Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Finnischer Tango - Roman

Finnischer Tango - Roman

Titel: Finnischer Tango - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Taavi Soininvaara
Vom Netzwerk:
dann stieg er die Treppen hinauf, öffnete seine Wohnungstür und schaute in die traurigen Augen eines Labradors, der eine Pudelmütze trug. Sie war mit einem dicken Gummiband unter dem Kinn der alten Hundedame befestigt.
    »Hallo Vati, wir wollen mit Kirsi zusammen losgehen und Musti in den Hundepark bringen«, sagte Nelli Ratamo und warf ihrer Freundin, die sich hinter ihrem Rücken versteckte, einen Blick zu.
    »Hast du deine Temperatur gemessen?« fragte Ratamo streng. Nelli hatte fast die ganzen ersten Winterwochen unter leichtem Fieber gelitten und schon etliche Medikamente eingenommen. Vor ein paar Tagen war das Ratamo schließlich zu viel geworden, und er hatte seine Tochter gründlich untersuchen lassen. Es machte ihn nervös, dass er nun auf den Anruf eines wildfremden Arztes warten musste, der ihm die Ergebnisse der Laboruntersuchungen mitteilen würde. Ratamo hatte ja selbst seinerzeit Medizin studiert, allerdings nie Menschen behandelt. Vor seiner Laufbahn bei der SUPO war er Virusforscher gewesen.
    »Ja, ja, ich hab gemessen. Es ist schon der dritte Tag ohne Fieber«, antwortete Nelli, sie hörte sich putzmunter an.
    Ratamo brummte zufrieden. »Weiß Kirsis Mutter, wo ihr seid?«, erkundigte er sich sicherheitshalber, denn Eeva Hallamaa war – zumindest verglichen mit ihm – ein Mensch, der sich leicht Sorgen machte.
    Kirsi nickte scheu.
    »Und nehmt um Himmels willen Musti die Mütze ab. Jussi wird wütend, wenn er das sieht.« Obwohl Jussi Ketonen ziemlich oft bei ihnen zu Besuch war, fast schon so oft, dass es Ratamo auf die Nerven ging, hatte er immer noch Schwierigkeiten, in ihm nur den Ehemann von Nellis Großmutter Marketta zu sehen. Schließlich war er immerhinder Ex-Chef der SUPO und sein ehemaliger Vorgesetzter. Der Grund dafür, dass sie sich oft sahen, war Musti. Ratamo hatte sich damals bereit erklärt, Ketonens Hund ein neues Zuhause zu geben, nachdem im vorletzten Sommer festgestellt worden war, dass Marketta unter einer Hundeallergie litt.
    Ratamo lehnte sich an den Rahmen der Küchentür und schaute zu, wie die beiden Mädchen nach ihren Wintersachen suchten. Diese Zeit wird schneller zu Ende gehen, als du denkst, murmelte der Teufel Pessimismus in Ratamo. Im letzten halben Jahr hatte sich Nelli wie ein kleiner Engel verhalten, die Freundschaft mit Kirsi und ihr gemeinsames Reithobby hatten sie verändert, aus einem Trotzkopf im vorpubertären Alter war ein bezauberndes junges Mädchen geworden. Doch in ein paar Monaten würde Nelli ihren zwölften Geburtstag feiern: Das Teenageralter und die Besuche von pickligen Halbstarken, die vor Testosteron nur so strotzten, rückten unaufhaltsam immer näher. Sein Gedankengang wurde unterbrochen, als die Tür knallte, Jussi Ketonen kam hereingestiefelt, als wäre er hier zu Hause.
    Der untersetzte grauhaarige Mann brach in Gelächter aus, als er den Hund mit der Mütze sah. Die Freude war beiderseitig; Musti begrüßte ihr ehemaliges Herrchen mit der Zunge und einem tiefen Brummen. Dann bemerkte Ketonen Ratamos säuerliche Miene: »Ist alles in Ordnung?«
    »Hatten wir nicht ausgemacht, dass du deinen eigenen Schlüssel nur benutzt, wenn hier niemand zu Hause ist?«, sagte Ratamo ungehaltener als beabsichtigt. Er hatte Ketonen einen Zweitschlüssel gegeben, damit Musti ausgeführt werden konnte, wenn er selbst und Nelli nicht dazu kamen.
    »Anscheinend ist der Herr Oberkommissar mal wieder gestresst.«
    Die giftige Antwort verkniff sich Ratamo lieber. Als er Ketonen das letzte Mal mit seiner Meckerei verärgert hatte,war der ihm wochenlang aus dem Wege gegangen, und sofort war das Ausführen von Musti zum Problemfall geworden. Auch Nelli hatte Sehnsucht nach Ketonen bekommen.
    »Ich …« Gerade als Ratamo antworten wollte, klingelte es. Wer zum Teufel kam denn jetzt noch? Er öffnete die Tür und schaute verblüfft zu, wie Eeva Hallamaa hereinstürmte und ihre Tochter in die Arme nahm. Eeva keuchte und murmelte irgendetwas Unverständliches.
    »Na, hallo, was ist denn jetzt los«, sagte Ratamo besorgt. Eeva sah ganz bleich aus, als wäre sie krank.
    »Bei uns zu Hause war …« Eeva brach mitten im Satz ab und wandte sich Kirsi zu: »Wolltet ihr gerade rausgehen?«
    Das Mädchen steckte die Hände in die Taschen ihres hellroten Steppanoraks und warf Nelli peinlich berührt einen Blick zu. »Gehen wir«, sagte sie, und die beiden Freundinnen verschwanden zusammen mit Musti und Jussi Ketonen im Treppenhaus.
    Jetzt war Ratamo an der Reihe, Eeva

Weitere Kostenlose Bücher