Finish - Roman
»Piratenschiff vor Anker« seinen Auftakt, das sofort mit Szenenapplaus belohnt wurde. Die Zauberin war nicht viel mehr als eine lockere Abfolge von Musiknummern und lebenden Bildern, doch die Bühnenbilder waren derart beeindruckend und die Schlussszene, »Der Herrscherpalast in Flammen«, so realistisch, dass die Damen im Publikum jeden Abend angstvoll aufkreischten. Beim Schlussapplaus sah sich Marsh entgegen den Gepflogenheiten gezwungen, seinen jungen schottischen Bühnenbildner vor den Vorhang zu holen.
Alan Cameron war ein gemachter Mann. Im Herbst 1849 zog er mit Douglas in ein hübsches dreistöckiges Häuschen in der Park Avenue. Durch den Erfolg seines Vaters konnte Douglas nun gänzlich in einer Welt leben, in der er sich bereits vollkommen heimisch fühlte. Doch Alan Camerons Heimatliebe war ungebrochen, und so tat er sich bald mit anderen schottischen Auswanderern zusammen,die der New Yorker Kaledonischen Gesellschaft angehörten. Douglas wurde auf eine schottische Schule in der Fifth Avenue geschickt, wo ein verknöcherter Glasgower Pauker namens Alexander McCanna ihm die Grundlagen in Lesen, Schreiben und Rechnen beibrachte.
In der winzigen, aus einem Klassenraum bestehenden Schule kritzelte der junge Cameron in ständiger Angst vor Mr. McCannas Lederriemen eifrig auf seiner Schiefertafel und betete das Einmaleins herunter. Doch die Welt seiner Träume war die, in der sein Vater nun lebte – das Theater. Als das Niblo’s im Jahr 1850 einen Puck für den Sommernachtstraum suchte, flehte der zwölfjährige Douglas seinen Vater an, ihn für die Rolle vorsprechen zu lassen. Alan Cameron war einverstanden, und kein Geringerer als Junius Brutus Booth sollte ihn auf die Rolle vorbereiten.
Zu Beginn des Jahrhunderts war der inzwischen greise und fast verrückte Booth die große Hoffnung des amerikanischen Theaters gewesen. Ursprünglich war er aus England gekommen und 1825 dorthin zurückgekehrt, um sich mit Edmund Kean, dem anerkannt größten Shakespeare-Darsteller seiner Zeit, zu messen. Doch schon bald sollte Booth feststellen, dass er nicht in derselben Liga spielte. Der englische Schauspieler ließ Booth spüren, dass ihm der nötige Biss und die körperliche Ausdauer für die großen klassischen Rollen fehlten. Booth musste sich eingestehen, dass er sich durch die Stücke meist nur durchlavierte, um seine Kräfte für die großen Monologe zu sparen; das war alles andere als große Schauspielkunst, das war dramatisches Laienspiel. Und so kehrte er als weiserer Mann in die Vereinigten Staaten zurück.
Doch so beschränkt seine schauspielerischen Fähigkeiten auch sein mochten, Booth war ein erstklassiger Lehrer. Shakespeare war sein Spezialgebiet, und er zeigte Douglas Cameron, wie das Versmaß den Worten Gewicht verlieh. Booth dachte sich unterschiedliche Vortragsarten und Wortspiele aus, um den Unterricht abwechslungsreicher zugestalten. Er lehrte Douglas die Grundlagen der Bühnenaussprache und ließ ihn täglich Stimmübungen machen, die ihm beibringen sollten, die Stimmbildung von der Kehle in den Bauch zu verlagern.
Am Nachmittag des 15. Januar 1851 trat der zwölfjährige Douglas beim Vorsprechen am Niblo’s Theatre gegen 25 Mitbewerber beiderlei Geschlechts an. Gregor McGregor, Flaherty (der die Rolle des Zettel spielte) und Alan Cameron saßen in dem fast leeren Theater und fieberten der Entscheidung entgegen. Der verrückte alte Junius Brutus Booth hatte ganze Arbeit geleistet: Douglas blieb trotz des enormen Drucks bewundernswert ruhig und bekam die Rolle. An jenem Tag gab ihm sein stolzer Lehrer den Spitznamen »Der neue Moriarty«, nach einem hochbegabten Kinderschauspieler aus längst vergangenen Tagen. Douglas gefiel der Name, auch wenn sein Vater und Mr. McCanna anderer Meinung waren, denn ein schottischer Name war dies ganz sicher nicht.
Der Sommernachtstraum am Niblo’s war nicht zuletzt wegen Flahertys wunderbarer Darstellung des Zettel ein riesiger Erfolg. Die Inszenierung konzentrierte sich ganz auf Flaherty, ließ die romantischen und poetischen Aspekte gänzlich außen vor und rückte die Späße Zettels und seiner Handwerker in den Mittelpunkt. Flaherty machte aus sich und seinen Gesellen eine schreiend lustige Komikerbande, und bis weit in den Frühling 1851 hinein beherrschte das Stück den Spielplan.
Doch Zettels aberwitzige Späße stellten die Darbietung des jungen Moriarty keineswegs in den Schatten. Er gab einen wunderbaren Puck und machte die mangelnde
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