Finnischer Tango - Roman
sonst noch was. Schnaps macht schlapp, aber dieses andere Drogenzeug lässt sie die Wände hochgehen und allen möglichen Unsinn machen.«
Der Hausmeister blieb in der ersten Etage vor der Wohnungstür stehen, warf Ratamo einen Blick zu und klapperte mit dem Schlüsselbund. »Was hat denn dieser Held hier angestellt, wenn sich sogar die Sicherheitspolizei die Mühe macht, hierherzukommen?«
»Eine reine Routineangelegenheit«, antwortete Ratamo. »Warten Sie hier, ich bleibe nicht lange.«
Ratamo betrat den Flur. In der fast leeren Ein-Zimmer-Wohnungroch es anders als normalerweise in finnischen Wohnräumen, nach Kräutern und Gewürzen. Er war hier, weil sich eine Oma aus dem Haus in den letzten Wochen mehrfach bei der Polizei über einen Mann beschwert hatte, der sich verdächtig benahm, ihre Beschreibung traf auf Turan Zana zu.
Abfall knirschte unter seinen Schuhen, als er in die Kochnische ging. Auf der Arbeitsplatte lag ein seltsamer Teebeutel, und der Inhalt des Kühlschrankes erinnerte an die Abfalltonne eines Multikulti-Restaurants. Er machte einen Rundgang durch die kleine Wohnung, überprüfte zerknülltes Papier, das auf dem Boden herumlag, und durchwühlte die Schubfächer einer Kommode, fand aber keinerlei Hinweise auf den Bewohner.
Ratamo öffnete die Badtür und tastete nach dem Lichtschalter, als sich irgendetwas bewegte. Er duckte sich instinktiv, im selben Augenblick spürte er einen Aufprall, jemand stürzte sich auf ihn und versetzte ihm einen Faustschlag in den Magen. Knochen krachten an die Wände des engen Badezimmers, beide wollten den jeweils anderen zu fassen kriegen. Dann gelang es dem Angreifer, Ratamo zu treten, der schlug mit dem Kopf auf die Badewanne, ihm wurde schwarz vor Augen, die Schritte des Angreifers verklangen.
Ächzend quälte sich Ratamo hoch, hielt sich einen Augenblick am Rand der Wanne fest und taumelte ins Treppenhaus, wo er gerade noch hörte, wie die Haustür zwei Stockwerke weiter unten ins Schloss fiel.
»Hast du den Mann gesehen?«, knurrte er. Der Hausmeister starrte ihn völlig verdutzt an.
»Bevor ich irgendwas kapiert habe, war er schon auf der Treppe. Von hinten sah er ein bisschen aus wie du.«
42
Sliman Mouni stand inmitten der Menschenmenge im Kreuzfahrtterminal des Hafens von Nynäshamn, sechzig Kilometer von Stockholm entfernt. Er hörte das Stimmengewirr um sich herum und betrachtete durch die Panoramafenster die prächtige »Pride of Britain«. Das Kreuzfahrtschiff war riesig, wie ein umgekippter Wolkenkratzer. Wenn dieser Anschlag gelänge, dann würde sein Name nicht nur in die Geschichte der Organisation Takfir wal Hijra, sondern auch der gesamten islamischen Revolution eingehen.
Er hielt den Pilotenkoffer mit Rollen so fest, dass seine Knöchel ganz weiß waren. Als er das bemerkte, lockerte er den Griff, atmete tief durch, summte einen seiner Lieblingssongs vor sich hin und schaffte es schließlich, dass sich sein Herzschlag beruhigte. Er musste wie ein junger erfolgreicher Geschäftsmann aussehen und die Einladungskarte sorglos in der Hand halten. Sein Blick wanderte suchend über das Menschenmeer, fand aber seine zwei Gefährten nicht.
An den Wänden des Terminals waren unterhalb der Decke hier und da Überwachungskameras zu sehen, ihnen konnte man nicht entgehen, weder im Hafen noch auf dem Schiff. Plötzlich erblickte Mouni ein paar Meter entfernt einen Sicherheitsmann in dunkelblauem Overall und mit Dienstmütze und gleich dahinter einen zweiten. Der Sicherheitsmann stoppte einen dunkelhäutigen Mann in Jeans und Lederjacke, der nervös wirkte, und führte ihn in den mit einem schwarzen Vorhang abgeteilten Raum für die Sicherheitskontrolle. Mounis Puls beschleunigte sich wieder, als er die Sicherheitsleute an der Tür zur Passagierbrücke bemerkte. Aber einen Metalldetektor sah er nicht, das war das Wichtigste.
Sie würden die Sicherheitskontrolle überstehen, sagtesich Mouni. Alles war berücksichtigt worden: Sie trugen die Standardkleidung von Geschäftsleuten, einen dunklen Anzug und einen langen Mantel aus Wollstoff, ihr Gepäck bestand nur aus Pilotenkoffer und Laptop, und sie sahen auch wie Menschen aus einem westlichen Land aus. Umar Hussain hatte für die wichtigste Aufgabe in der Geschichte von Takfir drei blauäugige und hellhäutige algerische Berber ausgewählt.
Das Stimmengewirr schwoll an, als das Tor zur Passagierbrücke geöffnet wurde und die Menschenmasse anruckte. Es dauerte einen Augenblick, bis sich Schlangen
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