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Finnischer Tango - Roman

Finnischer Tango - Roman

Titel: Finnischer Tango - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Taavi Soininvaara
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bildeten. Mouni beobachtete die Sicherheitsleute unauffällig, man durfte nicht zu ihnen hinstarren, und als er sah, dass einer seiner beiden Gefährten die Kontrolle am Tor problemlos passierte, fasste er Mut.
    Sechs Jahre, das war eine lange Zeit für die Vorbereitung auf eine einzige Aufgabe. Umar hatte ihn in Madrid für Takfir angeworben, als Sliman noch Betriebswirtschaft an der Universität studierte. Er hatte seine Prüfungen mit Spitzennoten bestanden und sich auf Umars Befehl in der Hauptfiliale eines großen deutschen Unternehmens in Frankfurt beworben, dort sollte er seinen Marktwert steigern. Im Jahre 2003 hatte Umar ihn und die zwei anderen Takfir-Mitglieder, die an diesem Auftrag beteiligt waren, nach London beordert. Sie hatten alle drei innerhalb eines halben Jahres Arbeitsplätze in Beratungsfirmen bekommen und von da an nur auf den Augenblick gewartet, der schon bald, in siebenundzwanzig Stunden, kommen würde. Der Augenblick, in dem die »Pride of Britain« mit dreitausend Menschen in der eisigen Ostsee versinken würde.
    Plötzlich blieb ein Sicherheitsmann ganz überraschend in seiner unmittelbaren Nähe stehen. Mouni betrachtete konzentriert ein Kleinkind, das auf dem Fußboden herumkroch, lächelte dabei und hielt seine Hand so, dass derMann seine Einladungskarte sah. Es war ein Vorteil für die Mitglieder von Takfir, dass die Identität aller Passagiere schon im Voraus überprüft worden war: Ihr Vorleben war makellos.
    Der Sicherheitsmann bat eine junge Frau, die vor Mouni stand und Kaugummi kaute, höflich in den Raum für die Sicherheitskontrolle, und der Algerier atmete wieder etwas befreiter. Im gleichen Augenblick bemerkte er, dass sein zweiter Gefährte über die Passagierbrücke ging. Ausgezeichnet, zwei von dreien waren schon auf dem Schiff. Auch ihm würde es gelingen, das musste es auch, in seinem Koffer befanden sich die Zündkapseln, die Zünder und die Schaltuhren. Seine Kameraden trugen in ihren Koffern insgesamt zwanzig Kilo eines Plastiksprengstoffs, den die Amerikaner als Composition C bezeichneten; er wurde mit Plastifizierern und Bindemitteln aus einem der wirksamsten für militärische Zwecke entwickelten Sprengstoffe der Welt hergestellt, aus RDX. Ein halbes Kilo dieses Zaubermittels hatte genügt, um 1988 den Boeing-747-Jumbojet über Lockerbie zu zerstören. Sie würden imstande sein, Besseres zu leisten.
    Mouni war einen Meter von der Passagierbrücke entfernt, als am Tor ein anderer Sicherheitsmann sein Augenmerk auf ihn richtete und sich in Bewegung setzte. Er kam direkt auf ihn zu und holte etwas aus seiner Tasche. Zurückgehen konnte Mouni nicht, die Möglichkeit der Flucht gab es nicht … Er schaute den Sicherheitsmann freundlich an und summte etwas vor sich hin. Sein Herz raste.
    »Zlatan Ibrahimović?«, sagte der Sicherheitsmann erwartungsvoll und streckte Mouni einen Stift und einen kleinen Block hin.
    Mouni verstand nicht, was der Mann von ihm wollte, sein Herz hämmerte wie verrückt, er bemerkte, dass er schwitzte, aber der Sicherheitsmann lächelte nur und hielt ihm den Block unter die Nase.
    Plötzlich brach der andere Wachmann am Tor in Gelächter aus und rief seinem Kollegen, der den Notizblock hin und her schwenkte, auf Schwedisch etwas zu, daraufhin änderte sich dessen Gesichtsausdruck, nun schaute er betreten drein. Die Schlange setzte sich wieder in Bewegung, und Mouni erreichte das Tor.
    »Entschuldigen Sie, ich habe Sie für einen berühmten schwedischen Fußballer gehalten«, murmelte der Sicherheitsmann auf Englisch und bedeutete Mouni, die Brücke und den Luxuskreuzer zu betreten.
    Sliman Mouni hoffte, dass niemand gesehen hatte, wie seine Hände zitterten. Sie befanden sich auf dem Schiff, das Schlimmste war überstanden. Nichts würde die Zerstörung der »Pride of Britain« nun noch aufhalten.
43
    Nie hatte er etwas mehr gehasst als Helsinki gerade jetzt, dachte Wassili Arbamow verbittert, während das Taxi im nachmittäglichen Berufsverkehr das Zentrum der Stadt erreichte. Es gab nur eine Ausnahme: Kresty. Die Angst, gefasst zu werden, sorgte dafür, dass ihm die Erinnerungen an das widerwärtige Untersuchungsgefängnis in Sankt Petersburg ständig durch den Kopf gingen, obwohl er alles versuchte, um sie aus seinem Bewusstsein zu verbannen.
    Gretschnewaja kascha , schon allein von dem Gedanken an die Buchweizengrütze wurde ihm übel. Die hatte man ihnen im Kresty früh und abends zu essen gegeben, begleitet vom Gebrüll der Wärter in

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