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Finnisches Blut

Finnisches Blut

Titel: Finnisches Blut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Taavi Soininvaara
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Rate zu bekommen, bevor der SAS eingreifen konnte, dann wäre eine absolute Katastrophe möglich. Er wüßte nicht, wo die Röhrchen mit dem Ebola-Blut waren, wo die Übergabe von ein paar Dutzend Millionen erfolgen sollte oder wer das Geld abholen würde.
    Ketonen teilte Brigadegeneral Howell vom SAS mit, daß man die Killerviren jeden Augenblick auf dem Trafalgar Square übergeben würde. Er ahnte schon das Schlimmste.

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    Der frisch geduschte Miik Vuks stand dem kleinen, fensterlosen Zimmer der Pension »Mekka« in der Vuorikatu, hielt sich einen Taschenspiegel vors Gesicht und schnitt mit der Nagelschere die Haare ab, die aus seiner Nase herausragten. Dann zupfte er mit einer Pinzette die Haare zwischen den Augenbrauen aus, feilte seine Fingernägel und setzte die blonde Perücke sorgfältig auf seine dunklen, kurzgeschnittenen Haare. Rasiert hatte er sich schon unter der Dusche. Er mußte genauso sauber und gepflegt aussehen wie die finnischen Männer.
    Der Auftrag, den er auf Sergejs Befehl übernommen hatte, schien leicht zu sein. Er sollte einen finnischen Wissenschaftler hinrichten, der vor der Polizei auf der Flucht war. Vuks selbst war mit seiner Braut in Pärnu gewesen, um ein paar Tage Urlaub zu machen, als Sergej angerufen hatte und unbedingt gerade ihm diesen Auftrag geben wollte. Als Este brauchte Vuks kein Visum für die Reise nach Finnland. Und Sergejs Befehle verweigerte man auch im Urlaub nicht. Er war der Chef der Organisation, »Wor w zakonje«.
    Voller Abscheu dachte Vuks an seine erste Begegnung mit Sergej. Das war in der »Matroskaja Tischina« gewesen – der Hölle auf Erden. Die Zellen des Moskauer Untersuchungsgefängnisses, das »Matrosenruh« genannt wurde, waren mit Menschen vollgestopft. Es gab ein Bett für vier Gefangene, und vom ständigen Stehen schliefen einem die Beine ein. Er |290| erinnerte sich noch sehr gut an die Hitze, an den Sauerstoffmangel, an den Gestank von Schweiß und Kot, an die Krankheiten und Hautausschläge. Viele hielten nicht bis zu ihrem Prozeß durch. Damals hatte Vuks den schmächtigen Sergej vor den anderen Gefangenen geschützt. Verglichen mit dieser Hölle, war die Pension ein Palast.
    Vuks hatte nicht ein paar hundert Finnmark für ein Hotelzimmer ausgeben wollen. Er sparte alles verfügbare Geld, um in Tallinn einen Nachtklub zu kaufen und sich niederzulassen. Es war Zeit, eine Familie zu gründen. Die Hälfte der erforderlichen Summe hatte er schon zusammen.
    Er wußte, wo er die Suche nach Ratamo beginnen würde. Sergej hatte ihm den Namen eines Informanten gegeben, der in der russischen Botschaft arbeitete. Der Mann hatte von dem Fall Ratamo gehört, wußte aber nur, daß der SVR den Wissenschaftler suchte. Vuks wollte ein Auto mieten, die russische Botschaft beobachten und so versuchen, Ratamo auf die Spur zu kommen. Möglicherweise wußte der Informant heute schon mehr. Er hatte den Mann herzlich gebeten, sich mit der Sache zu beschäftigen.
    Vuks zog einen Trainingsanzug und Laufschuhe an. Wenn er in der Stadt zu Fuß fliehen müßte, könnte das von Nutzen sein. Er befestigte das Halfter an der Hüfte und griff nach der halbautomatischen 9-mm-Beretta 92 FS. Die aus mattiertem Stahl hergestellte Pistole reflektierte das Licht nicht. Vuks hielt die Beretta für die beste Handfeuerwaffe aller Zeiten. Auch die US-Armee verwendete sie. Er schraubte einen Rave-Schalldämpfer aus Titan auf die Waffe und überlegte kurz, ob er auch das Lasergrip-Visier auf dem Lauf befestigen sollte. Dann entschloß er sich jedoch, es in den Rucksack zu packen.
    Am Freitagmorgen um sechs Uhr zweiundfünfzig schaute sich Miik Vuks das Foto von Arto Ratamo genau an.

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    Ratamo wachte auf, öffnete aber die Augen nicht und bewegte sich nicht. Er hatte Gewissensbisse. Wie hatte er mit Pirkko schlafen können, obwohl Kaisa gerade brutal ermordet worden war. Das mußte an der Trauer liegen. Er hatte irgendwo gelesen, daß viele Menschen als Reaktion auf den Verlust einer ihnen nahestehenden Person beim ersten, der ihnen über den Weg lief, Trost suchten. Aber warum fühlte er sich dann so zu Pirkko hingezogen, wie er es mit Kaisa nie erlebt hatte. Warum hatte er überhaupt eine Frau geheiratet, die er nicht liebte. Er wußte es nicht und hatte auch keine Lust, jetzt über sein Liebesleben zu grübeln. Er mußte über wichtigere Dinge nachdenken, schließlich kämpfte er immer noch um sein Leben.
    Nach allem, was geschehen war, erschien es ihm unwirklich, in

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