Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Finnischer Tango - Roman

Finnischer Tango - Roman

Titel: Finnischer Tango - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Taavi Soininvaara
Vom Netzwerk:
umarmte auch ihn. »Entschuldige, aber es ist etwas Unglaubliches passiert … Ich brauche erst mal ein Glas Wasser«, sagte sie und ging in die Küche.
    Vergeblich bot Ratamo seiner Freundin Kaffee oder einen Drink an, dann setzte er sich hin und wartete, was da kommen würde. Erst jetzt bemerkte er die Blutflecken an Eevas Händen.
    Es dauerte eine Weile, bis sich Eeva so weit beruhigt hatte, dass sie sprechen konnte. Zunächst kamen die Worte einzeln und langsam, wie Tropfen aus einem Wasserhahn, dann flossen sie aus ihr heraus und wurden schließlich zu einem hysterischen Redeschwall.
    Je mehr Eeva in Erregung geriet, umso verblüffter war Ratamo. Ihre Geschichte hörte sich tatsächlich unglaublich an: Ein Mörder, der sich als »Türke« bezeichnete, ein russischerDrogenhändler, der im Kreuzhang an Stangen gefesselt war, die Eroberung des Heroinmarktes … Er dachte an Eevas Drogenprobleme und befürchtete schon das Schlimmste.
    »Du musst dich jetzt erst einmal beruhigen«, sagte er und unterbrach seine Freundin. »Hat der Türke dich bedroht? Oder Kirsi und Mikko? Kennst du den Mann? Ist in der letzten Zeit irgendetwas passiert …«
    »Nein, nein und nochmals nein.« Eeva schüttelte den Kopf so heftig, dass ihre blonden Haare flatterten.
    »Das hört sich so an, als wäre bei euch eine verdammt ernste Sache passiert«, fuhr Ratamo fort. »Wir müssen sofort eine Anzeige machen. Ich kann mich darum kümmern, dass man dich zur Kriminalpolizei nach Pasila bringt. Was meinst du dazu? Kirsi kann natürlich hierbleiben, bis du dort fertig bist.«
    Eeva nickte. »Ja, natürlich, zur Polizei. Eine gute Idee. Ich gehe vorher nur kurz dort hinein.« Eeva verschwand im Bad.
    Ratamo rief einen Kriminalkommissar an, den er kannte, und der versprach, schnell einen Streifenwagen zu schicken, der Eeva abholen sollte. Außerdem bat Ratamo seinen Kollegen Ossi Loponen von der SUPO telefonisch, ihm per E-Mail eine Zusammenfassung über Arkadi Kirilow zu schicken. Ratamo wusste, dass die bei der SUPO existierte, er hatte sie selbst geschrieben, als er vor einiger Zeit Untersuchungen zu russischen kriminellen Organisationen anstellen musste, die sich in Finnland eingenistet hatten. Diese Überschneidung war besorgniserregend.
    Er ging an das Fenster zum Vuorimiehenpark und hörte zu, wie im Bad das Wasser lief. Warum musste das ausgerechnet Eeva passieren, manchmal kam es ihm so vor, als träfen die härtesten Schläge gerade jene, die ohnehin schon am Boden lagen. Er sah, wie der Streifenwagen auf die Korkeavuorenkatueinbog, und wollte zum Bad rennen, doch Eeva erschien schon im Flur, mit nassen Ärmeln.
    »Der Wagen wartet unten. Viel Glück, es wird sich schon alles klären«, sagte Ratamo und lächelte sie aufmunternd an.
    »Ich … hole Kirsi ab, sobald ich dort auf der Wache … gehen kann. Mikko … kommt erst abends von seiner Dienstreise zurück«, stotterte Eeva und verschwand im Treppenhaus.
    Ratamo schlurfte zu seinem Computer und schaltete ihn ein. Während der PC knatternd und brummend hochgefahren wurde, rekapitulierte Ratamo Eevas Bericht. Hoffentlich war die Frau, nachdem sie nun endlich ihr Leben in Ordnung gebracht hatte, nicht wieder den Drogen verfallen. Sie hatte mit den Jahren schon genug Rückschläge erleiden müssen. Kennengelernt hatte er Eeva und Mikko durch die gemeinsamen Reitstunden ihrer Töchter, und allmählich waren sie so enge Freunde geworden, dass Eeva ihm ihr Drogenproblem und auch andere Sorgen anvertraut hatte. Sie hatten beide Schweres durchmachen müssen, vielleicht kamen sie deshalb so gut miteinander aus. Er fürchtete, dass seine Freundin wieder arg in der Klemme steckte, wie hätte sie sonst den Namen Arkadi Kirilows kennen können?
    Ratamo schaute in sein Postfach, fand Loponens Nachricht und öffnete den Anhang.
    »Die kriminelle Laufbahn von Arkadi Kirilow begann buchstäblich schon im Mutterleib: Er wurde am 4. 11. 1976 in Leningrad, im Frauengefängnis Tosnensky, geboren. Als er das erste Mal mit den Behörden zu tun hatte, war er acht Jahre alt, und danach kann man seinen Lebenslauf in seinem Strafregister lesen.« Ratamo schämte sich, was für einen Blödsinn er in seiner Anfangszeit bei der SUPO zusammengeschrieben hatte. »Mit zehn Jahren wurde Kirilowin das Leningrader Heim Nr. 4 gesteckt und mit 16 Jahren entlassen. Danach arbeitete er ab 1992 in der kriminellen Organisation Akulowskaja, zuerst als Fartsowsik , das heißt als Schwarzmarkthändler, dann als Razboinik ,

Weitere Kostenlose Bücher