Finish - Roman
dass die Stadt, in der selbst die zähesten irischen Malocher nur mickerige 20 Dollar im Monat verdienten, für zwei mittellose Einwanderer ein hartes Pflaster war. Also kam man zu dem Schluss, dass Alan Cameron und sein Sohn bei Flaherty unterkommen würden, zumindest so lange, bis sie Fuß gefasst hatten.
Bei ihrer Ankunft in New York wurde McGregor von der Intendanz des Park Street Theatre wie ein König empfangen und am Kai von einer Kutsche abgeholt. Und so gelangten Flaherty und die beiden Camerons durchaus stilvoll in Flahertys Wohnung über dem Burton Theatre.
New York überstieg selbst ihre wildesten Träume, es war ein brodelnder Mahlstrom aus breiten Boulevards, vielstöckigen Häusern und verkehrsreichen Straßen, die vor Pferdegewieher, Marktschreiern und rumpelnden Kutschen nur so dröhnten. Alan Cameron war froh, dass Flaherty sie bei sich aufnahm, denn das, was er an jenem ersten, wirren Tag ihrer Ankunft durch das Kutschfenster von dieser harten, erbarmungslosen Welt gesehen hatte, hatte ihn zutiefst geschockt und verstört. Für den Presbyterianer Cameron war New York ein Babel, in dem sich Menschen aus allen Winkeln der Erde mit Zähnen und Klauen zu behaupten versuchten. Das Leben in Sutherland war hart gewesen, doch es hatte den Widrigkeiten des Landlebens entsprochen. Hier fühlte er sich verloren.
Im Gegensatz zu McGregor war Dennis Flaherty ein pragmatischer und einfühlsamer Mensch, dem sofort klar war, dass die Camerons ohne Hilfe wohl kaum überleben würden. Trotz der zeitraubenden Proben sorgte er dafür, dass Alan Cameron einen Hilfsjob als Tischler hinter den Kulissen bekam und zahlte ihm aus eigener Tasche siebenDollar die Woche, von denen er auf Drängen des stolzen Schotten allerdings drei Dollar als Miete zurücknahm. Zur gleichen Zeit konnte Douglas Cameron ungestört die Wunderwelten des Park Street Theatre erkunden und seinen Träumen nachhängen.
Am Ende aber war es Gregor McGregor, der dem Mann aus Sutherland zu seiner großen Chance verhalf. McGregor hatte als Rob Roy gleich mehrfach eingeschlagen. Jeden Abend hatte er mehrere Bühnenkämpfe auszufechten, in die sich McGregor mit wilder – und häufig alkoholseliger – Begeisterung stürzte. Gleich in den ersten zwei turbulenten Wochen landeten vier von New Yorks besten Bühnen-Schwertkämpfern im Krankenhaus.
Während der Überfahrt auf der S. S. Troy hatte Alan Cameron häufig mit Holzschwertern und Schlagstöcken mit McGregor geübt und wurde in beiden Kampfdisziplinen locker mit ihm fertig. Und so wandte sich Theaterdirektor Hamblin auf McGregors Geheiß an Cameron und fragte ihn, ob er für 30 Dollar die Woche drei kleinere Rollen übernehmen könnte.
Alan Cameron konnte sein Glück kaum fassen.
Sechs Abende pro Woche sowie in den Samstagnachmittagsvorstellungen kämpfte Cameron nun auf der Bühne des Park Street Theatre mit Claymore und Bauernspieß bewaffnet gegen Gregor McGregor. Als die Choreographie zur Routine wurde, überlegten die beiden Männer, wie sich ihre beim Publikum äußerst beliebten »Kämpfe« ausbauen ließen. Alan war der Ansicht, man könnte die Kulisse mit verschiedenen Ebenen versehen, um Sprünge zu ermöglichen. Dann entwickelte er ein Schleuderbrett, mit dem McGregor von Ebene zu Ebene springen konnte und installierte schließlich Seile, an denen er und Rob Roy über die Bühne schwangen.
Die Duelle in Rob Roy wurden ein Glanzpunkt der New Yorker Theatersaison, die mit einer bunten Mischung aus Edwin Forrests Hamlet , Martys Havana Opera , der irischenKomödie His Last Legs oder P. T. Barnums Unterhaltungsshows im American Museum aufwartete.
Im Rotlichtviertel der Bowery huschten Ratten zwischen den Beinen der Zuschauer hindurch, die zwölfeinhalb Cent für einen Platz auf einer harten Holzbank zahlten, während die oberen Zehntausend einen ganzen Dollar springen ließen, um Shakespeare im Niblo’s zu sehen.
Für Alan Cameron war Rob Roy das ideale Sprungbrett in die seltsame Traumwelt des Theaters gewesen, die für den Moloch New York von so großer Bedeutung war. Allerdings hatte er keine Lust, den Rest seines Lebens mit gespielten Schwertkämpfen zuzubringen. Bei seiner Arbeit im Park und im Burton war ihm klar geworden, dass er ein Händchen für Kulissenbau hatte, und als J. P. Marsh im Februar einen Kulissenbauer für das Musical Die Zauberin suchte, wandte er sich an keinen anderen als an Alan Cameron.
Am 26. August hatte das Stück mir dem spektakulären Versatzstück
Weitere Kostenlose Bücher