Finnischer Tango - Roman
erforderlichen Dokumente gefilmt, aber nichts gestohlen. Und Zugang zu den Schiffsräumen bekamen sie, weil sie zwei Abende vor der Jungfernkreuzfahrt die Daten der Schlüsselkarte des Ersten Steuermannes kopiert hatten.
Ein Poltern ließ Mouni mitten im Laderaum verharren, dann durchschnitt ein Zischen die Luft, und am Ende des Raums zeichnete sich in der Dunkelheit ein schmaler Lichtschein ab, der umso größer wurde, je weiter sich die Hebetür quietschend öffnete. Mouni löschte seine Stirnlampe und rannte, ohne viel zu sehen, zum nächsten Kistenstapel. Seine ausgestreckte Hand stieß schmerzhaft gegen Metall, er tastete sich hinter die Kisten und versuchte, ruhig zu atmen. Das Licht ging an. Sein Puls beruhigte sich schnell, als er sah, dass nur ein kleiner Gabelstapler hereinfuhr, aber er beschleunigte sich wieder, als das Fahrzeug direkt auf sein Versteck zukam. Wenn der Mann ihn bemerkte, musste er ihn töten.
Die Gabel des Staplers schob sich zwischen die Kisten und hob die Hälfte seines Verstecks in die Luft. Mouni drückte sich ganz flach auf den Boden, würde der Sichtschutz genügen? Er war bereit anzugreifen. Dann machte der Gabelstapler kehrt und beschleunigte in Richtung Tür, der Fahrer hatte ihn nicht gesehen. Das Licht ging aus, die Tür knirschte wieder, und das surrende Geräusch des Gabelstaplers brach ab. Die Gefahr war vorüber.
Mouni verließ rasch den Laderaum und versicherte sich immer wieder, dass nun nichts mehr schiefgehen konnte, von jetzt an mussten sie nur in der Masse der anderen Passagiere untertauchen und abwarten.
Er sprang mit großen Schritten die Treppe hinauf und lief bis ans Ende des Ganges mit den Mannschaftskabinen, in der Hoffnung, dass keine einzige Tür aufging, dann stieg er die nächste Treppe hinauf und blieb vor einer roten Stahltürstehen. Seine Sachen waren nicht schmutzig geworden, wie Mouni mit einem Blick auf sein schwarzes Polohemd und die Jeans bemerkte, niemand würde ihn beachten. Er öffnete die Tür zu Deck 4 und hoffte, dass er die Kopie der Schlüsselkarte des Steuermanns das letzte Mal benutzen musste. Jetzt war er im Passagierbereich.
Noch ein Gang und eine Treppe, und Sliman Mouni stand im Atrium auf Deck 5. In einer Höhe von Dutzenden Metern war das Dach zu sehen, Marmor glänzte, die Palmenblätter tanzten im Luftstrom der Klimaanlage, überall spiegelte sich Licht im Glas. Er warf einen Blick in einen Spiegel und lächelte seinem Ebenbild zu: einem jungen erfolgreichen Geschäftsmann.
Auch diese Kreuzfahrt würde mit dem Eid Al-Adha , dem Opferfest enden. Aber es würde ganz anders aussehen als das nach den Pilgerfahrten der Moslems.
52
In der operativen Zentrale im Hauptquartier des britischen Geheimdienstes MI 5 saßen etwa zwanzig müde Polizisten, Ermittler, Analytiker und Beamte. Die Krisengruppe des JTAC arbeitete schon fast achtundvierzig Stunden ohne Unterbrechung. Niemand sagte etwas, nur die Kakophonie der summenden und rauschenden Geräte war zu hören.
Melissa Tufton hatte nachts kaum geschlafen. Das rächte sich nun, vor allem, weil die Schwangerschaft ohnehin schon an ihren Kräften zehrte. Das Gehirn arbeitete nur schwerfällig, dabei hätte es gerade jetzt so reibungslos funktionieren müssen wie ein gut geölter Motor. Es war sieben Uhr morgens, der Tag hatte begonnen, an dem ein vernichtender Terroranschlag Großbritannien erschüttern würde. Melissa spürte ein Brennen in den Augen, als sie auf die Lagetafelschaute: In den Straßen von Nadschaf patrouillierten Soldaten des Regiments Black Watch. Das schottische Königliche Highland-Regiment war die legendärste Einheit der britischen Armee. Vom Stützpunkt Camp Dogwood südlich von Bagdad hatte man gestern achthundertfünfzig Soldaten von Black Watch nach Nadschaf verlegt, um Umar Hussain zu suchen.
»Morgen!«, brüllte George Langdon, der Chef des JTAC, als er das riesige Großraumbüro betrat, um Leben in die Truppe zu bringen. Alle versammelten sich am Ende des Raumes unterhalb des schweißbedeckten Gesichts eines Black-Watch-Soldaten. Die elegant gekleidete Analytikerin des Auslandsgeheimdienstes MI 6 ergriff als erste das Wort. »Auf dem Feld ist ein neuer Spieler aufgetaucht – Adil al-Moteiri. Er gehört zu einer der einflussreichsten Familien der islamischen Welt; der Generalstabschef der syrischen Armee und ein Berater des jordanischen Außenministers sind seine Brüder, und in der Führung der meisten arabischen Länder finden sich andere nahe Verwandte
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