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Finne dich selbst!

Finne dich selbst!

Titel: Finne dich selbst! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Gieseking
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panisch im kleinen Wörterbuch. Ich flüchte, weil ich Angst habe, das heißt dann
pelosta.
Angst haben, sich fürchten ist
pelätä
. Aber ich fürchte mich nicht vor Kirsti. Ich habe Angst, mich zu verlieben,
rakastua
, in
maa
und
ihmiset
, in Land und Leute, besonders in die
nainen
, die Frauen.
     
    Ich mache noch einen Abstecher an den Vesijärvi-See. Dort sitze ich lange und schaue aufs Wasser und frage mich, ob es immer noch hell ist oder schon wieder.

Rockabilly am Donnerstag
    Heute Abend ist Rockabilly-Festival in Ruuhijärvi. Axel verspricht mir einen echten Einblick in finnisches Sein. Wir fragen nur scheinbar besorgt, ob wir unsere Eltern diesen Abend allein im fremden Land lassen dürfen. Sie wollen kniffeln und scheinen irgendwie froh, auch mal nichts unternehmen zu müssen.
    Axel und Viivi sind vorbereitet auf ein Picknick besonderer Art. Sie heben eine Isoliertasche in den Wagen – das Bier auf den Festivals ist teuer. Es gibt Umbaupausen zwischen den Bands. Die nutzen die meisten Finnen zu einem kleinen Spaziergang zum Auto. Im Kofferraum warten dann in Kühlboxen, Tragetüten und Isoliertaschen die Dosen mit
Lapin Kulta
,
Karhu
und anderen Brauereierzeugnissen.
    Aber vor den Durst und vor die Musik hat Gott den Weg durch Finnland gelegt. Raus aus Lahti, Richtung Vääksy, dann irgendwo rechts ab, noch mal nach rechts von dieser schon schmalen »Hauptstraße« runter, und dann windet sich ein Weg durch die sanften Hügel, dass ich wirklich meine, nun müsse doch endlich jeden Augenblick der Elch vor uns stehen. Wir durchfahren eine Gegend, in der man nicht mit dem Wagen liegenbleiben möchte. Ich frage mich, ob wir bald an der russischen Grenze sind. Die Stimmung im Auto ist ausgelassen.
    Viivi wähle ich später im Stillen zur Ballkönigin. High Heels, geschlitzter, langer, enger Rock, ein Oberteil, das einige ihrer Tattoos nur teilverhüllt, leopardiges und ein brennendes Herz blitzen von Armen und Schultern, die Haare sind zu einem stylischen Quiff gesteckt. Das ist eine besonders kunstvolle, eingedrehte Tolle. Dazu trägt sie eine rote Blume im pechschwarzen Haar. Eine Rock-’n’-Roll-Lady wie aus dem Bilderbuch. Daneben mein cooler Bruder, mit Fan-T-Shirt, gekrempelter Jeans, Chucks, frisch geschorenem Kopf und blendender Laune. Ich küre die beiden zum »best looking Paar des Abends«.
    An Kreuzungen zeigen Hinweisschilder den Weg. Handgemalt steht darauf »Rockabilly«. Dann blubbert das erste Auto an uns vorbei. Ein Chevrolet. Wenige Augenblicke später glaube ich meinen Augen nicht zu trauen. Hinter der nächsten Kurve taucht links das Festival-Gelände auf, rechts eine Wiese zum Parken, und auf der Wiese und am Wegesrand stehen sie schon, die amerikanischen Straßenkreuzer. Zahllos. Riesenschlitten. Pink. Schwarz. Cremefarben. Buick Wildcat. Plymoth Vailliant ’ 73 . Ein Rambler Combi. Bei manchen weiß ich nicht, ob das nun das Typenschild oder die Automarke ist. »Blue, blue, blue suede shoes«, klingt es aus einem DeSoto Diplomat in Grünmetallic. Dynaflow, Buick Eight, ein Edsel. Ich fühle mich wie ein Biologe, der unbekannte und ausgestorben geglaubte Arten entdeckt. Dazwischen zwei VW Käfer. Dann fährt ein elegantes kleines Ei heran, die Sitze bezogen mit Leopardenfellimitat, ein Skoda 160 mit stolz gereckter Antenne, an der der Fuchsschwanz baumelt! Ein himmelblauer Plymouth. Ein Buick de Luxe als Hot Rod. Ein Ford Kombi mit angeschraubten Holzleisten. Heckflossen, die sämtliche Haie der Welt alt aussehen lassen. Meisterwerke des Autodesigns halten Hof. Wagen in Weiß, Himmelblau und Silber. Und alle schnurren mit diesem eleganten Blubbern von etlichen Zylindern heran. Andere warten bereits hoheitsvoll auf der Wiese. Ein Ford Taunus 12 m P 5 . Die Schönsten dürfen direkt vor dem Eingang zum Festival parken. Die Veranstalter schmücken sich mit dieser Parade automobiler Kostbarkeiten, und die jeweiligen Fahrer fühlen sich hochgeehrt auf dem exponierten Platz und genießen die interessierten und manchmal auch neidischen Blicke. Coolness wird zur Schau getragen und soll den Besitzerstolz überdecken. Ein schwarzer Buick kommt mit angerostetem Dach, aber das tut der Schönheit keinen Abbruch. Ein Dodge Polara, ein Dodge Kingsway in Schwarzweiß, ein Ambassador.
    Die Fahrer und ihre Beifahrerinnen stehen designmäßig nicht hinter ihren Autos zurück. Plastikblumen in den Haaren, Petticoats, Nahtstrümpfe, Damenhüte. Hawaiihemden. Immer wieder Tolle, Gel, Hornbrille.

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