Finnisches Blut
bewußt, daß es in Finnland auf dem Gebiet der Aufklärung noch einen Mann und eine Organisation gab, die derartige Situationen meistern konnten.
Bei dem Gespräch mit Ketonen, log Siren, habe er erfahren wollen, ob der etwas wußte, was mit dem Ebola-Virus oder dem Gegenmittel zusammenhing. Überraschenderweise habe Ketonen wie aus der Pistole geschossen geantwortet, irgend etwas Großes sei im Anzug. Ein Finne habe auf dem illegalen internationalen Waffenmarkt einen Käufer für jene Biowaffe gesucht, die das Ebola-Virus und das Gegenmittel zusammen bildeten.
»Das kann nicht wahr sein. Meine Abteilung hätte davon gehört. Außerdem ist das Gegenmittel ja erst vorgestern nacht gefunden worden«, sagte Vairiala, um seine Ehre zu verteidigen. Er wagte es nicht, seinem Vorgesetzten direkt ins Gesicht zu sagen, daß er es nicht mochte, wenn sein fachliches Können in Frage gestellt wurde.
|89| »So hat es Manneraho erzählt. Aber wir haben keinerlei Beweise dafür, wann Ratamo dieses Mittel in Wirklichkeit entwickelt hat. Möglicherweise hat er es ja schon vor geraumer Zeit gefunden und Manneraho erst jetzt gesagt, weil er gezwungen war. Oder vielleicht haben sie zusammengearbeitet und die Entdeckung erst jetzt publik gemacht, als Probleme auftauchten. Möglich ist alles«, behauptete Siren. Urplötzlich sah er das verzerrte Gesicht des toten Professors vor sich und zuckte zusammen. Er atmete tief durch und konzentrierte sich. Hatte Vairiala seine Reaktion bemerkt?
Doch der dachte über etwas ganz anderes nach und klopfte mit den Fingern heftig auf die Armlehne des Sessels.
In überzeugendem Ton sagte Siren, Ratamo habe sicher nicht begriffen, was für eine teuflische Waffe in der EELA entwickelt worden war oder wozu bestimmte Kreise bereit wären, um in ihren Besitz zu gelangen. Er habe den Verdacht, daß Ratamo Manneraho und seine Frau umgebracht habe und sich nun mit der Formel für das Gegenmittel und vielleicht auch mit Röhrchen voller Ebola-Blut irgendwo versteckt halte. Die Lage sei viel zu gefährlich. Die Angelegenheit müsse aus der Welt geschafft werden, bevor das Viruspaket in die falschen Hände gerate und das Ansehen der finnischen Wissenschaft und der Nachrichtendienste bleibenden Schaden erleide. Für diese Aufgabe brauche er den bestmöglichen Mann. »Glaubst du, daß du das besser erledigen kannst als Ketonen?« fragte Siren. Er spielte seine Rolle mit pedantischer Genauigkeit.
»Natürlich«, antwortete Vairiala sofort. »Aber was macht Ratamo mit der Formel für das Gegenmittel, wenn er gar kein Ebola-Blut hat?«
»Und wenn er es doch hat? Woher zum Teufel wollen wir wissen, wo dieses Blut überall ist. Ratamo hatte drei Monate |90| Zeit, alles mögliche anzustellen. Er hat eimerweise Ebola-Blut beiseite schaffen können«, antwortete Siren und wartete, bis Vairialas Gedanken in die Richtung gewandert waren, in die er sie lenkte.
»Du hast wahrscheinlich recht. Wir werden nie mit Sicherheit wissen, ob er irgendwo Blut gelagert hat, und die Formel für das Gegenmittel hat er im Kopf. Solange der Mann auf freiem Fuß ist, kann er mit dem Virus-Paket alles mögliche machen.«
Vairiala stand auf, um sich die Beine zu vertreten. Sirens Anspannung wuchs.
»Der Mann kann ja etwas auslösen, das zu einer Massenvernichtung führt. Er muß mit allen Mitteln gefunden werden«, sagte Vairiala schließlich. Ihm war klar, wessen Aufgabe es sein würde, Ratamo zu suchen.
Sirens Plan war gelungen: Vairiala glaubte seine Geschichte. Einmal mehr war Siren dankbar für seine begnadete Fähigkeit, Menschen zu manipulieren. Wenn man Ratamo gefaßt hätte, würde er mitteilen, daß er ihn zunächst allein verhören wolle. Er würde Ratamo umbringen und das Ganze so inszenieren, als sei es Notwehr gewesen. Alle würden ihm glauben, der Mann war schließlich ein Doppelmörder.
Siren verlangte, daß Vairiala auf der Stelle die notwendigen Maßnahmen ergriff. Ratamo mußte sofort oder möglichst noch schneller gefunden werden.
Um Zeit zu sparen, wollte Vairiala mit Ketonen darüber sprechen, was die SUPO in der Angelegenheit alles herausgefunden hatte, aber der Vorschlag wurde von Siren sofort abgeschmettert. Das sei ein Risiko. Außenstehende dürften nicht erfahren, was die Aufklärungsabteilung plante. Siren gab zu verstehen, daß er Ketonen nicht in derselben Weise vertraute |91| wie Vairiala. Ganz zu schweigen von Ketonens Helfern. Über die Sache durfte man nur mit denen reden, die unbedingt davon
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