Finn und der Kristall der Zeit (German Edition)
tatsächlich Aufzeichnungen von uns selber an uns geschrieben, die uns einige hilfreiche Tipps gaben. So wusste ich auch, an welches Fenster ich die Leiter stellen musste.“ Er zwinkerte den Jungen fröhlich zu.
„Ihr habt Aufzeichnungen an euch selber hinterlassen?“, fragte Inga verblüfft. „Das geht?“
„Wir werden diese Aufzeichnungen an uns hinterlassen“, korrigierte der Alchimist. „Irgendwann in den nächsten Tagen, nehme ich an. Wir hatten selber keine Ahnung, dass das geht, aber offensichtlich kann man das tatsächlich.“
„Aber in unseren Experimenten haben wir festgestellt, dass man nur die Vergangenheit beeinflussen kann“, sagte Martin nachdenklich.
„Ja, nur dass die Zukunft in der Zukunft ja auch schon Gegenwart ist, oder?“, fragte Linhard Wendel. „Wie auch immer, wir fanden einige Papiere, die uns erklärten, was passiert war, und auch, was wir zu tun hatten. So werde ich demnächst noch einmal in die Vergangenheit reisen, und zwar ins Jahr 1905, um dort einen Brief zu hinterlegen, der an eure Freunde Michael und Eva ausgeliefert werden wird und zwar...“, er grübelte, „zwanzig Jahre später. Das wird ihnen dann den Hinweis geben, den sie brauchen, um Finn zu finden. Übrigens habe ich zwei der Zettel schon fertig. Eins ist eine Zeichnung von dem geheimen Gewölbe unter der Kapelle, das andere ist die Geschichte des Grafen. Er hat sie selber geschrieben. Nur das Dritte – es soll ein Gedicht sein, aber ich habe keine Ahnung, wo das herkommen könnte. Sobald ich es habe, kann ich dann in die Vergangenheit reisen und die Zettel beim Postamt lagern.
„Ich kann mich noch an das Gedicht erinnern“, warf Finn hilfsbereit ein. „Vielleicht kann ich es Ihnen aufschreiben?“ Er holte das Schulheft aus seiner Tasche. „Ich brauche noch einen Stift“, sagte er. Martin sah sich kurz um, dann stand er auf, ging ins Foyer und erbat sich vom Portier einen Kugelschreiber. Finn sah sich das merkwürdige Schreibgerät interessiert an, sagte aber nichts dazu, sondern begann zu schreiben.
Es wurde doch schwieriger als gedacht, denn merkwürdigerweise schien sich plötzlich keiner der Jungen mehr genau an den Text erinnern zu können. Schließlich einigten sie sich auf ein Gedicht, welches ihnen ausreichend geheimnisvoll, aber dennoch hilfreich vorkam:
Es heilet den Kristall der Zeit
Der Wächter Sohn Dreieinigkeit
Und reist wie es ihm ist bestimmt
Wenn er das Lied zur Hilfe nimmt
Sorgfältig riss Finn den Zettel aus dem Schulheft und reichte ihn dem Alchimisten.
„Hört sich großartig an“, lobte Linhard Wendel sie. „Am besten bringe ich es sofort weg. Ich laufe schnell zu St. Bonifaz hinüber und bringe den Brief zur Post. Ich nehme an, es wird nicht allzu lange dauern, das Postamt ist ja gleich nebenan.“ Mit diesen Worten verließ er das Speisezimmer.
Finn sah seine Brüder mit gerunzelter Stirn an.
„Haben wir uns eben wirklich selber ein Gedicht geschickt?“, fragte er fassungslos.
„Vor allem haben wir ein Gedicht erfunden, das wir schon kannten“, antwortete Jacob. Nur Tom schwieg eine Weile. Dann sagte er plötzlich mit entschlossener Stimme: „Ab morgen lerne ich schreiben. Ich verspreche es!“
Sie hatten sich auf eine längere Wartezeit bis zur Rückkehr von Linhard Wendel eingestellt, und obwohl es den Anschein hatte, dass sie sich gelassen unterhielten, lauschte doch jeder von ihnen in Richtung der Tür, da sie einerseits jederzeit erwarteten, den Alchimisten zurückkehren zu hören, andererseits aber auch damit rechneten, dass die Olsens plötzlich hereinstürmen könnten. Schließlich war es dann doch Linhard Wendel, der in den Speisesaal gerannt kam.
„Leute“, japste er außer Atem, „ich glaube, ich habe den Grafen gefunden!“
Linhard Wendel war, wie es sich herausstellte, gerade nach seinem Besuch beim Burgfelder Postamt hundert Jahre zuvor sicher wieder im Jahre 2005 auf den Kirchenstufen von St. Bonifaz gelandet, als plötzlich ein rotes, flaches Auto mit Karacho an ihm vorbei und in Richtung der alten Burgruine fuhr.
„Ich konnte nicht hinein sehen“, erklärte der Alchimist noch ganz außer Atem, „aber so viele von diesen Autos gibt es ja nicht. Und der Fahrstil passte auch. Er fährt ja immer, als ob er verfolgt wird.“
„Wurde er nicht vielleicht wirklich verfolgt?“, fragte Finn ängstlich.
„Ich habe niemanden gesehen“, antwortete Linhard Wendel. „Aber ich denke, wir sollten uns ganz schnell auf zur
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