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Finne dich selbst!

Finne dich selbst!

Titel: Finne dich selbst! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Gieseking
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Finnlandreisende
    Du sollst die Schuhe ausziehen, wenn du ein finnisches Haus betrittst.
Ein Haus ohne Wodka ist kein finnisches Haus.
Jedes Haus muss eine Sauna haben, aber nicht jede Sauna braucht ein Haus.
Eine Sauna gilt als Haus.
Du sollst nicht in der Sauna streiten.
Du sollst immer genug Holz hacken, damit du die Sauna heizen kannst.
Du sollst Lakritz wie Vater und Mutter ehren.
Du sollst immer ein Paar Skier haben, auch wenn du kein Skispringer bist.
Du sollst im Winter Eislochangeln, weil das im Sommer nicht geht.
Ein Elch hat immer Vorfahrt, auch wenn er von links kommt.

Epilog: Finnland – ein Wintermärchen
    Nach dieser sommerlichen Reise bin ich finnlandsüchtig geworden. Ich war jetzt angefixt, und ich wollte die volle Packung. Eine Sommerreise allein ist da natürlich nur das halbe Vergnügen, denn die meiste Zeit des Jahres lebt der Finne im Winter. Im Juli kann jeder nach Finnland reisen. Ich wollte am 17 . Dezember hin. Nur wenige Monate nach unserer Rückkehr aus dem Norden. Alle Freunde erklärten mich für verrückt.
    »Urlaub? In Finnland? Jetzt? Flieg nach Gomera!«
    Nur innerhalb meiner Familie gilt so was inzwischen als normal. Trotzdem kamen Hermann und Ilse dieses Mal nicht mit.
    »Is mi to kolt«, sagte Hermann.
    »Führ man ollene«, meinte Ilse.
    Ich hatte arktische Länder im Sommer bereist, Kanada, Grönland, Spitzbergen. Ich kannte die Mitternachtssonne, wenn sie nicht mehr versinkt. Das ewige, irritierende Hell. Aber eines konnte ich mir nicht vorstellen – wie es ist, wenn die Sonne nicht mehr aufgeht. Wenn man sie tagelang, wochenlang nicht mehr am Horizont sieht. Nach einem kurzen Abstecher bei Axel und Viivi wollte ich weiter nach Ivalo in Lappland, hoch im Norden, unterhalb von Inari. Weit nördlich vom Polarkreis.
    Ich flog nach Helsinki und bestieg dort den Bus nach Lahti. Es war 17  Uhr und stockduster. Axel und Viivi holten mich am Busbahnhof ab. Sie umarmten mich, starrten auf meine bloßen Hände. Ihre erste Frage war: »Hast du keine Handschuhe?«
    »Im Koffer!«
    »Zieh die besser an. Es ist Winter.«
    »Die paar Meter.« In den letzten Jahren hatte ich Handschuhe lediglich zum Ski- oder Motorradfahren gebraucht.
    Viivi schüttelte nur stumm den Kopf, grinste und sagte: »Stupid German!« Dummer Deutscher!
    Lahti lag verschneit vor uns. Wir gingen die Wege, die ich vom Sommer her kannte, vom Busbahnhof am Museum vorbei und dann an der Sportanlage entlang. Nach 100  Metern hielt ich an und durchwühlte mit klammen Fingern den Koffer. Ich suchte Handschuhe und Wollmütze. Stupid German! Jau! Sie hatte recht. Wir stapften durch den Schnee nach Hause, wo ein sensationeller Auflauf im Ofen dampfte. Mir wurde warm. Den Rest erledigte der Bisonwodka, den Axel sich aus dem Duty-free-Shop gewünscht hatte.
    Am nächsten Tag wollte ich auf meinem üblichen Weg durch die Sportanlage zum See gehen. Aber alles war anders. Ich stand plötzlich vor einer riesigen, durchgehenden Eisfläche. Alle Plätze und die Wege zwischen den Sportanlagen waren vereist. Schlittschuhläufer und Eishockeyspieler flitzten darauf hin und her. Im Winter wird in Finnland überall Eishockey gespielt. Sobald sich auch nur ein Quadratmeter Eisfläche bildet, kommen mindestens zehn Spieler und tragen darauf ein Match aus. Der Puck wird gespielt, wo auch immer Platz und Eis ist. Das emsige Durcheinander auf den Spielflächen funktionierte genauso geheimnisvoll wie der Moped- und Fußgängerverkehr auf Straßenkreuzungen in Hanoi. Wer stehen bleibt, verliert! Alle paar Meter gab es ein neues Spiel zwischen Kindern, zwischen Schülern, Heranwachsenden, Erwachsenen. Mädchen wie Jungs zischten auf dem Eis herum. Nicht jeder hatte Schlittschuhe dabei, aber jeder stürmte mit einem Schläger über das Eis. Einige übten Pässe, andere Tackling, andere spielten ein Match. Ihre Taschen und Jacken waren die Torstangen. Pucks sausten an mir vorbei. Ich folgte dem Krach kleiner Detonationen zu meiner Rechten und fand ein klassisches Eishockeyfeld, mit Bande, in die die Schüsse krachten. Hier wurden ausschließlich Torschüsse geübt. Konzentriert. Unerbittlich. Anlauf, den Puck führen – und Schuss! Aus allen Winkeln donnerte es in die Bande. Ich zog den Kopf ein. Treffer auf Treffer schlug ins Tornetz.
    Man hörte nur das Krachen der Schüsse, das Atmen und Keuchen der Spieler, die Kufen der Schlittschuhe auf dem Eis. Aber keinen Ruf, auch drüben auf der großen Fläche keinen Schrei. Kein »Gib ab!« oder

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