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Finnisches Blut

Finnisches Blut

Titel: Finnisches Blut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Taavi Soininvaara
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lachte ganz locker und entspannt. »Na ja, ich mußte wegen einer Artikelserie in diesen Sachen herumkramen. Außerdem gibt es dazu heute schon reichlich Literatur, weil so viele ehemalige KGB-Agenten ihre Memoiren veröffentlicht haben. Interessiert dich Spionage nicht?«
    »Doch, natürlich. Gewissermaßen auf allgemeiner Ebene. Übrigens, in welchen Zeitungen kannst du meine Geschichte unterbringen?« Ratamo fiel wieder ein, was jetzt am wichtigsten war, und er schaute Jalava an, die ihren Calvados trank. Die Frau sah eher aus wie eine spanische Schauspielerin und nicht wie eine finnische Journalistin.
    »Entweder in den Abendzeitungen am Wochenende oder spätestens in der Sonntagsnummer von ›Helsingin Sanomat‹«, antwortete Pirkko Jalava und stellte ihr Glas auf den Tisch. Ihr Blick kreuzte sich mit dem Ratamos, der ungeniert auf ihre Brüste starrte, die sich deutlich sichtbar unter dem dünnen Seidenhemd wölbten.
    Ratamo spürte das vertraute Gefühl in der Leistengegend und schraubte sich aus dem Sessel hoch. »Ich bin total kaputt. Könnten wir nicht schlafen gehen und das Politikstudium morgen früh fortsetzen?« schlug er vor und gähnte dabei.
    »Gut, dann machen wir jetzt dein Bett«, erwiderte sie und ging zum Arbeitszimmer. »Diese Bude ist doch relativ klein, deshalb muß man das Arbeitszimmer gleichzeitig als Gästezimmer nutzen.«
    |249| Pirkko Jalava blieb unvermittelt stehen, so daß Ratamo, der hinter ihr herlief, leicht gegen sie stieß. Sie drehte sich um, fast berührten sich ihre Nasenspitzen. Ratamo spürte ihr Verlangen und konnte sich nicht mehr zurückhalten. Sie küßten sich erst vorsichtig, dann immer leidenschaftlicher. Keiner von beiden hatte Angst.

|250| 43
    Das imposante Hotel »Park Lane Hilton« lag zwischen dem Green Park und dem Hydepark im Norden der Londoner City, genau wie der Flughafen von Heathrow. Vom »Hilton« fuhr man bis zum Bahnhof von Paddington weniger als eine halbe Stunde, das galt auch für die drei Adressen, an die Sirens Briefe überbracht worden waren.
    Siren hatte den Sessel an die großen Fenster der Präsidentensuite geschoben und die Gardinen aufgezogen, um ungehindert aus der vierundzwanzigsten Etage hinausschauen zu können. Vor ihm erstreckte sich der Hyde Park in seiner abendlichen Beleuchtung. Sirens Blick war etwas getrübt, er hatte eine ideale Kombination von Medikamenten und Alkohol gefunden. Eine geringe Menge von beiden zusammen eingenommen, betäubte die Angst, aber nicht das Gehirn. Gesellschaft leistete ihm der Fernseher, egal, was auf dem Bildschirm zu sehen war.
    Vairiala hatte immer noch nicht gemeldet, daß Ratamo gefaßt worden war. Wer hatte den Mann nur gekidnappt, überlegte Siren. Höchstwahrscheinlich die Russen. Sie hatten stets zu den aktivsten Aufklärern in Finnland gehört. Im Bereich der Nachrichtendienste herrschte in Rußland heute so ein Durcheinander, daß ihre Überwachung zu Sirens großem Ärger fast unmöglich war. Nach dem Entstehen der Russischen Föderation zerbröckelte die einst klare Trennung in KGB und GRU, den |251| militärischen Aufklärungsdienst. Der KGB wurde aufgespalten, und daraus entwickelte sich ein verworrenes Knäuel vieler spezieller Dienste, deren Anzahl ständig wuchs. Zu allem Überfluß stellten die meisten von ihnen dann noch mit großem Eifer ihre eigenen Sondereinheiten auf. Die Gesamtzahl der Mitarbeiter der speziellen Dienste Rußlands betrug schon fast wieder siebenhunderttausend Mann wie beim KGB im Jahre 1991.
    Und wenn der GRU Ratamo gekidnappt hatte? Der unterstand immer noch dem Verteidigungsministerium und nicht direkt dem Präsidenten wie die anderen Aufklärungsdienste. Siren kannte den Tatendrang der russischen Generale sehr gut und hatte Angst. Er wußte, daß er sterben würde, wenn der GRU ihm auf der Spur wäre.
    Schon bald hatte er genug auf die Landschaft gestarrt. Siren ging in das Arbeitszimmer, das mit repräsentativen Mahagonimöbeln ausgestattet war. Jetzt mußte er sicherstellen, daß die Nutzung des Internets nicht zu Problemen führte. Ihm war kein anderer Weg eingefallen, wie man die Information über die Angebote genauso schnell und gefahrlos erhalten konnte. Ein Spezialist der Abteilung für Informationstechnik hatte ihm die Eigenschaften des Internets erklärt, aber er bemerkte schnell, daß die letzten Feinheiten bei der Überwachung der Kommunikation im Netz viel zu technisch waren, als daß er sie verstanden hätte. Deshalb hatte er keine Gewißheit

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