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Finkenmoor

Finkenmoor

Titel: Finkenmoor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Myriane Angelowski
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keine schlechte Sache.
    »Er ist ein erfolgreicher Geschäftsmann«, fuhr seine Mutter fort, sah zu ihm herüber und fasste sich mit zwei Fingern an die Perlenkette, die sie über dem Rollkragenpullover trug. »Gestern Abend hat er im Fernsehen einen Aufruf an den möglichen Entführer gestartet.«
    Ronny grinste. Entführer? So ein Scheiß.
    »Wenn du mich fragst, war er ziemlich durch den Wind«, sagte Berthold Dallinger. Sein Doppelkinn vibrierte. »Den konnte man ja kaum verstehen, so hat der genuschelt und gestottert.«
    Ronnys Grinsen wurde breiter.
    »Ich wollte dich mal sehen!«, antwortete seine Mutter mit spitzem Mund. »Der Mann ist verzweifelt, was will man da erwarten? Und ich finde, er hat die Ansprache ganz gut gemacht. Es war auch clever, den Namen des Mädchens immer und immer wieder zu sagen.«
    Ronny schüttelte kaum merklich den Kopf. Darauf wäre er sowieso nicht reingefallen. Alles Taktik. Psychologie für Minderbemittelte. Der Täter soll veranlasst werden, eine Beziehung zu dem Kind aufzubauen, es als Persönlichkeit wahrzunehmen. Erwähnen Sie Geschwister, den Tod der Mutter. Appellieren Sie an sein Mitgefühl. So ein Scheiß. Blablabla . Ronny kannte die Tricks der Polizei. So etwas war Bestandteil jedes popeligen Vorabendkrimis.
    Seine Mutter hörte nicht auf, von dem Mädchen zu reden. Sie wunderte sich darüber, dass ein Fremder das Kind aus einem Laden entführt hatte, ohne dass es jemand mitbekam. Ronny konnte nicht aufhören zu grinsen, aalte sich in seiner Genialität und hätte seiner Mutter nur zu gern zugerufen, dass das Genie, das diese Tat vollbracht hatte, an ihrem Tisch saß. Aber natürlich hielt er seinen Mund und stellte schließlich seine Ohren auf Durchzug. Die groß angelegte Suchaktion der Polizei und Medien interessierte ihn nicht und ließ ihn kalt. Niemand würde das Kind in der Blockhütte vermuten. Ausgeschlossen. Darauf verließ er sich einfach.
    Als er fertig gefrühstückt hatte, stand er auf, beugte sich zu seiner Mutter hinunter und gab ihr einen Kuss auf die Wange.
    »Wo willst du hin?« Sein Vater goss Kaffee nach.
    »In die Firma.«
    »Heute nicht! Wir fahren nach Hamburg.«
    »Wir?«
    »Geschäftstermine mit Jakobs & Partner, und außerdem ist morgen die Abschiedsfeier des Seniors. Wo hast du nur deinen Kopf?«
    »Wir fahren heute?«
    »Ja, übers Wochenende! Montag sind wir zurück.«
    Ronny begann zu schwitzen. Er wusste, dass er keine Chance hatte, er musste seinen Vater begleiten, dummerweise hatte er sich zu oft gedrückt. So ein Mist! Diesen Termin hatte er völlig aus seinem Hirn verbannt. »Kann ich nicht –«
    »Junge, keine Ausflüchte, diesmal wirst du mich begleiten!«
    »Aber …«
    Berthold Dallinger schob sein Kinn vor. »Ich fahre in exakt fünfzehn Minuten los, und wehe, du bist nicht fertig.«
    Sein Vater erhob sich, warf die Serviette auf den Stuhl, zog den Bauch ein, knöpfte mit Mühe seinen aus der Mode gekommenen Zweireiher zu und verließ schnaubend das Esszimmer.
    Ohne aufzublicken, köpfte seine Mutter ihr Ei und löffelte es.
    Ronnys Magen rumorte.
    Früher bei Schiffstouren hatte er sich in mitgebrachte Plastiktüten übergeben. Obwohl er das Geschaukel nicht vertrug, schleppte ihn sein Vater regelmäßig an Bord irgendwelcher Ausflugsboote. Berthold Dallinger stammte ursprünglich aus Konstanz und verglich den Bodensee gern mit der Nordsee. Wasser ist Wasser, pflegte er zu sagen und erwartete, dass sein Junge Wind und Wellen trotzte. Damals hatte Annemarie Dallinger ihm die Reste des Erbrochenen von den Lippen gewischt.
    Ronny wurde speiübel. Er überlegte aufzustehen, ins Bad zu rennen. Zu spät. Zielsicher griff er nach der bauchigen Kaffeekanne, hob den Deckel und übergab sich in das Gefäß.
    Jetzt hatte er die Aufmerksamkeit seiner Mutter. »Zuerst hat man das Kind auf dem Arm«, sagte sie langsam, betonte jedes einzelne Wort und ließ ihren Sohn nicht aus den Augen, »dann auf dem Schoß und schließlich auf dem Rücken.«
    Mit diesen Worten erhob sie sich, faltete seelenruhig die Serviette zusammen, legte sie neben den Frühstücksteller und verließ das Esszimmer.
    Zehn Minuten später saß Ronny leichenblass neben seinem Vater im Wagen und hoffte inständig, dass Maxi bis zu seiner Rückkehr durchhielt. Wofür sonst hatte er sie in den Keller verschleppt, wenn er jetzt gar nichts davon hatte!

Cuxhaven-Duhnen
    Iska zog ihren Schal fester um den Hals und marschierte mit strammen Schritten auf dem Deich in Richtung

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