Themenwechsel:
Ich : Leben deine Kinder bei dir?
Über sie hat er einen großen schwärmerischen Absatz in seinem Profil verfasst.
XY : Ja.
Ich : Und die Mama dazu?
XY : Nicht mehr.
Ich habe sie doch kürzlich noch an deinem Haus gesehen! *grins*
Ich : Sieht sie ihre Kinder dann auch nicht mehr?
XY : Lass uns ein anderes Mal darüber reden, ich muss jetzt los – leider. Bis bald!
Aha, bis bald! Ich war sehr gespannt, was er mir noch so alles aus seinem Leben als fürsorglicher alleinstehender Vater berichten und wie viele Antworten er in anwaltlicher Manier und ausufernden, nichtssagenden Sätzen geben würde. Eine Woche später ging ich, nachdem ich mich vergewissert hatte, dass auch XY anwesend war, als »findemichsofort« wieder ins Netz. Immerhin hatte er mir zwischenzeitlich eine Mail in mein Single-Postfach geschickt und angefragt, wann ich wieder online sei. Ich hatte ihn an der Angel und fand es clever von mir, nicht jeden Tag nach ihm im Netz zu schauen, sondern cool, fast desinteressiert zu wirken. Kaum war ich drin, war er dran! Ich konnte kaum fassen, dass mein Plan so reibungslos funktionierte.
XY : Was treibt dich zu nachtschlafender Zeit hierher?
Das sage ich dir nicht, die Überraschung spare ich mir noch auf. *lach gemein*
Ich : Ach, so kurz vor dem Zubettgehen gucke ich gern noch mal nach Post.
XY : Ich sitze noch im Büro.
Okay, Süßer, und wieder aufs Schlimme!
Ich : Können deine Kinder schon allein bleiben?
XY : Bei mir sind immer Babysitter zu Hause.
Manch einer nennt die Ehefrau eben Babysitter!
Ich : Wie lange bist du eigentlich mit deinen Kindern schon allein?
XY : Ein Jahr!
Du armer Mann! Jetzt aber wieder Thema Nummer Zwei!
Ich : Wie viele Dates hattest du schon?
XY : Du, ich bin wirklich 39, da sollte man schon einige gehabt haben, oder nicht? *lach* Wenn du die übers Netz meinst, dann zwei, und es waren die totalen Katastrophen!
Ich war eine Katastrophe, na wunderbar. Oder er unterschlägt mich, Unverschämtheit!
Ich : So? Was ist denn passiert?
XY : Wer immer die Personen waren, die ich auf den geschickten Bildern
Weitere Kostenlose Bücher