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Finnischer Tango - Roman

Finnischer Tango - Roman

Titel: Finnischer Tango - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Taavi Soininvaara
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über Veikko Saari ausgegraben. Der Mann hat Adil al-Moteiri gekannt und ihm in seinem Testament sogar sein geringes Vermögen vermacht. Und Saaris Kollege, der Hämäläinen von der KRP, behauptet, al-Moteiri wäre selbst im Bestattungsinstitut ›Autio‹ gewesen und hätte Saaris Begräbnis bezahlt.«
    Ratamo schluckte blitzschnell alles hinunter. »Jetzt hüpft einem der Iraker dauernd vor die Nase wie ein Männchen mit einer Sprungfeder. Das muss ich Kuurma mitteilen. Anscheinend hat al-Moteiri tatsächlich etwas mit all dem zu tun. Und der Mann ist jetzt in London, der MI 5 will das sicherlichwissen.« Ratamo holte sein Telefon aus der Tasche. Er hatte also recht gehabt: Eeva hatte doch die Wahrheit gesagt, zumindest teilweise.
    Ketonen nahm Ratamo das Handy weg und schaute ihn an, als wollte er ihm gleich einen Befehl erteilen. »Nun sag schon, verdammt noch mal, was hinter all dem steckt.«
    »Takfir wal Hijra wird morgen einen Anschlag gegen Großbritannien …«, Ratamo war es so gewöhnt, Ketonen zu gehorchen, dass der Satz schon in der Luft schwebte, bevor er überhaupt nachdenken konnte. »Es sei denn, der MI 5 erwischt Umar Hussain vorher in Nadschaf. Höchstwahrscheinlich aber auch dann.«

MITTWOCH
50
    Die Boeing 777–200 der Austrian Airlines setzte leicht wie eine Feder auf der Landebahn des Flughafens Al-Matar in Damaskus auf. Und das keinen Augenblick zu früh. Adil hatte den Service der Ersten Klasse genossen, und der sechseinhalb Stunden dauernde Flug von London über Wien nach Syrien war angenehm gewesen. Doch nun hatte er den brennenden Wunsch, seinen Plan zu vollenden.
    Er war fast zu Hause und vor allem endlich weg aus Finnland. Dieses kalte Land, in dem Araber wie Luft behandelt wurden, verabscheute er. Verdammte Hinterwäldler. Diese Emporkömmlinge hatten noch wie Tiere im Wald gelebt, als auf dem Gebiet des Irak die Kulturen sowohl der Sumerer und Assyrer als auch Babylons schon in voller Blüte gestanden hatten.
    Das ewige Damaskus war der perfekte Ort, um seinem Plan den letzten Schliff zu geben. Nach dem Tod von Imam Ali im Jahre 661 hatte man Damaskus zur Hauptstadt des ersten Kalifats, des islamischen Imperiums, gemacht. Oder genauer gesagt, im Jahre 40; Adil hatte einen so großen Teil seines Lebens in den westlichen Ländern verbracht, dass es ihm schon Schwierigkeiten bereitete, in den Jahreszahlen nach dem islamischen Hijri-Kalender zu denken. Und in Damaskus war der Kopf Imam Husains begraben, des größten Helden der Schiiten, der Verkörperung des Märtyrertums.
    Die vollbusige blonde Stewardess, die sich während des ganzen Fluges besonders um Adil gekümmert hatte, sahwehmütig aus, als er die Maschine verließ. Auf den Koffer brauchte er nur eine Viertelstunde zu warten, die Passkontrolle verlief sehr schnell, und an der Gepäckaufbewahrung stand keine Schlange.
    Im Terminalgebäude des Flughafens Al-Matar herrschte früh um acht Hochbetrieb. Die Ausgangstüren rauschten auf, Adil trat hinaus und genoss die vom Benzingeruch gewürzte warme Mittelmeerluft, sie liebkoste das Gesicht und die empfindliche Haut der Beine. Es war unbegreiflich, wie irgendein Verrückter sein ganzes Leben lang in der Nähe des Polarkreises wohnen konnte.
    Adil wäre beinahe gestürzt, als ein herauseilender westlich gekleideter arabischer Geschäftsmann ihn anstieß. »Ismahlee.« Der Mann bat um Entschuldigung und ging weiter.
    Das Taxi raste dahin. Adil hatte keine Lust, etwas zu sagen, als der kettenrauchende grauhaarige Chauffeur eine CD des legendären syrischen Sängers Sabah Fakhri so laut dröhnen ließ, dass die Fenster klirrten. Er kannte das Stück – Wihyat ’Inayya . Jetzt hatte er wirklich das Gefühl, daheim zu sein, unter seinesgleichen, weit entfernt von den Europäern, die ihre Überheblichkeit verbittert und verdorben hatte.
    Es erschien ihm immer wieder aufs Neue unbegreiflich, dass man in den westlichen Ländern die Geschichte nicht wenigstens in einem Maße kannte, das es ermöglichte, zu verstehen, woher der Stolz der Iraker stammte. Seine Heimatstadt Bagdad war schon vor fünftausend Jahren das Zentrum der Welt gewesen, dort hatte man die erste Gesetzessammlung der Geschichte niedergeschrieben, und dort waren die Sumerer und die Babylonier aus Mesopotamien auf die Idee gekommen, den Kreis in dreihundertsechzig Grad einzuteilen, den Tag in vierundzwanzig Stunden, die Stunde in sechzig Minuten und die Minute in genauso viele Sekunden. Sie hatten die Keilschrift geschaffen

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