finde-mich-sofort.de (German Edition)
Mutter jetzt sagen und mir raten, die Finger von ihm zu lassen.
Carsten tätschelt mir etwas ungelenk meine den Kaffeepott umklammernde Hand und sagt: »Ich freue mich, dass du noch hier bist!«
Wenigstens etwas! Aber ich werde keine vorschnellen Schlussfolgerungen ziehen. Ich brauche es genauer! Bald! Am besten sofort. Darum atme ich noch einmal tief durch, setze mich gerade hin und schaue ihm direkt in die Augen.
»Ich fühle mich auch sehr wohl bei dir, habe aber eine Bitte. Sag mir möglichst schnell, ob ich eine Affäre oder eine potenzielle Partnerin für dich bin.« Puh! Jetzt ist es raus! Das war mutig.
Carsten ist überrascht. Ich kann es ihm ansehen. Er hat den Blick auf seine Hände gerichtet, die einen weißen Kaffeepott halten. »Ja«, sagt er. Mehr nicht.
In zwei Tage werden wir uns in Potsdam wiedersehen.
* *
Vierzehn Tage sind seit unserem ersten Date vergangen und Carsten hat sich immer noch nicht zu der Affäre-oder-Partnerschafts-Frage geäußert. In mir toben widerstreitende Gefühle. Er beantwortet mir doch sonst alle meine Fragen, egal wie persönlich und intim sie auch sind und ohne langes Drumherum. Ich habe nie das Gefühl, dass er etwas vor mir verbergen möchte. Warum beantwortet er aber nicht die Frage, die mich am meisten interessiert? Manchmal belauere ich ihn förmlich, um dann beruhigt festzustellen, dass es für mich keinen Grund zur Klage gibt. Also übe ich mich in Geduld. Ob ich mich dafür bewundern soll, weiß ich nicht. Ich merke, dass ich aus Angst vor Enttäuschung meine Gefühle etwas zurücknehme und trotzdem die Zeit mit ihm genießen kann.
Der Abend in Potsdam war schön, wir sind von einer Kneipe in die nächste gezogen. Ein bisschen mulmig wurde mir nur, als wir in der Kiez-Kneipe von Potsdam West, dem »Pacha Mama«, auf Freunde von mir trafen. Potsdam ist ein Dorf. Immer und überall trifft man Bekannte oder Bekannte von Bekannten. Neuigkeiten und Gerüchte verbreiten sich mit einer unglaublichen Geschwindigkeit. So erfuhr ich von der Kellnerin, als ich abends in der Kiez-Kneipe vorbeischaute, dass meine Schwester wenige Tage zuvor mit einem fremden Mann zusammengesessen und Wein getrunken hätte. »Sag ihr mal, dass der überhaupt nicht gut aussah!«
Eigentlich hätte ich also wissen müssen, dass mir mindestens ein guter Bekannter über den Weg laufen würde, wenn ich mit Carsten unterwegs bin. An einem Vierertisch, direkt gegenüber vom Eingang saßen meine Freundin Netti und ihr Lebensgefährte Micha. Sie hatten mich in den vergangenen Monaten schon des Öfteren mit einem Internetmann getroffen und kein Hehl aus ihrer Meinung gemacht, dass meine Kurzzeitbekannten durch ihr Raster gefallen waren unter dem Motto: »PasstnichtzudirTati«. Aber meine Befürchtungen waren unbegründet. Wir plauderten noch fast zwei Stunden, und Carsten ließ sich ausfragen, war interessiert und redete mit den beiden, als ob er sie schon jahrelang kennen würde. Am nächsten Morgen erhielt ich eine SMS von Netti: »Wer war denn der tolle Typ gestern? Du musst unbedingt mehr von ihm erzählen!« Wie schön und unkompliziert das Leben sein kann!
* *
Morgen werde ich mein Kommunikationsgenie wieder in seiner schönen Wohnung besuchen. Wir wollen gemeinsam in seinen Geburtstag reinfeiern. Ich soll ihm natürlich nichts schenken, kenne ihn auch zu wenig, um etwas Passendes zu finden. Darum habe ich ihm eine große Kerze mit Glasschale gekauft. Das kann bei seinem Kerzenverschleiß nicht falsch sein. Apropos »älter werden«, wir haben immer noch kein Wort über mein und sein Alter gewechselt. Seine Internetgeliebten waren alle viel jünger als er, seine langjährigen Ex-Frauen alle älter. Vielleicht macht ihm der Altersunterschied am Ende gar nichts aus? Eventuell ist das aber der Grund für sein Zögern bei der Beantwortung der alles entscheidenden Frage.
XY-gelöst
Bevor ich diese Probleme klären und mich auf mein Carsten -Treffen freuen kann, muss ich in meinem eigenen Gefühlshaushalt Ordnung schaffen und meinen weiblichen Rachgelüsten nachgehen. Die Sache mit XY will ich dringend zu Ende bringen! Also logge ich mich mit meiner anderen Identität ein.
Ich hatte mir vor einiger Zeit ein zweites Profil zugelegt. Das ist immer gut, wenn man von Netzbekanntschaften nicht belästigt werden will oder wenn man – wie ich jetzt gerade – jemanden mal so richtig an der Nase herumführen möchte. Ich agiere unter dem Pseudonym »findemichsofort« als eine
Weitere Kostenlose Bücher