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Finkenmoor

Finkenmoor

Titel: Finkenmoor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Myriane Angelowski
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zum Finkenmoor schaffen würde. Wer auch immer sich heute dort getroffen hatte, machte sich gleich auf den Heimweg. In Sachen Anne-Lene gäbe es heute keine Klarheit. Ivos Herz wog bleischwer, und dieser blöde Regen wurde immer stärker. Er zwang sich, seine Umgebung genauer zu betrachten. Ivo kannte den Wernerwald gut, nicht nur von den Streifzügen mit den Freunden früher, auch seine Mutter schleppte ihn durch dieses riesige Gebiet, seit er auf der Welt war.
    Die Blockhütte hatte er zuvor noch nie bemerkt.
    Sie stand versteckt hinter Hecken und mächtigen Kiefern, etwas heruntergekommen, aber in Reichweite. Ivo brauchte dringend ein Dach über dem Kopf, also kroch er auf das Gebäude zu. Vielleicht gab es dort so ein altmodisches Telefon mit Kabel und Wählscheibe.
    Im strömenden Regen robbte er über Laub und Geäst auf die Stufen zu. Vor dem Haus bemerkte er frische Reifenspuren, ein gutes Zeichen. Vielleicht fuhren Förster diese Hütte an. Ivo zog sich die Stufen hinauf. Seine Klamotten waren völlig durchnässt, als er endlich den geschützten Absatz unter dem Vordach erreichte. Zitternd gönnte er sich eine Verschnaufpause, bevor er mehrere Anläufe nahm, um die Türklinke zu erreichen.
    Zum Glück war der Zugang nicht verschlossen.
    Das Erste, was Ivo auffiel, war der Geruch. Er konnte ihn nicht identifizieren, aber er erinnerte ihn an die Klos in der alten Turnhalle von früher, wenn sie tagelang verstopft waren. Er rümpfte die Nase. Vielleicht benutzten Wanderer das Haus als Toilette.
    Im Halbdunkel ließ sich Mobiliar nur schemenhaft erkennen. Es schien staubig und größtenteils beschädigt. Ivo machte einen Schreibtischstuhl mit Rollen aus, der vor einem dreibeinigen Tisch stand.
    Mit letzter Kraft kroch er über den schmutzigen Holzboden, zog seinen schmalen Körper vorwärts, Stück für Stück. Als Ivo den Stuhl endlich berühren konnte, gelang es ihm erst nach mehreren Anläufen, sich auf den Sitz zu hieven.
    Fix und fertig holte er Luft. Seine nassen Sachen klebten kalt an seiner Haut, die Haare waren tropfnass. Hechelnd sah er sich um, vielleicht gab es etwas, womit er sie trocknen konnte. Er wartete, bis er wieder einigermaßen gleichmäßig atmen konnte. Dann zog er sich auf dem Stuhl sitzend vorwärts, ein mühsames Unterfangen, denn die Rollen drehten sich kaum, und er musste immer etwas zum Abdrücken finden. Um überhaupt etwas erkennen zu können, hielt Ivo mehrmals an, drückte den Knopf an seiner Digitaluhr, der das Ziffernblatt beleuchtete. So hatte er wenigstens eine kleine Lichtquelle.
    Nach und nach gelang es Ivo, sich einen Eindruck zu verschaffen.
    Dem Schrank in der Ecke fehlte eine Tür, und aus dem Sofa schauten zwei Sprungfedern hervor. Sieht aus wie die Fühler eines Rieseninsekts, dachte Ivo, während er den Stuhl näher an die völlig versiffte Spüle zog. Darin gammelten Tassen und altes Geschirr. An der Wand gegenüber hing ein Spiegel, das Glas war überwiegend blind und mehrmals gesprungen. Trotzdem erkannte Ivo, dass er blutete. Über dem Auge klaffte eine offene Wunde. Er wischte das Blut mit dem Ärmel seines Sweatshirts weg und saß ganz still. Wind fuhr in die Bäume, rüttelte an den Ästen und fegte ums Haus. Irgendetwas schlug in gleichmäßigem Rhythmus gegen die Außenwand. Wahrscheinlich ein Ast, aber Ivo war sich nicht sicher. Zudem prasselte Regen auf das Dach.
    Sämtliche Horrorfilme, die er sich heimlich angesehen hatte, während seine Mutter bei der Spätschicht war, schlichen in seine Gedanken. Fast immer kamen darin Häuser wie dieses vor. Heruntergekommen standen sie abseits an irgendwelchen finsteren Orten, bargen Geheimnisse oder lockten durchgeknallte Serientäter an.
    Ivo liebte den Nervenkitzel.
    Jedenfalls, wenn er gemütlich zu Hause auf dem Sofa bei Chips und Cola lag. Das Szenario, in das er hier geraten war, bereitete ihm allerdings zunehmend ein äußerst unbehagliches Gefühl.
    Obwohl, wenn er die Sache objektiv betrachtete, gab es eigentlich keinen Grund zur Panik. Okay, er hatte sich verletzt, sein Bike war nutzlos, sein Handy zu Hause. Aber seine Oma erwartete ihn zum Abendessen. Sie würde die Polizei einschalten, wenn er nicht erschien. Also hieß es, Ruhe bewahren. Und durchgeknallte Mörder gab es hier mit Sicherheit nicht. Sahlenburg war schließlich nicht New York. Ivo atmete tief durch, wieder und wieder. Und es half, er wurde ruhiger.
    Lalelu …
    Völlig unerwartet wehte die Melodie an seine Ohren. Gedämpft, sanft und

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